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Treibland

Treibland

Titel: Treibland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Till Raether
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Finzi runzelte die Stirn.
    «Hat er sich über mich beschwert?», fragte er.
    «Wer?»
    «Peters.»
    «Über dich?»
    «Ja.»
    «Wieso sollte er? Oder besser gesagt», Adam kicherte, «wieso: Sollte er?»
    «Ich hab ihm ’ne Hausmitteilung geschickt. Wegen ’ner ganz anderen Geschichte. Oder besser gesagt: Ich hab ihm seine Hausmitteilung zurückgeschickt. Von vor elf Jahren. Kommentiert.»
    «Ich verstehe kein Wort.»
    «‹Zu meiner Entlastung›», sagte Finzi. «Das habe ich draufgeschrieben. Als würde ich ihm was zurückschicken, was ich für ihn aufgehoben habe.»
    «Häh?»
    «Alte Überstundenanforderung, die er damals mit dem Wort ‹Schwachsinn› kommentiert hat. Hab ich mir jahrelang aufgehoben, hat mich immer geärgert.»
    «Okay. Zu mir war er sehr okay.» Er hörte, wie Adam gähnte, es klang wohlig und überraschend entspannt.
    «Müde?»
    «Ich hab was eingenommen.»
    «Was eingenommen?»
    «Adumbran.»
    «Na gut, ich glaube, man kann nicht im engeren Sinne sagen, dass du im Dienst bist.»
    «Kann man nicht, nee. Außerdem hat mich jemand die Treppe runtergestoßen.»
    «Wie bitte?»
    «Drei maskierte Typen.»
    Finzi wusste nicht, wie er darauf reagieren sollte. Außerdem fiel es ihm schwer, mit Adam zu reden, seitdem er wusste, dass er sediert war wie ein Schoßhund auf einem Langstreckenflug.
    «Schlimm?», fragte er. Adam antwortete nicht.
    «Adam?»
    «Ach. Sorry. Ansonsten im Osten nichts Neues.»
    «Warum stößt dich jemand die Treppe runter?»
    «Irgendwas ist doch immer.»
    «Ich mach mir Sorgen.»
    «Lass uns morgen darüber reden. Ich bin gerade ganz froh, dass ich das gleich vielleicht vorübergehend vergessen habe.»
    Sie schwiegen, Finzi ratlos, Adam offenbar in Erwartung des Gesprächsendes.
    «Ich war heute bei der PSP harm, bei der Simone Bender gearbeitet hat», sagte Finzi.
    «Im Ernst, können wir das ein andermal besprechen? Finzi, nimm’s mir nicht übel. Aber ich will die Wirkung meiner schönen Tablette nicht an dich verschwenden. Nichts für ungut.»
    «Ganz kurz», widersprach Finzi, weil er keine Lust hatte, Adam nachher noch mal anzurufen. Lieber wollte er es hinter sich haben. «Die PSP harm macht hauptsächlich weiße Salbe und braune Salbe, das ist sozusagen ihr Schwarzbrotgeschäft, aber sie hat eine Tochter in den Niederlanden, die Impfstoffe herstellt. Darunter auch Zeug bei Tropenkrankheiten. Und ich frag mich jetzt gerade …»
    «Hast du eigentlich», fragte Adam, als hätte er ihm bisher nicht oder höchstens halb zugehört, «von der Ehlers gehört?»
    «Nee», sagte Finzi, «aber bei mir meldet die sich sowieso nicht.»
    «Nee», sagte Adam, «die ist krank.»
    «Wie, krank?»
    «Die hat das Virus gekriegt. Die liegt im Tropeninstitut und stirbt.» Adam hörte sich an, als wäre seine Zunge aus Zuckerwatte. Dann kicherte er unpassend, oder vielleicht war es eine Art Schluchzen.
    «Ach du Scheiße», sagte Finzi und griff nach seinem Kaffeebecher wie nach einem Bier. Ein paar Tische weiter hatte sich eine dickliche dunkle Frau hingesetzt, Türkin, Spanierin oder Portugiesin, die ihn missbilligend mit einem Blick streifte, als sie das Wort «Scheiße» hörte. Er drehte sich weg und senkte die Stimme.
    «Waren Schelzig und Peters deshalb bei dir?»
    «Wer?»
    «Adam, ruh dich aus. Alter, ich … mach dir keine Sorgen. Ich wünsch dir viel Glück.» Es klang unpassend, kraftlos. «Wenn die Ehlers das hat, heißt das ja noch lange nicht, dass du …»
    «Mir tut sie leid.»
    «Klar.» Sie schwiegen. Er roch, dass die dunkle Frau angefangen hatte zu rauchen, und beneidete sie mit jeder Faser seines Körpers.
    «Jedenfalls habe ich gedacht, vielleicht haben wir zu viel über Kathrin Lorsch nachgedacht», wechselte Finzi das Thema. «Simone Bender hat möglicherweise über die Firma die Möglichkeit gehabt, sich das Virus zu beschaffen. Vielleicht hat sie da noch Kontakte, alte Freunde unter den Laboranten oder so. Für die Impfstoffherstellung brauchen die so was doch. Oder zumindest treiben sich da Leute rum, die sich mit so was auskennen und die einem vielleicht was besorgen können. Und eine Geliebte hat immer ein Motiv.»
    «Moflach, Motiv, Mokannnichtmehrstehen», sagte Adam neutral.
    «Der stellvertretende Geschäftsführer war nicht besonders hilfsbereit», sagte Finzi mehr zu sich selbst. «Aber der Chef-Chef war nicht da. Ist in Rente, konzentriert sich inzwischen mehr aufs Gemeinwohl, Matthaei-Mahl und Hamburger Tafel und so was. Hamburger Kaufmann

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