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Treibland

Treibland

Titel: Treibland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Till Raether
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gewesen, gut, aber das hieß ja nicht, dass man sich nicht zusammenreißen konnte.
    Telefonieren wäre gut. Aber er wollte auch keinen Anruf verpassen. Ach, Finzi. Dessen Rückfälle kamen unberechenbar, aber am Ende dann doch nie richtig überraschend, wie Besuche von entfernteren Verwandten. Dies war dann der dritte. Und vielleicht der letzte. Aller guten Dinge und so weiter. Oder der letzte, weil eben: der letzte. Finito la musica. Manche wachten nicht mehr auf. Warum nicht mal Finzi.
    Er dachte an Alkohol und an den widerlichen Rum, den Finzi immer getrunken hatte, vor Jahren, als sie noch gemeinsam weggegangen waren und er ziemlich mühelos verdrängt hatte, was los war mit Finzi. Kein schöner Geruch, eher einer nach billigen Körperpflegeprodukten und Zwangsspaß und Plastikperücken. Rum, eigentlich ein Alkohol, der roch wie eine Kreuzfahrt. Kein Wunder, gab ja auch diese nautische Verbindung. Und bitte nicht einschlafen. Das wurde schon wieder so fusselig hier, so undeutlich, und seine Augen empfindlich wie rohes Fleisch, zu schützen nur durch Lider, die man möglichst schnell herabfallen ließ.
    Rum. Bacardi feeling. Kein schöner Geruch. Längst nicht so schön wie das Zeug, das er bei Kathrin Lorsch gerochen hatte. Torf, Feuerholz, Pinienzapfen, Seetang, kaltes Meerwasser, Wollpullover. Bei Kathrin Lorsch und dann später noch mal bei der Sitzung des Krisenstabs, an diesem sonnigen Sonntag vorige Woche. Noch gar nicht so lange her, aber eine ganz andere Zeit damals. Peters.
    Er riss die Augen auf. Einer der Quetscher war unauffällig fast bis auf Armlänge an ihn herangekommen. Warum hatte Peters nach einem Whisky gerochen, der so selten war, dass Carsten Lorsch ihn exklusiv vertrieb, so selten, dass seine Frau sich damit über seinen Tod hinwegtröstete oder zumindest über die ihr dadurch entstehenden Unannehmlichkeiten und Probleme? War Peters ein Kunde von Lorsch? Und was hatte das jetzt wieder zu bedeuten?
    Er runzelte die Stirn und grinste in Richtung Quetscher: noch nicht, sollte das heißen. Kann sein, dass ihr mich kriegt, aber wann, das bestimme ich.
    Dann konzentrierte er sich darauf, sein Diensttelefon aus der Tüte zu fummeln. Kathrin Lorsch, was konnte die ihm über Peters erzählen? Was war da jetzt wieder die Verbindung? Keine? Auch gut, aber ein guter Anlass oder seinetwegen auch Vorwand, um bei ihr anzurufen. Beim Reden schlief keiner ein. Beim Vorlesen vielleicht mal, okay, das kam vor. Aber nicht beim Telefonieren. Okay, kam drauf an, mit wem. Aber …
    Sein Telefon vibrierte. Behling.
    «Hundebadeanstalt Pinneberg.»
    «Wirklich, Adam? Ein Kollege liegt im Koma und du machst deine Witze?»
    «Wirklich, Knud? Bis eben wolltest du mir nicht mal erzählen, dass ein Kollege im Koma liegt, und jetzt benutzt du das, um mir ein schlechtes Gewissen zu machen?»
    «Komm, Adam.»
    «Selber komm.»
    «Kindisch, Adam. Wirklich. Ich glaube, dass es unter diesen Umständen …»
    «Und ich glaube, dass du die Umstände nicht kennst», sagte Danowski. «Soweit ich weiß, liegt in meinem Bett noch immer ein Toter, und ich bin immer noch bedroht.»
    «Ich habe das natürlich an die Chefin und den Inspektionsleiter weitergegeben», sagte Behling.
    «Natürlich.»
    «Allerdings auch mit deiner medizinischen Vorgeschichte.»
    «Wie gesagt: keine medizinische Angelegenheit.»
    «Wir versuchen, für dich eine psychiatrische Evaluation zu erreichen. Im Moment ist es nicht ganz einfach, jemanden zu finden, der dafür an Bord geht. Frage ist, ob man das im Rahmen des Beamtengesetzes vom Amtsarzt erzwingen kann. Aber klappt vielleicht heute. Und auf der Grundlage eines Schnellgutachtens würden wir dann auch Schutzmaßnahmen in Erwägung ziehen. Zugriff kannst du nach wie vor vergessen, ist klar.»
    Danowski schnaufte. «Ist klar. Knud, ich versuche auch die ganze Zeit, für dich eine psychiatrische Evaluation zu erreichen. Ich glaube, das klappt heute sogar noch.»
    «Komm, Adam.»
    «Oh, das Ergebnis liegt schon vor, darf ich vielleicht kurz mit dir teilen: Du bist mit Abstand das größte Arschloch, das rumläuft. Ganz im Ernst. Echt jetzt mal.» Am Ende immer schwer, so was abzubinden, darin war er nicht gut, das musste er üben.
    «Gut, Adam. Ich ruf eigentlich an, weil ich dir ’n Gefallen tun will. Wir haben nämlich schon Ergebnisse.»
    «Du willst mir sachdienliche Fakten vortragen, die ich im Rahmen meiner Ermittlungen benötige? Das nennst du Gefallen? Denk mal über dein Berufsverständnis

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