Trennung ohne Rosenkrieg - ein psychologischer Wegweiser
sich trennenden Partner, kann das auch die Funktion haben, den Hass gegen sich selbst abzuwenden, das heißt, keine selbstzerstörerischen Handlungen wie Alkohol-, Tabletten-, Drogenmissbrauch oder gar Selbsttötung zu begehen. Damit wird der Hass kurzfristig zu einem Überlebensprinzip. Die Auffassung von Hass als einer lebenserhaltenden Kraft steht im Widerspruch zu der allgemeinen Verurteilung dieses Gefühls (Petri 2005).
Kurzfristige Hassgefühle sind im emotionalen Trennungsgeschehen ganz normal. Ist der Hass jedoch maßlos und kalt, so ist die gefühlsmäßige Verbindung
zum Schmerz abgeschnitten. Bleiben Wutoder Hassgefühle über eine längere Zeit bestehen, entwickelt sich Feindseligkeit. Diejenigen, die zornig bleiben und
in der Vorwurfshaltung verharren, entwickeln sich zu erbitterten Gegnern und bleiben in der Vergangenheit verhaftet. Verena Kast meint dazu: »Solange
ich mich noch über jemand ärgern kann, so lange ist er irgendwie noch anwesend. Ich verstehe das Ärgern, den Zorn mehr in dem Sinn, dass die Beziehung
noch geklärt werden muss.« (Kast 1982) Meistens verzögern längerfristige Hass- und Wutgefühle die Anerkennung des Verlustes. Dazu ist es notwendig,
die Wut im Erleben zuzulassen, sie aber auch zugunsten der Trauer wieder aufgeben zu können.
EMPFEHLUNG
Sollten Sie hin und wieder Wut empfinden, heißen Sie Ihre Wut willkommen. Darin stecken Aktivität, Kraft und die Bereitschaft, sich abzugrenzen. Ihre Wut- oder Hassgefühle werden durch Ihre Gedanken und Einstellungen gespeist. Diese bedürfen längerfristig einer Überprüfung, aber momentan reicht es, wenn Sie in der Lage sind, Ihre Wut nicht an sich selbst, an Ihrem getrennten Partner oder an Ihren Kindern auszulassen. Sollten Sie Rachefantasien entwickeln und den Wunsch, Ihrer Partnerin/ Ihrem Partner mindestens so weh tun zu wollen, wie Sie sich verletzt fühlen, ist das verständlich, aber nicht ratsam, es in die Tat umzusetzen. Es brächte Ihnen vordergründig vielleicht Genugtuung und emotionale Entlastung, demonstriert jedoch Ihre Ohnmacht und Hilflosigkeit. Es könnte sich gegen Sie und Ihre Kinder wenden. Lassen Sie sich von Ihren Wut- oder Rachegefühlen nicht »auffressen« oder zu unkontrollierten Handlungen verleiten. Ganz im Sinne von T. Patrikios: »Versuche – Nun habe ich also auch die Rache versucht. Wieder war ich der Verlierer.« Vermeiden Sie Reizthemen, die normalerweise zu Streit und Wutausbrüchen führen. Sie können schriftlich kommunizieren, wenn Sie befürchten, Ihren Zorn nicht unter Kontrolle zu haben, oder sich zu notwendigen Gesprächen in einem Lokal treffen. Soziale Kontrolle bietet in der Regel Schutz vor emotionalen Ausbrüchen. Tun Sie nichts, was Sie später einmal bereuen könnten. Trotzdem ist es möglich, etwas zu tun – nicht gegen, sondern für Ihre Wutgefühle. Wählen Sie konstruktive Ausdrucksmöglichkeiten (Bewegung, Sport, mit einem festen Kissen aufs Bett, Sofa oder Boden schlagen, malen, schreiben …).
Haben Sie bisher wenig Zugang zu Ihrer Wut, werden Ihnen diese Vorschläge kindisch vorkommen. »Wie kann ich Wut empfinden auf einen Menschen, den ich noch liebe oder bis eben noch geliebt habe?« Sollten Sie keinen Zorn empfinden, ist es für Sie noch nicht an der Zeit. Nehmen Sie sich die Zeit, die Sie brauchen. Probieren Sie aus, was zu Ihnen passt. Manche müssen lernen, ihre Wut zu spüren und zuzulassen, andere dagegen müssen lernen, ihre Wut zu kontrollieren.
Mit der folgenden Vorstellungsübung können Sie Ihre Wutgefühle intensiv zulassen und spüren, um sich davon zu befreien. Untersuchungen haben gezeigt, dass unser Körper auf Vorstellungen ähnlich reagiert wie auf tatsächlich ausgeführte Handlungen oder Ereignisse.Es geht nicht darum, Ihre Wut oder Rachegefühle in die Tat umzusetzen, sondern darum, sie wahrzunehmen, zuzulassen und zu akzeptieren. So können Sie lernen, Ihren Zorn für sich und andere unschädlich auszudrücken. Gehören Sie zu den Menschen, die ein Übermaß an Wut empfinden, ist diese Übung nicht geeignet. Neigen Sie zu unkontrollierten Wutausbrüchen gegen sich selbst und andere, brauchen Sie therapeutische Unterstützung.
ÜBUNG: »DU BIST EIN …«
Schließen Sie die Augen und stellen Sie sich Ihren getrennten Partner vor. Nehmen Sie sein Äußeres, seinen Blick, seine Worte, seine Haltung wahr, alles so, wie es Ihrem Bild entspricht. Beginnen Sie, ihn in Ihrer Vorstellung erst leise, dann laut zu beschimpfen, bis Ihre Wut
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