Trennung ohne Rosenkrieg - ein psychologischer Wegweiser
den anderen zu hören, einander noch Wichtiges oder Ungesagtes zu sagen, um zu einem endgültigen, vielleicht annehmbaren Abschluss zu kommen. Dazu reicht auch eine begrenzte Auswahl von Fragen. Wenn Sie es wünschen, können Sie mit einem gemeinsam entwickelten Ritual Ihren persönlichen Abschied mit oder ohne Partner gestalten. (Hötker-Ponath2009) Vielleicht entsteht zwischen Ihnen beiden (gefühlt oder ausgesprochen) so etwas wie: » Es tut mir leid, dass es mit uns beiden nicht geklappt hat, und jetzt lasse ich dich in Frieden.«
ÜBUNG: FRAGEN UND IMPULSE ZUR BEZIEHUNGSRÜCKSCHAU
Beziehungsanfang
Was mich anfangs zu dir hingezogen hat …
Welche Stärken und Schwächen (Kapital) habe ich mit in unsere Beziehung gebracht?
Was habe ich als dein Anfangskapital gesehen?
Beziehungsprozess
Was ich dir gegeben habe …
Was ich dir nicht gegeben habe oder nicht geben konnte …
Was ich von dir bekommen habe …
Was ich nicht von dir bekommen habe, mir aber gewünscht hätte …
Was wurde durch unsere Beziehung in mir belebt oder geweckt?
Was ließ ich während unserer Beziehung in meiner persönlichen Entwicklung unbeachtet und verkümmern?
Womit du mich am meisten verletzt hast …
Womit ich glaube, dich am meisten verletzt zu haben …
Was war in unserer gemeinsamen Zeit mein größtes Versäumnis?
Was sehe ich als dein größtes Versäumnis?
Was nehme ich dir noch immer übel?
Womit konnte ich mich inzwischen versöhnen?
Wofür ich dich am meisten geliebt habe …
Wofür ich mich von dir am meisten geliebt gefühlt habe …
Wofür ich dir danken möchte …
Abschied
Wovon ich mich durch das Ende unserer Beziehung jetzt endgültig verabschiede …
Wovon verabschiede ich mich leicht und was lasse ich gern zurück?
Wovon verabschiede ich mich schwer?
Was bleibt an Gutem von unserer gemeinsamen Zeit in mir besonders erhalten?
Was lebt in unseren Kindern weiter?
Was würde ich dir symbolisch zum Abschied schenken?
Zum Abschluss dieser nicht ganz einfachen, aber lohnenswerten Beziehungsrückschau lassen Sie folgende Trennungsworte nach Jellouscheck (2000) auf sich wirken.
Zum Abschied
Ich nehme, was du mir gegeben hast.
Ich danke dir und werde es mitnehmen.
Was ich dir gegeben habe, habe ich dir gern gegeben.
Für das, was zwischen uns schiefgelaufen ist,
übernehme ich meinen Teil der Verantwortung
und lasse dir deinen.
Ich werde dich in unseren Kindern achten
und weiterhin zu ihrem Wohl mit dir zusammenarbeiten.
Schade, dass es mit uns beiden nicht geklappt hat.
Geh du deinen Weg, ich gehe den meinigen.
Und jetzt lasse ich dich in Frieden.
Dieser Abschluss im gegenseitigen Respekt bewirkt, dass wir unsere vergangene Beziehung und damit einen Teil von uns selbst nicht achtlos entsorgen (auch, wenn eine Trennung von zahlreichen Achtlosigkeiten geprägt ist), sondern als einen wichtigen, unauslöschbaren Teil unseres gelebten Lebens anerkennen. Alles, was ein Partner in uns geweckt hat, »Licht- und Schattenseiten«, das gehört zu uns. Das dürfen wir nicht verloren geben, auch wenn der Partner, der diese Seiten in uns geweckt und »herausgeliebt« hat, verloren gegangen ist.
EMPFEHLUNG
Sollten Sie die Möglichkeit einer therapeutisch begleiteten Beziehungsrückschau und/oder Durchführung eines Trennungsrituals haben, nutzen Sie diese Gelegenheit, besonders dann, wenn Sie wegen Ihrer Kinderweiterhin in guter Verbindung bleiben wollen. Es geht darum, dass Sie beide Ihre gemeinsame Vergangenheit mit den »guten und schlechten Tagen« annehmen können, dass Sie die Gegenwart bekräftigen und eine friedliche, getrennte Zukunft festigen. Sollten Sie religiös orientiert sein, können Sie sich auch seelsorgerisch begleiten lassen und einen Trennungssegen erbitten.
In der Nachscheidungsphase geht es für die Geschiedenen und deren Kinder darum, den Übergang in die neue Lebensform zu gestalten und zu festigen. Für diesen Wechsel von der ehelichen Lebensform in die geschiedene gibt es außer der juristischen keine gesellschaftlich akzeptierte ritualisierte Form wie zum Beispiel bei einer Hochzeit, Beerdigung oder Taufe. »Rituale markieren wichtige Übergänge und Ereignisse. Sie festigen unsere Werte, feiern sie und machen sie öffentlich. Sie mildern auch unsere Angst, indem sie uns zeigen, wie man sich angesichts des Unbekannten verhält.« (Ahrons 1997) Da Trennungen immer mehr zum normalen Lebenslauf dazugehören, werden sich auch hier nicht nur private, sondern auch gesellschaftlich und kirchlich
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