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Treue Genossen

Treue Genossen

Titel: Treue Genossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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mit Giften oder Psychopharmaka? Sie sagte, dazu müsse sie Biopsien vornehmen und Tests durchführen, also kostbare öffentliche Mittel verschwenden. Wir haben uns auf fünfzig Dollar geeinigt. Die dürfte Hoffman wohl aufbringen können.«
    »Die Toptunowa ist eine Metzgerin.« Arkadi wollte sich die Fotos eigentlich nicht ansehen.
    »Bei der Miliz findest du keinen Louis Pasteur, der Obduktionen vornimmt. Gott sei Dank schnippelt sie nur an Toten herum. Auf jeden Fall sagte sie, dass Iwanow sich das Genick gebrochen hat. Mein Gott, das hätte ich ihr auch sagen können. Und wenn nicht das Genick, dann eben den Schädel. Drogenmäßig war er sauber, allerdings vermutet sie, dass er Geschwüre hatte. Jedenfalls schließt sie das aus dem Zustand seines Magens. Eins war merkwürdig: der Mageninhalt. Brot und Salz.«
    »Salz?«
    »Ein Menge Salz und gerade genug Brot, um es runterzuwürgen.«
    »Hat sie nichts zu seiner Gesichtsfarbe gesagt?«
    »Was gibt es da schon zu sagen? Es war im Wesentlichen ein einziger großer blauer Fleck. Ich habe noch mal den Portier und den Kerl von der Rezeption befragt. Sie sind bei ihrer Geschichte geblieben: keine Probleme, keine Sicherheitslücke. Dann hat so ein Typ mit zwei Dackeln versucht, mich abzuschleppen. Ich habe ihm meinen Dienstausweis gezeigt, um ihn abzuwimmeln, du verstehst, und da sagt er: >Ach, wird schon wieder eine Sicherheitsüberprüfung durchgeführt? Am Sonntag hatte das Gebäudepersonal nämlich den Fahrstuhl außer Betrieb gesetzt und an jeder Wohnung geklingelt, um festzustellen, wer sich drin aufhielt. Der Typ war immer noch aufgebracht. Seinen Dackeln ist nämlich ein kleines Malheur passiert, weil sie zu lange warten mussten.<
    »Also gab es doch eine Sicherheitspanne. Wann haben sie die Kontrolle durchgeführt?«
    Viktor zog sein Notizbuch zu Rate. »In seiner Wohnung morgens um zehn nach elf. Er wohnt im neunten Stock, und soweit ich weiß, haben sie oben angefangen.«
    »Gute Arbeit.« Arkadi konnte sich zwar nicht vorstellen, dass jemand Viktor abschleppen wollte, doch Lob war angebracht.
    »Noch etwas.« Viktor legte ein Foto von zwei Eimern und Wischmops hin. »Die Sachen haben wir in der Eingangshalle im Haus gegenüber gefunden. Herrenlos, aber der Name der Reinigungsfirma stand darauf, und ich konnte die Leute ausfindig machen, die sie zurückgelassen haben. Vietnamesen. Sie haben Iwanows Kopfsprung nicht gesehen und sind abgehauen, als die Miliz vorfuhr, denn sie sind Illegale.«
    Niedere Tätigkeiten, für die sich Russen zu schade waren, übernahmen Vietnamesen. Sie kamen als »Gastarbeiter« und tauchten unter, wenn ihre Visa abliefen. Sie besaßen nur die Kleider, die sie auf dem Leib trugen, schliefen in Arbeiterheimen, und ihr einziger Kontakt zu ihrer Familie bestand darin, dass sie einmal im Monat Geld nach Hause schickten. Arkadi konnte Arbeiter verstehen, die sich in das goldene Zelt Amerikas schlichen, aber wenn jemand in den von Mäusen zernagten Sack namens Russland schlüpfte, konnte das nur schiere Verzweiflung sein.
    »Da wäre noch etwas.« Viktor pickte Makkaroni von seiner Brust. Er hatte den grauen Pullover durch einen anderen in leuchtendem Orange ersetzt. Er leckte sich die Finger sauber, schob die Fotos zusammen und legte sie in einen Ordner zurück, auf dem in roten Lettern »Nicht aus der Dienststelle entfernen!« stand.
    »Dossiers über die vier Mordanschläge auf Iwanow. Sehr ergiebig. Der erste fand hier in Moskau statt. Ein erboster Anleger, ein Lehrer, den er um seine gesamten Ersparnisse gebracht hatte, feuerte an der Haustür auf ihn. Der arme Teufel verfehlte ihn sechsmal. Dann wollte er sich selbst eine Kugel in den Kopf jagen und schoss wieder daneben. Ein gewisser Mahmud Nasir. Hat vier Jahre gekriegt, nicht übel. Hier ist seine Adresse, er befindet sich wieder in der Stadt. Vielleicht hat er sich eine Brille zugelegt.
    Der zweite Mordversuch ist uns nur vom Hörensagen bekannt, aber alle schwören, dass es stimmt. Iwanow hat in Archangelsk eine Auktion manipuliert, bei der ein paar Schiffe versteigert wurden, die Schiffe für einen Apfel und ein Ei bekommen und ein paar Lokalgrößen ausgestochen. Ein Konkurrent schickt einen Auftragskiller, der Iwanows Wagen in die Luft jagt. Iwanow ist beeindruckt, macht den Killer ausfindig und verspricht ihm die doppelte Summe, wenn er seinen Auftraggeber erledigt. Und wenig später, so wird erzählt, fällt in Archangelsk ein Mann ins Wasser und taucht nicht mehr

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