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Treue Genossen

Treue Genossen

Titel: Treue Genossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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Worte.«
    »Warum knöpfen wir uns Obodowski nicht vor?«, hakte Hoffman nach.
    »Weil Anton Obodowski ein Außenstehender ist, und wer immer das Cäsiumchlorid in Paschas Wohnung hat bringen lassen, war ein Insider. Es war kein Einbruch. Sie hatten die Codes, und irgendwie haben sie die Kameras umgangen.«
    »Oberst Oschogin?«
    »Jedenfalls gibt es keinen intimeren Kenner des Sicherheitsdienstes von NoviRus.«
    »Ich kann ihn umbringen lassen. Er hat Timofejew und Pascha auf dem Gewissen.«
    »Nur ist Oschogin niemals hier gewesen. Sie dagegen schon, und Sie wollen mir nicht sagen, warum. Wie lange gedenken Sie eigentlich noch zu bleiben?«
    »Ich weiß nicht. Wir lassen es uns gut gehen, campen, wozu hetzen?«
    Hoffman schien wirklich keine Eile zu haben. Er saß auf dem Kotflügel und stocherte mit einer Gräte zwischen seinen Zähnen. Er sah aus wie ein Mann, der plötzlich unendlich viel Zeit hatte.
    »Danke für den Kaffee.« Arkadi wandte sich zum Gehen.
    »Mein Vater war hier«, sagte Jakow.
    »Ach?« Arkadi blieb stehen.
    Jakow fasste in seine Hemdtasche und zündete sich einen halb gerauchten Zigarettenstummel an, den er aufgehoben hatte. Er sprach in beiläufigem Ton, als sei ihm gerade eine Nebensächlichkeit eingefallen. »Tschernobyl war eine Hafenstadt, ein jüdisches Zentrum. Als die Bolschewiken in Russland die Macht übernahmen, war die Ukraine unabhängig. Und was taten die Ukrainer? Sie trieben alle Juden aus Tschernobyl auf Boote und versenkten sie, und wer nicht ertrank und ans Ufer zu schwimmen versuchte, den erschossen sie mit Maschinengewehren.«
    »Wie ich schon sagte«, erinnerte Hoffman Arkadi. »Erwarten Sie von Jakow kein Mitleid.«
    Sowie Arkadi die Straße oberhalb des Flusses erreicht hatte, rief er Viktor an, und der musste ihm gestehen, dass er Anton Obodowski am Abend zuvor in einem Kasino verloren hatte.
    »Man muss hundert Dollar Mitgliedsbeitrag zahlen, bevor sie einen überhaupt reinlassen. Und einem Russen knöpfen sie die besonders gern ab. Anton spielt drinnen die ganze Nacht, und ich kann mir draußen die Beine in den Bauch stehen. Er hat irgendwas vor. Mir tut nur Galina Leid.«
    »Galina?«
    »Die Zahnhygienikerin. Miss Universum. Macht einen netten Eindruck. Vielleicht ein wenig materialistisch.«
    »Wie geht es Antons Zahn?«, fragte Arkadi. »Er macht einen normalen Eindruck.«
    »Wo bist du jetzt?«
    »Wieder im Cafe, für den Fall, dass er zurückkommt. Es gießt in Strömen. Weißt du, was Europäer tun, wenn’s regnet? Sie sitzen den ganzen Tag über einer Tasse Kaffee. Das ist sehr schick.«
    »Klingt so, als hättest du einen herrlichen Urlaub. Geh in das Reisebüro gegenüber der Zahnarztpraxis und stell fest, ob Anton Tickets gekauft hat. Außerdem möchte ich wissen, wo Iwanow und Timofejew zum Zeitpunkt des Reaktorunglücks in Tschernobyl waren und was sie gemacht haben. Ich weiß, dass wir das bereits überprüft haben, aber ich will, dass du es noch mal tust.«
    »Das wissen wir doch schon. Nichts. Sie waren zwei Wunderknaben, die in Moskau geforscht haben.«
    »Woran? Und für wen?«
    »Das ist Schnee von gestern.«
    »Ich wäre dir dankbar, wenn du es trotzdem tun würdest.«
    Zwischen den Bäumen konnte Arkadi Hoffman und Jakow im Yachthafen erkennen. Jakow meditierte am Wasser, und Hoffman klemmte am Handy. »Wie viel von diesen Informationen lässt du eigentlich Bobby zukommen?«
    Nach kurzem betretenem Schweigen antwortete Viktor: »Ljuba hat angerufen. Ich habe ihr die Situation erklärt, und dann hat sie mir die Situation erklärt. Sie sagt, dass Hoffman mich bezahlt.«
    »Erzählst du ihm alles?«
    »Ziemlich viel. Aber dir erzähle ich genauso viel, und von dir verlange ich keine Kopeke.«
    »Bobby benutzt mich als Jagdhund. Er sitzt rum und wartet darauf, dass ich etwas aufscheuche.«
    »Du machst die Arbeit, und er kassiert? Ich glaube, so was nennt man Kapitalismus.«
    »Noch etwas. Vanko hat mir erzählt, dass Alex Gerasimow in seiner freien Zeit als Dolmetscher und Übersetzer in einem Moskauer Hotel gutes Geld verdient. Ist doch keine Schande.
    Trotzdem behauptet Alex, dass er nur wissenschaftlich arbeitet, was wenig oder überhaupt nichts einbringt. Eine kleine Unstimmigkeit, und wahrscheinlich geht es mich auch gar nichts an.«
    »Habe ich mir auch gerade gedacht.«
    Arkadi spürte einen Regentropfen auf der Hand. »Ruf zuerst die Moskauer Hotels an, in denen westliche Geschäftsleute absteigen - das Aerostar, Kempinski, Marriott -, und

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