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Treue Genossen

Treue Genossen

Titel: Treue Genossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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stehen?«
    »Die Leute hier wollen doch chassidische Juden. Sollen sie haben. Aber Sie sehen vielleicht aus! Hat Sie jemand durch die Mangel gedreht?«
    »Jakow sagt, ich bin in Ordnung.« Arkadi hatte nach dem Aufstehen eine Inspektion an sich vorgenommen. Er war von den Schienbeinen bis zu den Rippen mit blauen Flecken übersät, und in seinem Schädel pochte es bei der kleinsten Bewegung.
    Hoffman grinste. »Für Jakow sind Sie in Ordnung, solange keine gebrochenen Knochen aus der Haut ragen. Erwarten Sie nie Mitleid von ihm.«
    »Er ist in Ordnung«, sagte Jakow. Er kratzte eine Kruste aus der Pfanne und warf sie ins Wasser. Fische tauchten auf und schnappten danach.
    »Haben Sie eine Ahnung, wer Sie überfallen hat?«, fragte Hoffman.
    »Ich bin mir ziemlich sicher, dass es zwei Brüder namens Woropai waren. Von der Miliz. Jakow hat sie in die Flucht geschlagen.«
    »Das kann er.«
    Jakow kauerte neben dem Kocher, und bis auf die Kanone unter seiner Achsel sah er aus wie irgendein Rentner, der seinen Frieden gemacht hatte mit dem behäbigen Fluss, den aufgereihten Schiffswracks, die nirgendwohin fuhren, den aufziehenden Gewitterwolken. Arkadi wusste nicht, wie viel Jakow verstand oder verstehen wollte. Mal antwortete er auf Ukrainisch, mal auf Hebräisch, mal gar nicht, wie ein altes Radio mit wechselndem Empfang.
    »Es war richtig von Jakow«, erklärte Hoffmann, »dass er die Mistkerle laufen ließ. Ukrainer glauben einem Russen und einem Juden nicht mehr als zwei ukrainischen Polizisten. Im Übrigen möchte ich nicht, dass Jakow Scherereien bekommt. Ich bezahle ihn dafür, dass er mich beschützt, nicht Sie. Wenn die Ukrainer zu bohren anfangen, bekommen sie für Jakow Haftbefehle, die bis in die Zeit des Krimkriegs zurückreichen. Wie Sie sehen, trägt er eine Jarmulke. Das erregt die Aufmerksamkeit der Gojim schon genug.«
    »Waren Sie früher schon mal hier?«, fragte Arkadi, doch Jakow war mit dem Wenden des Fisches beschäftigt, der geräuchert, gebacken und schließlich in Kohle verwandelt worden war. Arkadi fragte sich, was man noch mit ihm anstellen konnte.
    »Und gestern haben Sie also in Kiew Ihren Freund Viktor getroffen«, sagte Hoffman. »Hat er wohlhabender ausgesehen?«
    »Verändert.«
    »Belassen wir es dabei. Hauptsache, Sie beide haben den Affen Obodowski mit seiner Zahnärztin gesehen.«
    »Und seiner Zahnhygienikerin.«
    »Und seiner Zahnhygienikerin. Sie und Viktor könnten sich ein Beispiel an den Woropai-Brüdern nehmen und Obodowski mit zwei Eishockeyschlägern einen Besuch abstatten. Bringen Sie ihn zum Reden. Er soll Ihnen sagen, wo er war, als dieser Van hinter Paschas Haus aufgetaucht ist. Wenn Sie nicht wissen, wie, kann Ihnen Jakow ein paar Tipps geben. Das fällt zufällig in sein Ressort. Sie müssen doch Fragen haben.«
    »Durchaus. Sie sagten, Sie seien auf Pascha Iwanows Anweisung letztes Jahr hier gewesen, um eventuell ein Geschäft mit abgebrannten Brennstäben anzubahnen.«
    »Die schwimmen hier in dem Zeug. Kein Reaktor am Netz, aber tonnenweise nuklearer Brennstoff. Ein Wahnsinn!«
    »Es hat nicht geklappt.«
    »Erraten. Aber was hat das mit Obodowski zu tun?«
    »Mit wem haben Sie hier gesprochen?«, fragte Arkadi. »Mit welchen Offiziellen?«
    »Keine Ahnung. Ich weiß es nicht mehr.«
    »Das hätte Investitionen in Millionenhöhe erfordert. Haben Sie mit dem Kraftwerksleiter gesprochen, mit den Ingenieuren, dem Ministerium in Kiew?«
    »Mit solchen Leuten, ja.«
    »Mussten Sie sich dafür verkleiden?«
    Hoffmans Augen verengten sich. »Was sollen diese Fragen?«, brauste er auf. »Sie sollten auf meiner Seite stehen. Das Geschäft ist nie zustande gekommen. Es hatte mit Paschas oder Timofejews Tod nichts zu tun. Oder mit Obodowski.«
    »Essen Sie.« Jakow verteilte gebackenen Fisch.
    »Was halten Sie davon«, fragte Hoffman, »wenn Jakow und ich kurz nach Kiew fahren, uns von Viktor zu Obodowski bringen lassen und ihm das Hirn wegpusten?«
    »Kaffee.« Jakow reichte Blechtassen mit etwas Schwarzem und Sirupartigem herum. »Bevor es zu regnen anfängt.«
    Der Fisch hatte die Beschaffenheit eines Tiefseekabels. Arkadi nippte am Kaffee, und nun, da sich die Gelegenheit bot, bewunderte er Jakows Revolver. Ein amerikanischer 45er mit abgenutztem, blau schimmerndem Stahl.
    »Zuverlässig?«
    »Seit fünfzig Jahren«, antwortete Jakow. »Etwas langsamer als eine moderne Waffe.«
    »Langsam kann von Vorteil sein. Nimm dir Zeit zum Zielen, sage ich immer.«
    »Kluge

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