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Treue in Zeiten Der Pest

Treue in Zeiten Der Pest

Titel: Treue in Zeiten Der Pest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Espen
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hätte sich bedeckt halten sollen. Aber sie ist so glücklich. Sie hat den Tod überwunden. Das ist das Einzige, woran sie im Moment denken kann. Wir sollten nachsichtig mit ihr sein.«
    Aus der Kammer klang ein wunderbarer Gesang zu ihnen herüber. Angélique sang ein Lied von Liebe und Abschiednehmen, ein Lied von Treue in den Zeiten des Schmerzes.
    Plötzlich brach der Gesang ab, Angélique erschien in der Tür. Sie hatte sich ein frisches Leintuch um den Körper gewunden und sagte: »Ich habe Hunger und entsetzlichen Durst. Bitte bringt mir etwas zu trinken.«
     
     
    Henri kam sofort wieder auf die Füße. Aus den Augenwinkeln heraus sah er, dass es Uthman, der sein Kurzschwert noch immer fest in der Hand hielt, ähnlich erging. Allerdings saßen sie jetzt in der Falle. Die Seeleute kamen immer näher und bildeten einen bedrohlichen Halbkreis um sie. Ihren finsteren Blicken war deutlich zu entnehmen, dass sie beabsichtigten, kurzen Prozess mit ihnen zu machen.
    Henri hatte nur einen Dolch dabei. Er zog die scharfe Waffe aus seinem Gürtel. »Kommt besser nicht näher!«, rief er den Seeleuten zu. »Ich warne euch! Wir verstehen keinen Spaß!«
    »Stopft ihnen das Maul, Männer!«, schrie der Führer der Barke.
    Und dann ging alles sehr schnell. Uthman machte zwei Sätze nach vorn und hieb dem Nächststehenden mit einer blitzschnellen Bewegung den Gürtel entzwei. Das Beinkleid des Mannes rutschte herunter, und noch bevor dieser reagieren konnte, sprang Uthman einen zweiten Matrosen an, den dasselbe Schicksal ereilte. In die Verwirrung hinein brachen Uthman und Henri zwischen den Seeleuten hindurch und sprangen über die Reling an Land.
    »Wascht euch!«, rief Uthman den Zurückgebliebenen zu und lachte laut auf. Dann machten er und Henri sich davon.
    »Erreicht haben wir hier gar nichts!«, meinte Henri. »Auf den anderen Schiffen wird es uns sicher kaum anders ergehen. Ich schlage vor, wir kehren in die Stadt zurück. Vielleicht können wir uns da nützlicher machen.«
    »Am besten gehen wir gleich in die Herberge«, stimmte Uthman zu. »Inzwischen wird sicher auch Joshua wieder da sein. Wir sollten gemeinsam beraten, was wir überhaupt noch in Quimper wollen. Es wird ungemütlich hier.«
    »Und Sean?«
    »Er kann hier bleiben, wenn er es will. Für ihn ist es sicher besser, wenn er Angélique pflegt.«
    Als die Freunde in der Herberge ankamen, mussten sie zu ihrem Erstaunen feststellen, dass Joshua immer noch nicht aufgetaucht war. Auch der Gastwirt hatte ihn schon seit längerem nicht mehr gesehen. Sean war ebenso wenig aufzufinden, doch er, so vermuteten die Freunde, saß womöglich einfach nur am Krankenlager seiner Liebsten.
    »Wo mag Joshua nur sein?«, fragte Henri beunruhigt. »So lange ist er bisher noch nie freiwillig fortgeblieben. Langsam mache ich mir doch ernsthafte Sorgen.«
    »Ach, so schlimm wird es schon nicht sein«, meinte Uthman. »Ich vermute, er ist in den Wald geritten und sammelt Heilkräuter. Zurzeit haben wir Vollmond, und Joshua hat uns immer erklärt, dass in dieser Zeit die einzig wirksamen Kräuter wachsen.«
    Henri blickte den Freund zweifelnd an, vielleicht hatte er Recht, vielleicht aber auch nicht. »Warten wir noch bis zum Abend«, schlug er vor. »Sollte er bis dahin nicht aufgetaucht sein, müssen wir allerdings unbedingt nach ihm suchen, und zwar nicht so halbherzig wie gestern.«
    »In Ordnung«, sagte Uthman. »Inzwischen sollten wir uns nach Angélique erkundigen. Sean macht momentan eine schwere Zeit durch. Er kann unseren Beistand sicher gut gebrauchen.«
    Henri stimmte zu und machte sich mit Uthman auf den Weg zum Haus des Buchmalers. Als sie dort ankamen, begann es heftig zu regen. Dennoch standen der Hausbesorger und seine Frau vor der Tür. Und sie erweckten nicht den Anschein, als wollten sie das Haus in der nächsten Zeit betreten.
    »Was ist passiert?«, fragte Henri die beiden, nachdem er sie begrüßt hatte.
    »Die junge Maxim«, erklärte André seufzend. »Sie ist aufgewacht und besteht nun darauf, spazieren zu gehen. Mir steht es nicht zu, sie davon abzuhalten. Und der junge Herr tut alles, was sie will. Aber es ist ein Fehler, denn sie ist viel zu schwach.«
    »Sean ist also immer noch bei ihr?«
    »Ja, und er hat sich schon seit Stunden keinen Schlaf mehr gegönnt.«
    »Am besten, wir gehen hinauf und sehen, was wir für die beiden tun können«, sagte Henri und verschwand mit Uthman im Haus.
    Als sie die Kammer der Kranken erreichten, sahen sie, dass

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