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Treue in Zeiten Der Pest

Treue in Zeiten Der Pest

Titel: Treue in Zeiten Der Pest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Espen
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Kleines, Pelziges traten, das sie taumeln ließ und zu Fall brachte. Die Ratten waren zurückgekehrt!
     
     
    »Ergreift sie!«
    Die Stadtbüttel kesselten eine Gruppe von Quimperer Bürgern ein, deren bleiche Gesichter nicht wirklich gesund aussahen. Die Ratsherren waren mittlerweile nicht mehr so gelassen wie zu Beginn, als es erst ein, zwei Tote gegeben hatte.
    Jeder vermeintlich Erkrankte wurde festgesetzt, verhört und eine Zeit lang ins städtische Gefängnis unter dem Rathaus geworfen. Wer wieder freigelassen wurde, dankte inbrünstig dem Herrn. Noch entsetzt von dem, was ihnen gerade widerfahren war, taumelten sie in die Kathedrale und beteten. Hier versammelte sich inzwischen die ganze Stadt. Manche Familien waren sogar derart verängstigt, dass sie gar nicht mehr nach Hause gingen und mit ihren Kindern inmitten der Pilger im Obergadenbereich der Kathedrale wohnten.
    Die hygienischen Verhältnisse in der Kirche wurden langsam bedenklich. Es roch schlecht, und manche der Pilger waren inzwischen tatsächlich so geschwächt, dass sie Wasser unter sich ließen oder sich erbrachen. Dann wurden sie von den Bütteln aus der Stadt gezerrt und kamen nicht mehr hinein. Wer nach Quimper hineinwollte, musste sich einem Verhör unterziehen und eine hohe Steuer bezahlen, ansonsten wurde er sofort abgewiesen. Mit den neuen Einnahmen schaffte die Stadt neue Dreckwagen an, mit denen die Büttel durch die Viertel zogen und alles aufsammelten, was nicht auf zwei gesunden Beinen flüchten konnte.
     
     
    Als Angélique sich auf ihrem Lager aufrichtete, glaubte Sean zunächst, seinen Augen nicht zu trauen. Das Mädchen sah aus wie der blühende Frühling. Ihre Lippen waren rot und feucht, ihre Wangen zeigten eine kräftige Farbe, und ihre schönen, mandelförmigen Augen glänzten. Zumindest äußerlich wirkte sie dadurch um einiges frischer als der arme Sean, der von der langen Krankenwache ziemlich erschöpft aussah.
    Angélique blickte Sean dementsprechend mitleidig an. »Du hast so lange an meinem Krankenlager ausgeharrt!«, sagte sie. »Das kann ich dir kaum vergelten. Aber irgendetwas wird mir schon einfallen, jetzt, wo ich mich so frisch und wieder ganz gesund fühle. Hilfst du mir beim Aufstehen?«
    Noch immer sehr verwirrt, aber vollkommen glücklich sprang Sean von seinem Schemel auf. Er umarmte Angélique und spürte sofort, dass ihr Leib tatsächlich nicht mehr so heiß war wie noch vor ein paar Stunden, sondern sich wunderbar weich und warm anfühlte. Als er sie lange genug im Arm gehalten hatte, half er ihr von ihrem Strohlager.
    Einmal angespornt, war ihr neu erblühter Tatendrang nicht mehr zu bändigen. »Ich möchte mich waschen«, sagte sie. »Holst du mir etwas Wasser, Sean?«
    Der Knappe war noch immer sprachlos. Er konnte nur nicken und rannte wie von einer Tarantel gestochen zum Hausbesorger hinunter, der gerade eingetroffen war. André hatte Mühe, zu verstehen, was der vor Begeisterung sprudelnde Sean ihm mitteilen wollte, als er es aber einmal verstanden hatte, strahlte auch er vor lauter Freude. Am Fließbrunnen im Garten füllte er zwei Bottiche mit Wasser und schleppte sie nach oben. Sean eilte ihm voraus. Als die beiden Männer die Kammer der Kranken betraten, stand ihnen diese splitternackt gegenüber und streckte ihnen die Arme entgegen. André fielen vor Schreck die Bottiche aus der Hand – glücklicherweise kippten sie dabei nicht um – und wandte sich ab. Und auch Sean war Angéliques Verhalten sichtlich peinlich. Dennoch trug er einen der beiden gefüllten Bottiche zu einer Waschschüssel und kippte seinen Inhalt hinein.
    »Hier, Angélique, mach dich erst einmal frisch, ich warte so lange draußen auf dich!«
    »Ach nein, Sean, bitte nicht! Ich war so lange tot, jetzt will ich spüren, dass ich wieder unter den Lebenden bin! Ich will dich bei mir haben, Liebster!«
    Sean wunderte sich über den Tatendrang seiner Geliebten, deren widerspenstige blonde Haare verklebt von der langen Fieberqual noch immer ihre Stirn bedeckten. Sie sah dennoch wunderbar aus, verführerisch in ihrer unschuldigen Nacktheit. Trotzdem wollte Sean ihr nicht beim Waschen zusehen.
    »Das geht nicht, Angélique, das schickt sich nicht. Ich warte vor der Tür.«
    Enttäuscht blickte die junge Frau ihm nach, als er die Tür von außen zuzog.
    Auf dem Flur blickte ihn der Hausbesorger ängstlich an. »Habe ich eine schwere Sünde begangen, als ich sie nackt sah?«, fragte er.
    »Aber nein!«, entgegnete Sean. »Angélique

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