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Treue in Zeiten Der Pest

Treue in Zeiten Der Pest

Titel: Treue in Zeiten Der Pest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Espen
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die Stadt verlassen und ritt nun durch die Umgebung von Quimper. Einer der Gründe, warum er in die Bretagne gekommen war, war die Tatsache, dass er hier einen Teil des Templerschatzes versteckt hatte. Er hatte nicht gedacht, dass er ihn aus diesen Gründen würde brauchen können.
    In der Bretagne, die ebenso wie Flandern und Guyenne auf Unabhängigkeit von der französischen Krone gedrängt hatte, existierten immer noch Reste des ehemals dichten Netzwerks von Ordenshäusern und Besitzungen des Ordens. Henri erinnerte sich daran, dass es mehr als sechzig Häuser gewesen waren, aber an welchen Orten sie sich genau befunden hatten, entzog sich seiner Kenntnis. Er kam an die schriftlichen Unterlagen aus dem Tempel in Paris nicht heran! Dieser befand sich mittlerweile im Besitz der Johanniter, der größten Feinde des Templerordens. Sicher unterhöhlten diese zurzeit den gesamten Tempel, um den geheimen Schatz des Ordens zu finden.
    Aber da konnten sie lange suchen. So weit er über ihn verfügen konnte, hatte Henri den Schatz bereits im Jahr 1311 aus dem Tempel geholt und an ganz unterschiedlichen Stellen vergraben. Er hatte lange nach geeigneten Verstecken gesucht. Einige Höhlen, die er ausgewählt hatte, waren inzwischen eingestürzt, und der darin lagernde Reichtum war für ihn unwiderruflich verloren. Darüber hinaus war eine Ordensburg im Norden, die ebenfalls einen Teil des Schatzes geborgen hatte, bis auf die Grundmauern abgebrannt, im Feuer waren Münzen und Schmuckstücke eingeschmolzen.
    In der Nähe von Quimper ruhten in einem sicheren Versteck allerdings noch mehrere kleine Kisten mit Gold, Diamanten und Silber aus der Hinterlassenschaft eines Mäzens.
    Henri ritt mit zwei großen, ledernen Satteltaschen los, sich dabei im Schutz der Bäume haltend. Die Bretagne lag zwar im Machtbereich des englischen Königs. Es gab keine marodierenden Soldaten, die die Straßen unsicher machten, als Händler konnte man unbehelligt reisen. Aber er konnte nicht sicher sein, ob Maire Michel ihn beschatten ließ, um anderweitig an das Lösegeld zu kommen.
    Henri versuchte sich an das Versteck zu erinnern. Er war damals in einem elenden Kaff namens Tremblay an einem ausgetrockneten Fluss gewesen. Die ungepflasterten Straßen des Orts wirkten wenig einladend. Die ärmlichen Hütten bestanden aus Lehm, geflochtenem Astwerk und Schilfdächern. Durch die Türen sah er offene Feuerstellen auf strohbedeckten Fußböden. Alles war arm. Die Kinder spielten im Dreck. Es gab ein paar Würfelstuben und Schnapsschenken, wo Betrunkene saßen. Eine junge Frau zog ihren Rock hoch und ließ ihre nackten Schenkel sehen. Sie war stark geschminkt und höchstens achtzehn Jahre alt, doch man sah ihr ihre Bitterkeit über ihre Armut und die Armut aller an, die an diesem jämmerlichen Ort lebten, durch den sonst nie ein Fremder kam.
    Bei diesem elendsten aller Dörfer der Bretagne, irgendwo am Rand dieses unwürdigen Nichts aus Trunkenheit, schaler, käuflicher Liebe und schmerzhafter Dumpfheit, hatte er den Schatz vergraben. Es war ein würdiger Ort für einen blutbefleckten Schatz, nach dem alle gierten. Niemand würde ihn hier suchen.
    Das war vor sieben Jahren gewesen.
    Henri bemerkte über sich einige Raubvögel, die wild mit den Flügeln schlugen. Der Wald, durch den er ritt, war dicht und niedrig bewachsen. Er schien ihm auf den ersten Blick fremd, doch bald schon kam er an eine Lichtung, die er wiedererkannte. Räuber hatten hier seinen Karren überfallen. Allerdings hatten sie sich nur für den Wagen interessiert. Die Fässer, in denen Henri die Münzen versteckt hatte, beachteten sie gar nicht. Es waren Salzfässer, die, wenn man nur einen kurzen Blick hineinwarf, mit nichts anderem gefüllt zu sein schienen als mit dem weißen Gold der See.
    Beim Gedanken an dieses Ereignis straffte Henri die Muskeln. Für einen kurzen Augenblick erwachte der Tempelritter in ihm. Er richtete sich auf, und es war, als trüge er ein unsichtbares Ordensgewand über seiner schlichten Kaufmannskleidung.
    Nach dem Überfall hatte er die Salzfässer zu einer nahe liegenden Höhle gekarrt und deren Eingang sorgfältig mit Wurzelwerk, Zweigen und Laub abgedeckt. Bevor es dunkel wurde, war er nach Tremblay zurückgefahren.
    Als er jetzt durch den Wald ritt, erkannte er den Eingang zu der geheimen Höhle sofort. Erleichtert sah er auch, dass seit damals niemand hier gewesen war.
    Henri stieg von seinem Pferd, pflockte es an, nahm seine beiden Ledertaschen und ging

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