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Treue in Zeiten Der Pest

Treue in Zeiten Der Pest

Titel: Treue in Zeiten Der Pest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Espen
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mit einer Fackel auf den Höhleneingang zu. Er rückte Zweige und Äste beiseite, steckte die Fackel an und ging hinein. Der Lichtschein tanzte über die schroffen, trockenen Felswände. Henri musste aufpassen, nicht über Wurzeln zu stolpern. Ein Tier huschte über den Weg, von irgendwoher hörte er Flügelschlagen.
    Da waren die Salzfässer.
    Er öffnete eines, der Inhalt war unberührt. Henri befreite die Münzen von verkrustetem Salz. Zum Vorschein kam das Antlitz Philipps des Schönen. Er spuckte auf dieses verhasste Gesicht und füllte seine Taschen. Dabei dachte er schadenfroh: Du wirst mir wohl oder übel helfen müssen, toter König – gegen deine eigenen Büttel, ob du willst oder nicht!
    Anschließend bedeckte Henri das Fass neuerlich mit einer Schicht Salz und verschloss es wieder. Die anderen Fässer rührte er nicht an.
    Als er wieder ins Freie trat, empfingen ihn warme Sonnenstrahlen, die durch das bereits recht dicht gewordene Blattwerk der Bäume fielen. Er atmete auf, bereit zu neuen Taten.
     
     
    Jean-François trat ins Krankenzimmer. Angélique saß wieder aufrecht auf ihrem Lager und starrte ihn an. Er streckte ihr das fertig gemalte Bild entgegen und sah, wie ein Hoffnungsschimmer ihr Gesicht erhellte.
    »Ach!«, hauchte Angélique. Tagelang hatte sie nicht gesprochen. »Werde ich jetzt wieder gesund?«
    »Ganz gewiss werdet Ihr das, Angélique!«
    Auch Sean hatte die Stimme seiner Geliebten vernommen und kam aus der Mansarde herunter, wo er sich jetzt des Öfteren für kurze Zeit ausruhte. Das Bild des Gesellen versetzte auch ihn in Erstaunen.
    Als Hildegardis das Krankenzimmer betrat, riss sie sofort die Fensterläden auf, damit die frische Luft und der strahlende Sonnenschein von draußen das Gemüt ihrer Tochter erhellen konnten.
    »Jetzt brauche ich keinen Arzt mehr«, sagte Angélique mit einem matten Lächeln im Gesicht. »Jetzt wird mir kein Blut mehr abgenommen, nicht wahr?«
    Hildegardis sprach ihrer Tochter gut zu. Doch Sean, der dem Verlauf der Krankheit nicht traute, blickte sie traurig an. Als ihm allerdings bewusst wurde, dass seine Liebste die Wehmut in seinem Blick bemerkte, setzte er sofort eine zuversichtlichere Miene auf.
    »Du wirst gesund, Angélique, keine Frage«, sagte er, und Jean-François fragte er: »Wo wollt Ihr Euer Bild aufstellen?«
    »Wo wollt Ihr es hin haben, Angélique?«
    »Wir hängen es an die Wand! So kann ich es immer sehen, wenn ich aufwache. Die Krankheit wird sich vor der Schönheit schämen und bald verschwinden. Hängt es zwischen die Fenster!«
    Jean-François und Sean schauten es mit Angélique lange an. Das Pestbild schien seinen Zauber zu entfalten!
    Henri warf dem Bürgermeister eine der beiden prall gefüllten Satteltaschen wortlos vor die Füße und forderte ihn mit einer Geste auf, sie zu öffnen. Maire Michel blickte ihn misstrauisch an. Dann rief er einen Büttel, der die Tasche öffnen sollte.
    Der glitzernde Inhalt quoll ihm entgegen.
    »Gott im Himmel!«, rief er verzückt aus, sprang aus seinem Armsessel und durchwühlte das Gold mit beiden Händen, ließ es wollüstig durch seine Finger gleiten. Ein genauso glitzerndes Funkeln trat in seine Augen.
    »Woher dieser Reichtum, Tuchhändler?«
    »Meine Geschäfte gehen gut. Doch das ist nichts, worüber ich mit Euch sprechen möchte. Lasst meinen Gehilfen frei, wie es verabredet war.«
    »Woher weiß ich, dass dieses Gold und die Diamanten nicht gestohlen sind?«
    »Ich würde Euch nicht raten, Spielchen mit mir zu treiben«, unterbrach Henri den Bürgermeister scharf. »Wir haben eine Abmachung, Maire Michel.«
    »In Ordnung, Roslin. Vielleicht könnten wir noch bessere Geschäfte abschließen…«
    »Schweigt! Mit dem Geld, das vor Euch liegt, könnt Ihr tun und lassen, was Ihr wollt. Allerdings nur, wenn mein Gehilfe auf der Stelle freikommt. Vorerst nehme ich die Tasche wieder an mich.«
    Der Bürgermeister zuckte zusammen. »Nicht doch, Roslin«, sagte er mit übertrieben sanfter Stimme. »Seid doch nicht so empfindlich. Ihr habt ja Recht! Wir wollen es so machen, wie es von Anfang an geplant war. Alles andere ergibt sich von allein.«
    Maire Michel lächelte schwach. Henri wusste, der Mann würde versuchen, ihn übers Ohr zu hauen.
    »Ich werde mich mit meinen Ratgebern in Verbindung setzen. Eure Tasche ist hier am sichersten aufgehoben.«
    Henri packte den Mann am Kragen: »Ihr entscheidet allein, und zwar sofort! Als Bürgermeister von Quimper seid Ihr niemandem Rechenschaft

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