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Treue in Zeiten Der Pest

Treue in Zeiten Der Pest

Titel: Treue in Zeiten Der Pest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Espen
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Dunkeln.
    »Weiter, weiter!«, drängte Henri. »Die Nacht dauert nicht ewig.«
    Sean und er zündeten noch weitere vier Barken an. Erst dann ertönte von einem Deck der Schrei: »Feuer! Es brennt!« Kurz darauf huschten mehrere Gestalten über den Hafen. Der Hafenmeister und zwei seiner Gehilfen versuchten zu löschen, was zu löschen war. Aber es war hoffnungslos. Die gesamte Reihe der Barken stand in Flammen, schon stürzten Mastbäume in sich zusammen, und Planken der Reling fielen von den Schiffskörpern ab.
    Ein immer größerer Strom von Ratten ergoss sich ins Wasser. Die restlichen Tiere, die es nicht mehr an Deck geschafft hatten, verbrannten. Ihre panischen Todesschreie erfüllten die Nacht.
     
     
    Auf dem Weg in die Stadt zurück kamen Sean und Henri einige Pferdekarren entgegen, an denen Warnzeichen befestigt waren. Die Zeichen bestanden aus weißen Lappen mit einem schräg stehenden, schwarzen Kreuz in der Mitte. Die Zugpferde trugen Scheuklappen, die Kutscher hatten Tücher über dem Kopf, die lediglich an der Stelle der Augen mit kleinen Schlitzen versehen waren. Als sie zur Seite traten, um den Tross vorbeizulassen, mussten Henri und Sean feststellen, dass auf jedem der sechs Karren mindestens ein Toter lag.
    »Die Seuche breitet sich aus«, sagte Henri leise. »Sie hat sich eine Weile zurückgehalten, aber jetzt macht sie Ernst. Es wird bald noch mehr Tote geben.«
    »Ich habe entsetzliche Angst um Angélique!«, stöhnte Sean. »Sie kann jede Stunde gesund werden und in jeder Stunde sterben. Wir können nichts dagegen tun«, entgegnete Henri.
    Im Viertel der Wollwirker und Tuchmacher roch es nach Schwefel und Chlordämpfen. Hier waren Gruben ausgehoben worden, in die weißer Kalk gestreut worden war. Und Reinigungsknechte waren dabei, weitere Gruben auszuheben. Die Männer arbeiteten hastig, ohne aufzuschauen.
    Bisher war es üblich gewesen, Verstorbene in oder um Kirchen herum zu begraben. Das war jetzt verboten. Man durfte sie auch nicht über Nacht in den Totenzimmern aufbahren. Sie mussten unmittelbar nach ihrem Ableben beerdigt werden. Wenn es einmal so weit gekommen ist, dass die Geistlichkeit die Betreuung der Sterbenden aufgibt, dachte Henri, ist es schlimm um uns bestellt. Denn ist geistlicher Beistand für uns nicht ebenso wichtig wie das Lindern der Schmerzen durch die Kunst der Ärzte? Wozu sollen Kranke die Nothelfer und Heiligen anrufen, wenn sie nicht mehr gehört werden?
    Auch die Sitte, dass ein Wohlhabender nur von Wohlhabenden zur letzten Ruhestätte begleitet werden durfte, schien längst vergessen. Selbst die Toten der Reichen wurden jetzt in der Nacht aus ihren Häusern gezerrt und anstandslos verscharrt. Die Pest machte alle gleich.
    Aber etwas Gutes war daran. Die Stadt schlief nicht mehr, sie war endlich erwacht und bereitete sich auf den Ansturm der Seuche vor.
    »Kann es sein«, fragte Sean leise, »dass die Seuche eine Art Abrechnung ist? Dass sie das Ende einer Herrschaft ankündigt? Oder die Ankunft eines Propheten? Geht jetzt eine Zeit zu Ende?«
    »Ich weiß es nicht. Ich muss oft an den Kometen denken, den wir im Süden gesehen haben. Als er abzog, war ich erleichtert. Aber vielleicht haben wir seine Botschaft nicht richtig verstanden. Vielleicht war er es, der das große Sterben ankündigte.«
    »Wie furchtbar, Herr Henri!«
    »Vielleicht durchleben wir gerade aber auch nur eine schlimme Zeit wie so viele andere, die ebenso wieder vorbeigeht wie die vergangenen. Die Stadt scheint jedenfalls begriffen zu haben, dass etwas getan werden muss. Daran, dass die Armen, die im Schmutz leben, wahrscheinlich zuerst sterben werden, denkt jedoch niemand, sie schützt keiner.«
    Jetzt waren die Feuerglocken zu hören, die zum Hafen riefen. Obwohl es verboten war, läuteten auch die Glocken der Kathedrale. Sean und Henri beeilten sich, weiterzukommen.
    »Ich habe gehört, dass zuerst die Leute sterben werden, die viel Fleisch essen«, sagte Sean atemlos vom schnellen Gehen. »Die Fleischnahrung geht nämlich in ihren Körpern schnell in Fäulnis über.«
    »Deshalb hängen an allen Gasthöfen inzwischen wohl diese Anschläge aus«, ergänzte Henri.
    »Ja. Man soll kein Geflügel essen, keine Wasservögel, keine Spanferkel und kein altes Ochsenfleisch, nur Fleisch von Tieren mit warmer und trockener Natur. Man empfiehlt Brühen mit gestoßenem Pfeffer, Zimt und Spezereien. Und trockene oder frische Früchte, die man zusammen mit Wein zu sich nehmen soll.«
    »All das kann

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