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Treue in Zeiten Der Pest

Treue in Zeiten Der Pest

Titel: Treue in Zeiten Der Pest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Espen
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haben, irgendetwas anderes zu tun. Jetzt sollen sie wieder die Sündenböcke sein. Weil sie Brunnen vergiftet und so die Seuche in die Stadt gebracht hätten.«
    »Einige Menschen behaupten auch, die Armen und die Aussätzigen hätten das getan«, entgegnete Uthman.
    »Aber die Armen und die Aussätzigen verfolgt man nicht. Man verfolgt die Juden. Seit dem vierten Laterankonzil hat man sie sogar oft genug mit der offiziellen Billigung des Heiligen Stuhls getötet.«
    »Glauben die Christen tatsächlich an die Schuld der Juden?«, fragte Uthman. »Oder sind das nur vorgeschobene Gründe?«
    »Das frage ich mich selbst. Man wirft ihnen die Ermordung Jesu vor, aber wer von den heute lebenden Juden ist daran beteiligt gewesen? Allein die Frage ist schon absurd. Sie weigerten sich, Christus als Messias anzuerkennen, sie lehnten seine neuen Lehren ab und hielten an ihren alten Gesetzen fest. Ihre Zerstreuung in alle Welt, die im Evangelium vorhergesagt wurde, sahen die Christen als Beweis für Gottes Absicht, die Juden zu bestrafen, weil sie sein Erlösungswerk nicht anerkennen.«
    »Aber sie waren das von Gott auserwählte Volk! Das Volk des Buches und der Schrift!«
    »Richtig! Zugegeben – man mag die Juden auch deshalb nicht, weil sie Geldgeschäfte betreiben. Aber ist das ein Grund, sie zu verfolgen? Außerdem zwingt man sie dazu, wie ich ja vorhin schon sagte, weil sie keine anderen Berufe ausüben dürfen. Die Handwerkerzünfte nehmen sie nicht auf, und öffentliche Ämter dürfen sie auch nicht bekleiden. Sie dürfen nur Geld verleihen und verzinsen, was uns Christen wiederum untersagt ist. Es gilt bei uns als unehrenhaft – allein das ist schon ein guter Vorwand, um Juden, die Geld verleihen, zu bekämpfen.«
    »Ihr Templer habt doch jederzeit Geld verzinst und verliehen.«
    »Ja, aber du siehst auch, was aus uns geworden ist. Besser als mit den Juden ist man mit uns schließlich auch nicht umgegangen.«
    »Ich verstehe deinen Unmut«, sagte Uthman. »Aber du solltest aufpassen, wo du ihn kundtust. Die meisten Leute reagieren hier sehr empfindlich, wenn jemand die Juden verteidigt oder die so genannten Heiden, besonders jetzt. Das weißt du selbst.«
    »Ich weiß. Aber was sollen wir tun? Ich bin verzweifelt. Sie haben Joshua in ihrer Gewalt. Wie könnte ich da ruhig bleiben?«
    »Wir werden ihn befreien, wie wir es von Anfang an geplant haben. Er lebt, und wir holen ihn aus seinem Gefängnis heraus, glaube mir.«
    »Wir wissen ja noch nicht mal, wo er ist. Und der Bürgermeister treibt ein schändliches Spiel. Einerseits hat er es nur auf Geld abgesehen, das er von mir heute sofort hätte bekommen können, andererseits hält er mich hin. Ich wäre nicht verwundert, wenn er irgendwie versucht, die Summe, die ich ihm zu geben bereit war, zu erhöhen, oder wenn er sogar herauszufinden sucht, wo der Rest des Schatzes versteckt ist.«
    »In diesem Fall wärst auch du in Gefahr! Maire Michel könnte auch dich einkerkern lassen, um aus dir herauszupressen, wo der Schatz versteckt ist!«
    »Das wird er nicht wagen!«
    »Du hast auch nicht geglaubt, dass er es wagen würde, Joshua zu verhaften. Und er hat es trotzdem getan.«
    »Das ist wahr. Aber weiter wird er nicht gehen. Der Bürgermeister weiß, dass er von mir nicht das Geringste erfahren würde.«
    »Unter der Folter? Du weißt, welche Möglichkeiten er hat.«
    »Ich stand schon unter der Folter, Uthman! Und du auch! Wir wissen beide, dass Schmerzen unerträglich sein können, aber dass der Hass noch größer ist.«
    »Das stimmt, aber dennoch, ich mache mir Sorgen. Lass uns jedoch nicht streiten. Sage mir lieber, was du nun vorhast.«
    »Ich biete dem Bürgermeister noch mehr Geld an. Wenn es sein muss, alles, was ich hier im Norden versteckt habe. Ich will Joshua unversehrt und lebend Wiedersehen!«
    »Befreien wir ihn doch in einem Handstreich aus den Händen dieser Schergen! Hast du diesen Plan inzwischen völlig aufgegeben?«
    »Das ist mir zu gefährlich. Und außerdem sagte ich ja bereits, dass wir gar nicht wissen, wo Joshua sich zurzeit befindet. Bis wir das herausgefunden haben, kann es längst zu spät sein.«
    »Du gehst also noch einmal ins Rathaus?«
    »Unbedingt.«
    »Soll ich dich begleiten?«
    »Das würde die Verstocktheit des Bürgermeisters nicht lösen und Joshuas Chancen nicht erhöhen. Nein, ich gehe wieder allein zu ihm. Er muss begreifen, dass es mir ernst ist.«
    »Allah sei mit dir!«
    Die Baustelle auf dem Vorplatz der Kathedrale von

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