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Treue in Zeiten Der Pest

Treue in Zeiten Der Pest

Titel: Treue in Zeiten Der Pest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Espen
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Zimmer, die er und die Freunde im Gasthof gemietet hatten, mit Kräutern auszulegen. Er musste nur darauf achten, dass die Ratten sie nicht fraßen, die wieder in großen Mengen aufgetaucht waren.
     
     
    Sean blickte voller Mitleid auf die ausgezehrte Gestalt, die vor ihm auf dem Krankenbett lag. Er erinnerte sich daran, wie Angélique früher ausgesehen hatte. Mit roten Wangen, strahlenden Augen und widerspenstigem Haar. Jetzt lag sie schwach und bleich in den Kissen und war nur noch Haut und Knochen. Sie besaß kaum noch Ähnlichkeit mit dem Abbild, das er auf dem Tuch, das der Buchmaler bemalt hatte, stets mit sich trug.
    Plötzlich durchfuhr Sean ein grausamer Gedanke: Er musste sich von Angélique trennen! Sie würde sterben! Und selbst wenn nicht, musste man die Kranke isolieren. Das Haus des Buchmalers war ein Pesthaus! Und der Medicus hatte die Pflicht, die Behörden davon in Kenntnis zu setzen.
    Sean kniete an Angéliques Lager nieder. Monacis machte sich auf der anderen Seite zu schaffen. Ein weiterer Knoten an ihrem Hals war hinzugekommen. Aber daraus wurden keine Beulen, wie Sean sie am Hals von Andres im Gerber- und Färberviertel gesehen hatte. Und auch die Leisten waren frei von Beulen.
    Monacis war unschlüssig. Er sah, wie flehentlich Sean an seinen Lippen hing. Er wagte nicht, ein Todesurteil über seine Liebste zu fällen. Sean hatte sich offenbar nicht angesteckt, sodass es sich bei ihrer Krankheit durchaus nicht um die Pest handeln musste.
    »Zu welchem Urteil ist Magister Priziac gekommen, der die Kranke vor mir untersucht hat?«, fragte er schließlich.
    Sean, der ganz in Gedanken versunken war, fuhr erschrocken zusammen.
    »Er hat sie zur Ader gelassen.«
    »Nun, das kann nicht schaden. Wie lange liegt sie schon in diesem Zustand?«
    »Eine gute Woche.«
    »Sie ist sehr schwach, sie wirkt geradezu wie ein Gespenst. Isst und trinkt sie ausreichend?«
    »Kaum. Sie kann nichts bei sich behalten.«
    »Ich weiß nicht, ob sie von der Seuche befallen ist. Es kann auch eine andere Krankheit sein. Zurzeit erklärt man rasch alles mit der Pest. Daneben existieren aber weiterhin die Krankheiten, die uns auch sonst plagen. Deine Liebste kann also auch an einer Lungenkrankheit leiden, oder ein inneres Organ hat versagt. Immerhin hat sie Fieber, das deutet auf einen Krankheitsherd hin, den der Körper intensiv bekämpft. Ich bin unschlüssig…«
    »Lasst sie bitte nicht ins Pestspital einweisen! Dort stirbt sie gewiss! Ich glaube, selbst wenn sie mich jetzt nicht sieht, so spürt sie doch, dass ich bei ihr bin. Und das hält sie am Leben. Umgeben von anderen Kranken, würde sie sterben.«
    »Das ist eine Theorie, der ich nicht folgen kann. Aber sie könnte vielleicht zutreffen. Treue ist in Zeiten der allgemeinen Lieblosigkeit eine nicht zu unterschätzende Medizin.«
    »Ich will jeden Tag bei ihr sein. Und ich pflege sie, bis sie wieder gesund wird.«
    »Nun gut, dann lassen wir deine Freundin, wo sie ist. Der Hausbesorger soll ihr eine Suppe kochen. Sie muss etwas zu sich nehmen. Im Moment schläft sie, auch das ist ein gutes Zeichen. Lassen wir sie in Ruhe.«
    Sean erhob sich, um den Medicus zu begleiten. Beim Verlassen des Raums fiel sein Blick noch einmal auf das Pestbild von Jean-François, das dem Bett gegenüberhing. Von diesem Bild geht wirklich ein Zauber aus, dachte Sean. Angélique wäre wohl längst gestorben, wenn sie es nicht hin und wieder anblicken konnte. Ob es sie allerdings wieder ganz gesund machen würde, bezweifelte Sean.
    Sean und Monacis trugen André auf, eine kräftigende Fleischbrühe für Angélique zu kochen. Man sollte der Kranken stündlich ein paar Löffel davon einflößen. André versprach, dies zu tun, und seine Frau lief sofort zum Markt, um gute Suppenknochen zu kaufen, die in diesen Tagen allerdings nicht leicht zu bekommen waren.
    Sean und Monacis verließen das Haus des Buchmalers wieder. Seans Herz war so schwer, dass er befürchtete, es würde ihm wie ein Stein aus dem Leib rutschen. Erst als er wieder auf dem Pferd saß und die Wärme der Sonne spürte, wurde ihm leichter. Bald erreichten sie die Wohnstatt des nächsten Erkrankten. Diesmal handelte es sich um eine junge Frau.
    Sean bekam Gelegenheit, die Krankheitssymptome zu vergleichen. Anders als bei Angélique waren die Pestsymptome dieser jungen Frau offensichtlich. Ihr Mund war verklebt von kleinen Bläschen, ebenso ihre Augen, die sie nicht öffnen konnte. Auf ihrem Kopf bildeten sich Geschwüre, und

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