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Treuepunkte

Treuepunkte

Titel: Treuepunkte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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Ich rücke es schnell wieder gerade und sehe dann das Schild. Kinderstuhl – Installation von Boris Heizner. Ich glaube, gleich fliege ich hier raus. Wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses. Erst beleidige ich Künstler Nummer eins und dann zerstörte ich noch ein Kunstwerk von Nummer zwei. Sabine scheint mir anzusehen, dass es wirklich besser ist zu gehen. Sie schreibt dem Ziegenbart noch ihre Telefonnummer auf und dann verlassen wir die Galerie. Philipp, mein Künstler, ruft mir sogar noch »Tschüs« hinterher. Hat der vielleicht Humor? Weiß er vielleicht sogar selbst, welchen Käse er da macht? Egal – ich will nur noch weg.
    Bis zum Auto schwärmt Sabine ein bisschen vom Ziegenbart. Ben heißt er und arbeitet als Lektor in einem Verlag. »Meine Güte, so gebildet, unglaublich. Und dabei so nett. Wir werden uns wiedersehen.« Immerhin – zumindest für eine von uns war der Ausflug ein Erfolg. Ich hingegen habe mich so gut wie möglich blamiert. Ist das etwa die Strafe für mein häusliches Fehlverhalten? Selbst meine Pumps drücken. So als wäre alles – sogar meine Schuhe – dagegen, dass ich mich amüsiere. »Ich glaube, ich will am liebsten heim, außerdem habe ich einen Mörder-Hunger«, sage ich zu Sabine und sie sieht sehr enttäuscht aus. »Jetzt schon? Ach, Andrea, auf keinen Fall. Lass uns zu mir fahren und wenigstens noch ein bisschen chatten. Bitte. Ich hab mich so auf heute Abend gefreut und jetzt musste ich schon wegen dir einen super Typen stehen lassen. Das bist du mir schuldig.« Sie hat nicht
ganz Unrecht, aber wohl schon verdrängt, dass sie es war, die dieses vermeintliche Kinderstühlchen, sprich die Skulptur, umgeschmissen hat. Der Abend kann an sich eigentlich nur noch besser werden. Ich willige ein, vor allem weil Sabine verspricht, etwas zu essen zu zaubern.
     
    Wir fahren zu ihr nach Hause. Sie wohnt in der Stadt, da wo Singles eben so wohnen. In Sachsenhausen. Umso netter von ihr, dass sie mich extra abgeholt hat. Raus aus der Stadt und wieder rein. Allerdings bin ich so auch ein wenig abhängig von ihr. »Du wirst sehen, chatten ist puppenlustig. Ich habe da einen kennen gelernt, der echt einen guten Eindruck macht«, freut sie sich. Sabine ist leicht entflammbar. Schnell brennbares Material sozusagen. Eine Art Polyester des Kennenlernens, ich hingegen bin eher Typ Baumwolle. Sie kann sich für Männer begeistern, auf die ich nicht mal einen zweiten Blick werfen würde. Außerdem hat sie die Theorie, dass die eher unscheinbaren Typen so richtig dankbar sind, wenn man sie schlussendlich erhört. Das mag schon sein, aber Dankbarkeit allein ist ja nun nicht alles.
    Wir fahren über den Main. Sachsenhausen ist ein schöner Stadtteil, wie ich finde, der schönste in Frankfurt. Sollte ich je wieder allein stehend sein, würde ich dort wohnen wollen. Es gibt viele Apfelweinkneipen, Cafés und eine richtige, eigene Einkaufsstraße. Man kann in Sachsenhausen alles besorgen, ohne in die Innenstadt zu müssen. Sabine hat eine kleine Altbauwohnung im vierten Stock mit einem winzigen Balkon.
    Kaum haben wir uns hochgeschleppt (beide barfuß mit den Pumps in der Hand) schaltet sie den Computer
ein. Nach wenigen Minuten keucht sie: »Er ist da. Er ist online. Komm her. Lass endlich deine Haare in Frieden.« Ich bin, in Sabines Wohnung angekommen, erst einmal ins Bad gerannt, um meine Kopfmisere zu begutachten. Und ich bin überrascht: Das Luftgetrocknete da auf meinem Kopf sieht wesentlich besser aus als gedacht. Gut, nicht unbedingt wie nach dem Friseurbesuch, aber doch annähernd passabel. Und das ohne jegliches Föhnen und Sprayen. Vielleicht ist das das Geheimnis. Ich widme meinen Haaren zuviel Aufmerksamkeit. Ich muss sie einfach in Ruhe lassen. Ich bin sofort wesentlich besser gelaunt. Wenn dieser Abend auch sonst bisher kein Highlight war, immerhin hat er mir diese Erkenntnis beschert und das ist doch was. Außerdem habe ich heute gelernt, dass man auf Vernissagen sein Handy ausmacht und niemandem, von dem man nicht ganz genau weiß, wer er ist, seine wahren Ansichten mitteilt.
     
    »Da ist er«, schreit Sabine aufgeregt, als hätte sie eine Erscheinung, und ich ziehe mir einen zweiten Stuhl vor den PC . »Hallo, meine Schöne«, steht da auf dem Bildschirm, »endlich bist Du da. Ich habe schon sehnsüchtig gewartet.« Was ist denn das für einer? Ein schleimiger Hobbylyriker? »Ist der nicht süß?«, fragt Sabine und guckt mich erwartungsvoll an. Soll ich jetzt einen Kerl anhand von

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