Treuetest - Brody, J: Treuetest - The Fidelity Files
nach Drogendeal aussieht. Aber nach dem verbliebenen Stapel Banknoten in Mrs. Millers Umschlag zu urteilen, wäre sie durchaus in der Lage gewesen, weit mehr als das Dreifache meines üblichen Honorars zu berappen. Wer hat so viel Bargeld zu Hause herumliegen?
Allmählich fragte ich mich, ob Mr. Millers letzter Job, den ich auf keinen Fall erwähnen sollte, vielleicht zufällig mit dem Ablegen von Kleidungsstücken oder dem Einschleusen illegaler Immigranten zu tun hatte.
Als ich das Geldbündel entgegennahm, konnte ich mich des Eindruckes nicht erwehren, ein unmoralisches Geschäft getätigt zu haben. Als würde ich mein Honorar dafür kassieren, dass ich ein schmutziges Geheimnis kannte – und für mich behielt. Kein gutes Gefühl.
Ich versuchte, es abzuschütteln. Zugegeben, Sarah Miller war etwas sonderbar, aber wenn sie es vorzog, mich bar zu entlohnen, dann musste ich das respektieren.
Trotzdem war ich erleichtert, als ich einige Minuten später meine Siebensachen eingesammelt und diesem rätselhaften Stepford/Twilight-Zone -Heim den Rücken gekehrt hatte.
Ich setzte mich in meinen Wagen und lehnte erschöpft den Kopf an die Nackenstütze. Endlich ging dieser lange Tag zu Ende. Doch während ich dem gewundenen Weg durch den Canyon und später den vertrauten, schnurgeraden Straßen von Westside Los Angeles folgte, wurde mir zunehmend klar, dass mein Arbeitstag damit zwar offiziell vorüber war, aber meine Probleme sich deshalb nicht einfach in Luft auflösen würden.
Der Gedanke an meine leere Wohnung, an die vorwurfsvolle Stille, die mir dort entgegenschlagen würde, kam mir schier unerträglich vor. Ich fuhr nicht nach Hause. Es gab nur einen Menschen, den ich jetzt sehen wollte.
»Hey, Jen. Was für eine nette Überraschung.« Sophie begrüßte mich in Schlabberjeans und T-Shirt. »Was ist denn los?«, fragte sie, als ihr meine bekümmerte Miene auffiel.
»Wie viel Zeit hast du?« Ich war auf einmal sehr froh darüber, dass meine beste Freundin eingeweiht war, denn auf diese Weise hatte ich die Gelegenheit über etwas sprechen, über das ich noch nie in meinem Leben hatte sprechen können.
Sie sah auf die Uhr und zuckte die Schultern. »So viel du willst.«
Ich trat ein, ließ meine Tasche auf das Beistelltischchen fallen und sank mit einem verzweifelten Seufzer auf die Couch.
»Gut. Weil zur Abwechslung nämlich ich eine Sitzung brauche. Und ich wage, zu bezweifeln, dass mein Problem in irgendeinem schlauen Buch zu finden ist.«
20
Flugzeuge... nicht nur im Bauch
»Du liebe Zeit.« Nachdem ich ihr die grauenhaften Details meines Besuchs bei Raymond Jacobs geschildert hatte, saß Sophie noch eine ganze Weile reglos da.
»Und, was hast du gesagt?«, wollte sie schließlich so gespannt wissen, als würde sie das Episodenfinale von 24 gucken. Was bei der Fülle an Dramen, die sich derzeit in meinem Leben ereigneten, gar nicht so weither geholt war.
Ich sah auf den Boden, wo Sophies Katze Pollo mit einem Faden spielte, der an einem Stab befestigt war. »Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich war wie vor den Kopf gestoßen. Er weiß, wer meine Mutter ist, er weiß, wo sie wohnt und was sie so treibt. Wenn ich nicht tue, was er von mir verlangt, dann wird er dafür sorgen, dass sie...« – ich schluckte – »... alles herausfindet«, schloss ich leise. Schon bei dem Gedanken wurde mir übel.
»Also du hast es nicht getan?«, hakte sie nach.
»Nein, natürlich nicht!« Ich holte tief Luft. »Noch nicht.«
»Jen!«
»Was soll ich denn sonst tun?«
»Hat er dir ein Ultimatum gestellt?«
Ich starrte resigniert geradeaus. »So was in der Art. Er
meinte, ich solle es mir durch den Kopf gehen lassen.« Ich schauderte. »Schon die Vorstellung ist einfach gruslig.«
»Hat er vor, solange die Webseite sperren zu lassen?«
Ich schüttelte den Kopf. »Das glaube ich kaum.«
»Und bis wann musst du dich entscheiden?«
»Bis in zwei Wochen.« Ich schloss die Augen.
»Und was dann? Dann zerstörst du dich selbst, oder wie?«, scherzte sie.
»Dann werde ich wohl ein größeres Boot brauchen«, sagte ich wie Richard Dreyfuss, als er im Film zum ersten Mal den weißen Hai erblickt.
Sophie nickte zustimmend.
»Ich muss mir schon vorher etwas einfallen lassen, sonst kommt womöglich jemand dahinter. Jamie zum Beispiel. Oder schlimmer noch … meine Mutter! Wenn seine Lakaien herausgefunden haben, wo sie wohnt, ist es bestimmt auch kein Problem für sie, ihre E-Mailadresse
Weitere Kostenlose Bücher