Treuetest - Brody, J: Treuetest - The Fidelity Files
Satinvorhänge lachte.
Auf derart nahrhafte Weise gestärkt, war ich dann bereit für die Welt da draußen.
Es war ein herrlicher Tag, und er war im Begriff, noch besser zu werden, denn in ein paar Stunden würde ich mich
auf den langen, kurvenreichen Weg zu Mrs. Miller machen, um ihr die erfreuliche Nachricht persönlich zu übermitteln. Wenn es etwas noch Schöneres gibt als einen bestandenen Test, dann das Treffen mit der zweifelnden Ehefrau, bei dem ich ihr das erfreuliche Resultat mitteilen konnte.
Was ehrlich gesagt – leider – noch nicht allzu oft vorgekommen ist.
Nur ganze neun Mal, genau genommen.
Ich weiß, das klingt erbärmlich. Geradezu niederschmetternd. Neun von insgesamt etwa zweihundert Testpersonen, das sind vier Komma fünf Prozent. In der Tat eine deprimierende Statistik. Man darf allerdings eines nicht vergessen – und das rufe ich mir immer wieder in Erinnerung, damit ich mich nicht irgendwann vor Verzweiflung auf der 405 vor einen LKW werfe: Diese zweihundert sind keine repräsentative Gruppe. Sie zählen nicht zu den Ehemännern, Freunden und Verlobten von ganz normalen Frauen, die in einer funktionierenden Beziehung leben. Sie sind die Kandidaten, deren Gattinnen einen guten Grund haben, sie zu verdächtigen. Und wenn man auf die Intuition dieser Frauen vertrauen will, dann steht quasi bei einem Großteil meiner Testobjekte das Ergebnis von vornherein fest.
Ich behaupte nicht, fünfundneunzig Prozent aller Männer würden fremdgehen, wenn sich ihnen die Möglichkeit dazu böte. Vielmehr behaupte ich, fünfundneunzig Prozent aller Frauen liegen richtig, wenn sie das Gefühl beschleicht, ihr Mann wäre imstande, sie zu betrügen.
Genau deshalb tue ich, was ich tue. Zumindest fing es so an. Ich will diesen Frauen die Chance bieten, ihre Zweifel auszuräumen.
Doch heute war alles anders. Wenn es irgendeinen Verdacht gibt, den man als Frau gern zerstreut sehen möchte, dann doch wohl diesen. Der Augenblick, in dem ich Sarah
Miller über das Testresultat informieren konnte, würde für mich zweifellos das Highlight der Woche sein – und für sie hoffentlich das Highlight des Jahrhunderts.
Nicht einmal der für Freitagabend anberaumte Test von Sophies Verlobtem konnte meine Laune jetzt noch trüben. Ich wusste gar nicht mehr, warum ich mich so dagegen gesträubt hatte. Er würde selbstverständlich mit Bravour bestehen.
Dieser Auftrag war eine Kleinigkeit. Eric würde mich keines Blickes würdigen. Wozu auch? Zu Hause wartete eine umwerfende, aufregende, süße, intelligente Freundin auf ihn. Was sollte er da mit mir?
Dann kam mir ein verstörender Gedanke. Ich kaute langsamer, bedächtig schmatzend wie eine Kuh.
Und was, wenn er durchfiel?
Wenn er den Köder schluckte? Wenn er mit mir flirtete, mir Drinks spendierte, mir ins Dekolleté schielte? Wenn er mich küsste, den Reißverschluss meines Kleides öffnete und meine …
Auf einmal war mir übel. Ich knallte die Schüssel auf den Sofatisch.
Eric war Sophies große Liebe. Und ich wollte mich an ihn heranmachen, ausgestattet mit einem tief ausgeschnittenen Top und einem atemberaubenden Augen-Make-up?
Hatte ich den Verstand verloren?
Was für eine Freundin tut denn so was?
Ich griff zum Telefon und wählte Sophies Nummer, Zahl für Zahl. Die Nummer war zwar eingespeichert, aber es fühlte sich dramatischer an, die einzelnen Tasten zu drücken. Proaktiver.
Sie ging nach dem ersten Klingeln ran. »Hi! Was gibt’s?«
»Bist du sicher, dass du das mit Eric wirklich durchziehen willst?«, fragte ich beiläufig, als wäre der Anruf am Dienstag vor dem Test ein Service, den ich all meinen Auftraggeberinnen
angedeihen lasse. Als gehörte es zum Prozedere sicherzustellen, dass sie es auch wirklich ernst meinen, ehe ich mich als Wolf im Schafspelz auf die Weide schleiche.
Sophie schnaubte entnervt in den Hörer. Es klang wie Darth Vader aus Star Wars . »Das haben wir doch schon alles durchgekaut, Jen. Ich brauche Gewissheit .«
»Die kann ich dir auch so verschaffen.« Sie durfte mir meine Verzweiflung auf keinen Fall anmerken. »Er wird mich abblitzen lassen, glaub mir. Du könntest dir diese Quälerei echt ersparen.«
Und mir auch, dachte ich.
»Na, wenn du dir so sicher bist, sollte der Test ja keine große Sache sein«, sagte sie mit nicht zu widerlegender Logik.
Mist. Ich hasse es, wenn sie mir mit Logik kommt.
»Meinst du nicht, wenn er mich kennenlernt, nachdem er den Test bestanden hat, wird es ihm verdächtig
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