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Treuetest - Brody, J: Treuetest - The Fidelity Files

Treuetest - Brody, J: Treuetest - The Fidelity Files

Titel: Treuetest - Brody, J: Treuetest - The Fidelity Files Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Brody
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Pferdeschwanz zusammen und musterte mein Gegenüber prüfend.
    Irgendetwas fehlte. Vielleicht die Mascara?
    Ich betrachtete meine Wimpern aus der Nähe. Nein. Tiefschwarz wie immer umrahmten sie meine grünen Augen. Vielleicht war ich bloß müde von der Reise. Außerdem hatte ich gestern nicht besonders gut geschlafen.
    Ich lächelte meinem Spiegelbild aufmunternd zu und machte mich auf den Weg, nicht ohne zuvor noch einen sehnsüchtigen Blick in mein blitzblankes Wohnzimmer zu werfen.
    So sehr ich Geschäftsreisen auch liebe, es ist zu schade, dass ich nicht mehr Zeit in meinem traumhaften Zuhause verbringen kann.
    Ich fuhr den Wilshire Boulevard entlang bis zurück zur Interstate 405 und machte mich auf den langen Weg nach Newport Beach im Herzen von O.C. California (wohlbekannt aus der gleichnamigen Fernsehserie). Das Haus, in
dem Anne Jacobs wohnte, hätte durchaus als Drehort dafür dienen können – eine Villa mit riesigem Garten und einem glitzernden Pool, dessen hinterer Beckenrand mit dem Blau des Meeres am Horizont verschmolz.
    Anne war schon meine dritte Kundin aus Newport Beach in diesem Monat. Allem Anschein nach verbreiteten sich Neuigkeiten hier besonders rasch, vor allem unter den Hausfrauen, die den ganzen Tag im örtlichen Wellnesstempel verbrachten und Tratsch und Klatsch austauschten – und die Nummer einer gewissen Ashlyn.
    Dabei verlange ich für meine Dienste ein fürstliches Honorar. Schon erstaunlich, wie tief manche Menschen in die Tasche greifen, um die Wahrheit zu erfahren. Tja, in meinen Augen ist für die Wahrheit kein Preis zu hoch, und ich bin offenbar nicht die Einzige, die so denkt.
    Meine Klienten berappen auch sämtliche anfallende Spesen: Flüge, Hotelzimmer, Taxis, Mahlzeiten – was auch immer vonnöten ist, um ihnen die gewünschte Information zu beschaffen. Und da Geld normalerweise kein Thema ist, dürfte es auch nicht weiter überraschen, dass die meisten meiner Auftraggeberinnen in Häusern leben, die andernorts als Hotel durchgehen würden.
    Es ist heutzutage schwierig, seinen Seelenfrieden zu finden. So schwierig, dass die meisten Menschen bereit sind, dafür zu bezahlen. Diesem Umstand verdanke ich meinen Job.
    Ich bog in die Straße ein, in der Anne Jacobs wohnte, folgte ihr bis zum Ende und parkte in der langen, gepflasterten Auffahrt.
    Da lag sie, die Villa, in all ihrer Pracht.
    Sie sah noch genauso pompös aus wie bei meinem ersten Besuch vor einer Woche, als mir Mrs. Jacobs den Auftrag erteilt hatte, aber irgendwie schien sie ein wenig von ihrem Glanz eingebüßt zu haben.

    Fast alle meine Klientinnen wohnen in solchen Traumhäusern. Doch inzwischen weiß ich, dass die Häuser bloß eine Fassade sind. Eine Maske. Designermöbel und Marmorarbeitsflächen mögen den Besucher beeindrucken, doch die Beziehungen, die sich dahinter verbergen, können kaum je mit dem schönen Schein mithalten. Schade eigentlich. Wie gern würden wir glauben, dass jede dieser unvorstellbar teuren Villen erfüllt ist von Liebe, Glück, Vertrauen. Leider ist das nur höchst selten der Fall.
    Wenn ich auf der Bildfläche erscheine, fällt die Fassade meist in sich zusammen.
    »Mrs. Jacobs«, begann ich sanft, nachdem wir wie schon beim ersten Zusammentreffen in ihrem Wohnzimmer Platz genommen hatten. »Sind wir allein?«
    »Ja«, versicherte sie mir. »Die Kinder sind in der Schule.«
    Diesbezüglich kenne ich kein Pardon. Kinder sind von der gesamten Prozedur strengstens ausgeschlossen. Nicht etwa, weil ich sie nicht mögen würde, sondern vielmehr zu ihrem eigenen Schutz. Wahrheit hin oder her, die Kindheit sollte eine Zeit seliger Unwissenheit sein. Ohne Ausnahme. Kinder sollten nie mit den Problemen erwachsener Menschen belastet werden, schon gar nicht mit denen ihrer Eltern. Sie haben es heutzutage weiß Gott schon schwer genug, bei allem was sie so mitbekommen und erleben. Ich will nicht dafür verantwortlich sein, dass einem von ihnen die kindliche Unschuld abhandenkommt.
    »Gut«, sagte ich.
    Sie nickte angespannt. Anne Jacobs war eine attraktive Frau, zierlich und offenbar recht gut in Form. Ihre Fältchen zeugten von unzähligen Elternabenden, Chauffeurdiensten und langen Nächten, in denen sie auf ihren Mann gewartet hatte. Die Angst stand ihr deutlich ins Gesicht geschrieben. Sie tat mir leid. Sehr sogar. Eine Frau in ihrer Situation
ist nie zu beneiden. Aber sie hatte bereits den ersten, den schwierigsten Schritt in die richtige Richtung gemacht, indem sie mich angerufen

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