Treuetest - Brody, J: Treuetest - The Fidelity Files
klassischen Typ – weiß, blond, blauäugig. Für Asiatinnen hatte er nie sonderlich viel übrig, aber ich schätze, er hat kürzlich irgendeinen Film mit einer asiatischen Schönheit gesehen, Memoirs of a Geisha oder so, und da fragte er sich plötzlich, warum ihm dieser Frauentyp noch nie aufgefallen ist. Also hat er beschlossen, sein Glück künftig bei Asiatinnen zu versuchen, teils, weil er sie attraktiv findet, teils, weil er bei den klassischen Blondinen keine Chance hat. Er geht mindestens zweimal pro Woche in eine Bar, um Frauen aufzureißen, ist aber meist ziemlich erfolglos, weil er keine Ahnung hat, wie man das anstellt. Seine
Strategie ist, sie zu beeindrucken, dabei wirkt er allerdings entweder zu ängstlich oder zu überheblich.«
So. Ich lehnte mich selbstbewusst zurück. Ich wusste, dass ich richtig lag. Blieb nur zu hoffen, dass ich auch Sophie überzeugt hatte.
Sie starrte mich mit offenem Mund an. »Sag mal, hast du einen Kurs belegt?«, erkundigte sie sich vorsichtig, als hätte sie es mit einer Wahnsinnigen zu tun, die Leute in Stücke hackt und zu Pasteten verarbeitet, wenn sie sie in Rage bringen.
Ich nippte an meinem Chocolate-Mint-Martini und wich ihrem Blick aus. »Nein... Ich bin mit der Zeit einfach immer besser geworden. So wie Männer mit den Jahren kahler werden.«
Sophie starrte zur Bar, wo unser Forschungsobjekt mittlerweile etwas verloren herumstand, nachdem die Asiatin ihm den prophezeiten Korb gegeben und das Weite gesucht hatte. »Und woher soll ich wissen, dass du recht hast?«
Ich erhob mich. Ich hatte nichts zu verlieren – außer meiner Freundin, falls mein Plan fehlschlug. »Ich werd es dir beweisen.«
Sie verfolgte skeptisch, wie ich zur Bar ging, dem Mann auf die Schulter tippte, mich vorstellte und ihn höflich lächelnd bat, uns Gesellschaft zu leisten. Er folgte mir bereitwillig. Sophie beobachtete uns mit einem Blick, der darauf schließen ließ, dass sie ernsthaft an meiner Zurechnungsfähigkeit zweifelte.
Vor unserem Tisch blieb ich stehen und sagte: »Sophie, das ist Brad. Brad, darf ich vorstellen: meine Freundin Sophie.« Die beiden schüttelten einander die Hand.
»Wir würden Sie gern etwas fragen, Brad. Uns interessiert einfach die Meinung eines Mannes zu diesem Thema.«
Er blickte etwas verunsichert von Sophie zu mir, war aber sichtlich nicht abgeneigt, mit zwei hübschen Frauen zu plaudern,
die ihn aus unerfindlichen Gründen dazu auserwählt hatten, ihre Neugier zu stillen.
»Nur zu«, willigte er, wenn auch etwas argwöhnisch, ein.
»Großartig!«, rief ich und drückte seinen Arm. »Also, wir haben beobachtet, wie Sie sich vorhin mit dieser bildschönen Asiatin an der Theke unterhalten haben, und da haben wir uns gefragt, was Männer an Asiatinnen so toll finden. Liegt es an ihrem exotischen Aussehen oder...« Ich verstummte, wohlwissend, dass er mich ohnehin gleich unterbrechen würde.
»Also, ehrlich gesagt...« Wer sagt’s denn.
»Ja?«
»... bin ich diesbezüglich wohl nicht der richtige Ansprechpartner. Ich bin erst kürzlich auf den Trichter gekommen, und ich weiß nicht, wie lange meine Begeisterung anhalten wird, nachdem ich gerade so beinhart abgeblitzt bin.« Er gluckste, um seine Enttäuschung über die erlittene Kränkung zu kaschieren.
Ich bedachte Sophie mit einem vielsagenden Blick und wandte mich dann wieder unserem ahnungslosen Versuchskaninchen zu. »Ach, wirklich? Und wie sind Sie ›auf den Trichter gekommen‹?«
Er nahm seinen Drink in die andere Hand. »Tja, ich habe neulich House of Flying Daggers geguckt und...«
Ich schnappte nach Luft und legte ihm die Hand auf den Arm. »Ist Ziyi Zhang nicht einfach atemberaubend?«
Sophie musterte mich misstrauisch. Brad stieß ein ekstatisches Stöhnen hervor. »Ja! Sie ist... unglaublich. Ich wage kaum, es zuzugeben, aber erst heute hab ich mir über Netflix Memoirs of a Geisha bestellt.«
Sophie schüttelte verblüfft den Kopf.
»Im Grunde stehe ich gar nicht besonders auf solche Filme«, fuhr Brad fort, »aber...«
»Okay, das war eigentlich schon alles, was wir wissen wollten«,
unterbrach ich ihn brüsk und klopfte ihm zum Abschied auf den Rücken, ehe ich wieder gegenüber von Sophie Platz nahm. »Vielen Dank für Ihre Hilfe.«
Er starrte uns fragend an, machte den Mund auf, klappte ihn aber gleich wieder zu. Wahrscheinlich war er zu dem Schluss gekommen, dass er es lieber gar nicht so genau wissen wollte – und vermutlich ohnehin nicht kapieren würde. Er
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