Treuetest - Brody, J: Treuetest - The Fidelity Files
Männer sind Betrüger.«
»Das sagst ausgerechnet du ?«, explodierte ich und entzog ihr meine Hand.
»Na, wenigstens habe ich den Männern eine Chance gegeben!«, konterte sie überraschend laut. »Ich war immerhin bereit, ein Risiko einzugehen und mich anderen Menschen zu öffnen.«
»Ja, ganz recht. Deine Risikobereitschaft geht sogar so weit, dass du jemanden engagieren musst, um dir zu beweisen, wie risikofreudig du bist!«
Damit waren Zoë und John offiziell aus der Unterhaltung ausgeschieden. Ich registrierte aus dem Augenwinkel, wie die beiden zwischen Sophie und mir hin und her sahen, als würden sie aus nächster Nähe ein Tennismatch verfolgen. Inzwischen
war ihnen aufgegangen, dass sie etwas verpasst hatten. Was ihnen wohl auch ganz recht war, denn auf diese Weise konnten sie wenigstens nicht zwischen die Fronten geraten.
»Und was ist mit dir?«, rief Sophie. »Ich kann mich gar nicht erinnern, wann du zuletzt einen Mann geküsst hast, geschweige denn...«
Von wegen. Ich stöhnte und biss mir auf die Zunge. Ich konnte Andrew Thompsons Berührungen noch förmlich spüren, sehr zu meinem Missfallen.
Sophie senkte die Stimme. »Wovor hast du solche Angst, Jen?«
» Du bist hier doch diejenige, die Angst hat«, murmelte ich verhalten.
»Was auch immer es ist, es hindert dich am Glücklichsein.«
Wieder wallten Zorn und Groll und Frust in meinem Inneren auf. Das Schlimmste war, ich konnte mir noch nicht einmal einen Bruchteil dessen, was ich gern losgeworden wäre, von der Seele reden. »Woher willst du wissen, was mich glücklich macht?«, knurrte ich. Zum Glück dämpfte die dröhnende Hintergrundmusik meinen übertrieben feindseligen Tonfall etwas. »Nur, weil ein Diamant an meinem Ringfinger nicht mein erklärtes Lebensziel ist, heißt das noch lange nicht, dass ich unglücklich bin.«
Sophie senkte den Kopf und starrte auf den Tisch. Ich fürchtete schon, ich wäre zu weit gegangen, hätte den Bogen überspannt. Ich wollte mich eben entschuldigen, als sie flüsterte: »Du redest ja nicht einmal mit deinem eigenen Vater...«
»Unsere Unterhaltung ist beendet!« Ich sprang auf und drängte mich an John vorbei aus unserer Ecke. Alle drei starrten mich entgeistert an, als würden sie mich nicht wiedererkennen. Doch das war mir egal. Ich hatte ein viel größeres Problem: Ich erkannte mich selbst kaum wieder.
»Zum allerletzten Mal: Es hat nichts mit meinen Eltern zu tun.«
Damit stürmte ich aus der Bar.
Draußen saß ich eine ganze Weile in meinem Range Rover. Sollte ich zurückgehen und mich – vor allem bei Sophie – für meinen Ausbruch entschuldigen? Schließlich sorgten sie sich bloß um mich und konnten gar nicht ahnen, was Sache war, wenn ich alles vor ihnen geheim hielt.
Ich spähte durch meine fleckige Windschutzscheibe zum Eingang, wartete darauf, dass eine vertraute Gestalt auftauchte, über den leeren Parkplatz rannte, zu mir in den Wagen stieg und eine Erklärung verlangte. Die Wahrheit zu erfahren verlangte.
In diesem Augenblick wäre ich vielleicht sogar damit herausgerückt.
Doch es kam niemand.
Irgendwann torkelten einige betrunkene Mädchen heraus, gefolgt vom neuesten Mitglied des Ziyi-Zhang-Fanclubs, aber das war auch schon alles. Keine Sophie, keine Zoë, kein John.
Tja, so hatte sich unversehens eine dritte Option aufgetan – nämlich, Sophie vor versammelter Mannschaft anzubrüllen und ihr ihre Paranoia vorzuwerfen. Vielleicht würde sie das ja davon abhalten, sich »Hilfe« von außen zu suchen.
Seufz. Ich wollte eben einen Gang einlegen und losfahren, als mir auffiel, dass in meiner Handtasche ein rotes Licht blinkte.
Mit dem Fuß auf dem Bremspedal fischte ich mein Handy aus der Tasche und wählte die Nummer meiner Mailbox. Eine Stimme, die mir vage bekannt vorkam, sagte: »Hi, hier ist Clayton. Ich hoffe, du erinnerst dich an mich. Wir haben uns vor ein paar Tagen im Studio kennengelernt... als du vor dem Teufel davongerannt bist... Na, jedenfalls würde ich
dich immer noch gern auf einen Smoothie einladen, oder auf einen Power-Riegel, oder meinetwegen auch auf eine komplette Mahlzeit, wenn du Lust hast. Ruf mich doch zurück. Meine Nummer ist...«
Ich musste direkt lachen, als ich auflegte und losfuhr. Welche Ironie. Das Schicksal ließ sich ja so einiges einfallen, um mich daran zu erinnern, was in meinem Leben alles in Ordnung gebracht werden musste. Eigentlich erinnerte es mich nicht nur, sondern nörgelte geradezu an mir herum.
Tja, wer hätte das
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