Trias
denen, die er jüngst in einem Kung-Fu-Film gehört hatte.
»Sind Sie krank?«, fragte Spread etwas gefasster. »Haben Sie psychische Probleme? Sie klingen, als müsste man Sie umgehend in eine Anstalt einweisen.« Er versuchte, auf die Beine zu kommen. So einem Idioten, dachte er jetzt, bin ich noch nie begegnet.
McCanns Gesichtsausdruck veränderte sich. Spread blickte in einen aufgerissenen Mund und wütend blitzende Augen. Er sah, wie beide Arme des New Yorkers weit ausholten, den Schläger dabei mit beiden Händen fest umklammert. Instinktiv bedeckte er mit den Händen sein Gesicht, bevor das Schlageisen auf ihn zuraste. Millisekundenbruchteile lang durcheilte ihn die fürchterliche Angst vor barbarischen Schmerzen und den schrecklichen Folgen für seinen Kopf. Und dann spürte er einen messerscharfen Blitz, der wie mit Lichtgeschwindigkeit durch seine Ohren in die Fingerspitzen, die Arme hoch und in seinen Bauch zum Hirn jagte. Er bekam keine Luft mehr. Der Schmerzschock verkrampfte seine Atemmuskeln. Er spürte, wie er kollabierte. Tausend dunkle Farben, jede anders in ihrer Schattierung, legten sich über seine Sinne. Von sehr weit weg war ihm, als drehe jemand seinen Körper. Er nahm wahr, wie sein Rückgrat von einer schweren Last durchgedrückt wurde. Als er zu atmen versuchte, war da nichts mehr außer dem Boden, der sich ihm an die Lippen presste.
McCann kniete auf dem Rücken seines Opfers und holte zu seinem letzten Schlag aus. Spread spürte nicht mehr den heißen Fluss seines Blutes, das sich einen Weg durch die Nasenscheidewand, die zerschlagene Stirn und die zerschmetterten Ohren nach außen bahnte. Sein Kopf war auseinandergebrochen. McCann sprang angeekelt auf die Beine, spülte im Bad den Golfschläger und seine Schuhe mit klarem Wasser sauber, entnahm dem Kleiderschrank einen Wäschesack und presste seine blutverspritzte Dienstbotenkleidung hinein. Noch immer Gummihandschuhe über den Fingern, wusch er sich gründlich Gesicht und Hände. Dann öffnete er Spreads Minibar, griff nach dessen Champagnerflasche und verließ, gekleidet in dünne schwarze Leggings und ein weißes T-Shirt mit dem Aufdruck Easteuropean Golf Open, schnell den Tatort. Die Tür verriegelte er von außen.
Auf dem Weg in sein eigenes Zimmer grüßte McCann höflich eine Familie, die mit ihren beiden Töchtern auf einen Fahrstuhl wartete. Er machte sich reisefertig, wischte den Golfschläger noch einmal sorgfältig ab und verstaute ihn im Futteral. Dann ergriff er sein schmales Gepäck, packte den Champagner zwischen seine Socken und Unterhemden, zog die Tür zu und hängte ein Schild an die Klinke: Do not disturb .
Er zog sich die Golfmütze tief in die Stirn, nahm die Feuertreppe bis ins Tiefgeschoss, schlängelte sich durch die parkenden Autos und erklomm die steile Ausfahrt mit schnellen Schritten. Er winkte nach einem Taxi und fuhr direkt zum Flughafen Prag.
Er hatte noch ein wenig Zeit. Im Abflugterminal öffnete er die Flasche Champagner, setzte sie an und prostete sich selbst zu. Als die Maschine in der Luft war, hatte der Alkohol seinen Kopf leicht vernebelt. Ein Lächeln lag auf seinen Lippen, als ihn die Müdigkeit übermannte und er kurz darauf einschlief.
5
Prag-Zentrum, Gemeindehaus, gleicher Tag, 19:55 Uhr
Der Vortragsaal im prunkvollen Prager Gemeindehaus war bis auf den letzten Platz besetzt. Graf Sprock hatte sich auf dem Stuhl niedergelassen, auf dem eine Karte mit seinem Namen lag. Neben ihm saß der Chef der Prager Handelskammer. Vorn auf dem Podest prüfte ein Tontechniker das Mikrofon. Er blies hinein. Das Geräusch, das aus den Lautsprechern kam, erinnerte mit seinem Pfeifen an starken Wind, der durch Türritzen fegt.
Zuhörer unterhielten sich, ein paar Menschen husteten, andere wedelten sich mit der Einladungskarte Luft zu. Der Raum war stark überheizt. Von den Decken hingen schwere Leuchter, an den Wänden zeigten längst verstorbene Honoratioren ihre Konterfeis. Es war kurz vor 20 Uhr. Sprock schüttelte sein Handgelenk. Das Armband seiner Donna Karan Watch drückte. Er wandte sich um. Die Dolmetscher saßen in ihren Kabinen, blickten unbeteiligt auf die Kulisse des Saales. An der hinteren Eingangstür stand ein mittelgroß gewachsener Mann mit längeren blonden Haaren, brauner Wildlederjacke und Bluejeans. Er bewegte seinen Kopf mal nach links, mal nach rechts.
Um 20 Uhr 10 schwappten erste Unruhegeräusche durch den Saal, die stetig anschwollen. Nach etwa zwanzig Minuten war Spread
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