Trias
Beute brauchte.
»Ich könnte Ihnen jetzt mit dem Satz kommen, dass ich ohne einen Anwalt nichts mehr sage. Aber da ich nichts zu verbergen habe, nur so viel: Meine Freizeit verbringe ich, wie ich es für richtig halte. Ich habe mir nie etwas zuschulden kommen lassen oder war an irgendeiner Straftat beteiligt, von der Sie gerade sprachen. Und im Übrigen …«, jetzt beugte er sich seinerseits zu den Ermittlern vor, »stehe ich keiner Organisation nahe, die in Deutschland, Europa oder den USA verboten ist.«
Croy sah mit einem gewissen Blick auf Malik. Der hatte verstanden, nickte, verließ den Raum und betrat ein Nebengelass. Er schaltete die Kameras ab und die Lautsprecher auf laut. Dann stellte er ein Tonbandgerät auf Record und wartete.
Sprock und Croy sahen aneinander vorbei. Der Ermittler blickte aus dem Fenster. Blätterlose Zweige schaukelten an Ästen im Rhythmus des scharfen Dezemberwindes. Sprocks Augen wanderten über die rissige Tischplatte zur Wand. Sie war mit Flecken erschlagenen Ungeziefers übersät. Spreads zerschlagener Kopf ging ihm nicht aus dem Kopf. Sie hatten nicht nur ihre Überzeugungen miteinander geteilt, sondern auch ihr größtes Geheimnis. Ihre Väter waren enge Freunde gewesen und hatten Seite an Seite gekämpft. Der Verlust Spreads war nicht nur ein herber Schlag und ein emotionaler Schock. Er war eine Katastrophe.
So saßen sie eine ganze Weile lang.
Aus den Augenwinkeln beobachtete Croy sein Gegenüber. Die Falten um Sprocks Mund waren keine Hinterlassenschaft vielen Lachens. Sie zogen sich von der Nasenpartie kommend nach unten. Dadurch zeichneten sie sein Gesicht aggressiv, aber auch vergrämt.
Croy stellte sich den Gedankenalarm vor, der jetzt in Sprocks Kopf herrschen musste. Er fragte sich, was den Amerikaner mit dem Deutschen verbunden hatte. Wie radikal waren sie? Sieht so jemand aus, der für seine Überzeugungen töten würde?
Er dachte aber auch an seine Mission in Semtin.
»Sie haben Chemie studiert?«, fragte Croy beinahe nett.
Sprock, der in eine Art Ruhezustand verfallen war, wachte so langsam auf wie ein Computer, dessen Bildschirm sich abgeschaltet hatte.
Dann nickte er. »Chemie, Biologie, ein bisschen Volkswirtschaft.«
»Ihr Vater heißt Maximilian. Ist das richtig?«
Sprock schien überrascht. »Er ist schon sehr alt. Macht wohl nicht mehr lange.«
»Graaaaf Sprooock.« Croy zog den Namen so lang, als verkoste er den ersten Schluck eines unbekannten Weins. Er drückte seinen Rücken durch. »Mein Kollege Malik ist ein wenig beunruhigt darüber, dass Ihre Spuren in ganz Europa zu finden sind. Wiking Jugend in Deutschland, Front National in Frankreich, Combat 18 in Großbritannien, World Church of the Creator in den USA … Außerdem schreiben Sie Artikel für die Kampfblätter der Blood- and Honor-Bewegungen in Tschechien, Schweden, Holland …«
»Ich sagte Ihnen schon«, erwiderte Sprock mit Arroganz in der Stimme, »dass mir nichts vorzuwerfen ist, was strafrechtlich relevant wäre.«
Croy wurde langsam wütend, blieb aber gefasst. Sprock log, was seine Bekanntschaft zu Spread anging, das war klar. Genauso klar schien aber auch zu sein, dass dieses Verhör zu nichts führen würde. Zeitverschwendung, dachte Croy, versuchte es aber trotzdem.
»Die County von New York führt seit 1946 Thomas Gordon Spread und seine mittlerweile verstorbene Mutter als Julius und Magda Franzen. Sie meldeten sich 1946 als Übersiedler in Immigrant Island an und gaben die Verfolgung durch Nationalsozialisten als Gründe an. Seine Mutter benannte Julius in Thomas Gordon um, als er sechs Jahre alt war, gab ihm den Namen ihres künftigen zweiten Ehemanns, eines New Yorker Bankiers. Spreads Vater Heinrich Franzen und Maximilian Graf Sprock waren in einer SS-Kompanie in Ostböhmen stationiert. Vermutlich waren sie sogar befreundet. Ist es also wirklich nur ein Zufall, dass sich die beiden Söhne kennen? Waren Sie nicht in Wahrheit dicke Freunde?« Croys Augen waren eisgrau.
Während der Ausführungen Croys hatte Sprocks linkes Augenlid zu zucken begonnen. Die Linien um seinen Mund stachen jetzt noch härter hervor. Croys Erkenntnisse hatten ihn überrascht und seinen Blutdruck in die Höhe getrieben. Ihm war die Verunsicherung darüber, was Croy womöglich noch alles wusste, deutlich anzusehen. Der Ermittler hatte ins Schwarze getroffen.
»Verstehen Sie doch«, warb Sprock jetzt um Verständnis, »dass man im Angesicht des Todes eines Freundes erst einmal vorsichtig
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