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Trias

Titel: Trias Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Kayser
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den das FBI schon Mitte der Neunzigerjahre ein Dossier anlegte. Paul Graf Sprock. Aktiver Unterstützer der europaweiten Neonazi-Szene und Gründer des Netzwerks White Knights - die Weißen Ritter. Beide redeten mehr als fünf Stunden bei tschechischem Bier und Schnaps miteinander.«
    »Und worüber sprachen sie?«, fragte Croy beiläufig.
    Malik sah ihn irritiert an. »Wir hatten keine Richtmikrofone …« Er hüstelte verlegen.
    »Halten Sie dieses Vorgehen für professionell, Herr Malik?« Croys Laune war endgültig im Keller. »Da sitzen zwei Schlüsselfiguren wie auf dem Präsentierteller, und das FBI dreht Däumchen, anstatt die Ohren auf Lauschen zu stellen?« Croy blickte böse, Malik betreten und Becker aus dem Fenster.
    »Sind Sie nun fertig, und darf ich nun wieder reden?«, warf der Tscheche ein. Croy blinzelte ihn immer noch verstimmt an.
    »Es könnte also sein, dass das FIES nicht nur von der Beratung der amerikanischen Regierung lebt, sondern auch Terroristen aus dem rechten Spektrum unterstützt.« Malik hasste Jobs, in denen er sich mit Neonazis auseinanderzusetzen hatte. Er war immer auf das Äußerste gefasst. Erst kürzlich war am Abend eine Hundertschaft tschechischer Neonazis am Wenzelsplatz aufgetaucht, dem Herzstück Prags. Sie waren aus den nördlichen Straßen und vom Süden mit heiseren Rufen dort angekommen, hatten mit ihrem Geschrei, Hakenkreuzfahnen und braunen Armbinden amerikanische Touristen erschreckt und waren kurze Zeit später vor den Mannschaftswagen der Polizei geflohen.
    Becker und Croy sahen einander vielsagend an. Beim BKA war die deutsche Neonazi-Szene lange genug beobachtet worden. Es war gefährlich, den Amerikanern weiteres Territorium bei eigenen Ermittlungen zu überlassen. Deutschland konnte diplomatische Interventionen oder Leitartikel in einflussreichen US-Publikationen über aktuelle Bedrohungen von rechts nicht gebrauchen.
    »Lieber Herr Malik«, sagte Croy jetzt in salbungsvollem Ton, »ich kann ja verstehen, wenn Sie und das FBI darin eine beunruhigende Entwicklung sehen. Ich schlage dennoch vor, dass wir uns von deutscher Seite der Sache annehmen.« Er sah mit festem Blick auf den tschechischen Inspektor. Der wich nicht zurück, nur sein Kugelkopf schwitzte leicht.
    »Tun Sie das, Herr Croy. Aber vergessen Sie nicht, dass Sie auf tschechischem Gebiet operieren. Selbst wenn Sie hier als Sonderermittler tätig sind, werden wir, wenn nötig, zur Stelle sein und beherzt eingreifen.«
    Malik stand auf und hob zum Abschied nur lahm die Hand.
    Die leicht frostige Atmosphäre taute erst auf, als Becker und Croy wieder unter sich waren.
    »Beobachten Sie Sprock und verhaften Sie ihn wegen Volksverhetzung, wenn’s sein muss«, empfahl Becker mitleidlos. »Ich werde von hier aus recherchieren und Kaltenborn von der neuen Entwicklung informieren.«
    Croy war Beckers Meinung. Weder dieses noch ein anderes Land brauchte braune Helden.
    Becker sagte »Adieu!« und griff zum Telefon.

4
    Prag-Altstadt, Hotel Mala Strana, am Nachmittag
    Thomas Gordon Spread verbrachte beinahe den ganzen Tag in seinem Zimmer im Hotel Mala Strana . Zunächst las er sein Vortragsmanuskript und unterstrich die Betonungsstellen. Für 16 Uhr 30 bestellte er eine Masseuse auf sein Zimmer. Das Arrangement aus Massage und körperlicher Zuwendung würde ihn 150 Euro kosten. Ein wahrhaft köstliches Schnäppchen, dachte er.
    Auf dem gleichen Flur, nur zwei Zimmer weiter, war Graf Sprock untergekommen. Beide hatten ausgemacht, dass sie sich erst zum Vortrag und danach zu einem Late Night Dinner treffen wollten. Sprock verbrachte den Tag mit einem Sightseeing in der Stadt. Diskret folgten ihm zwei Männer des tschechischen FBI-Büros.
    Spreads Buchhalter und chinesischer Agent Alister Hu McCann war am Morgen in Prag eingetroffen. Ling Yu hatte ihren Auftrag, Spread zu töten, unmissverständlich formuliert. McCann war lange unschlüssig gewesen, wie er ohne großes Aufsehen einen Mann töten könnte, der ihn nicht nur gut kannte, sondern der höchstwahrscheinlich ständig von Leuten umgeben war. Ihm erschien ein Saal mit vielen Menschen zwar als gute Möglichkeit, weil er schnell untertauchen konnte; andererseits bestünde die Gefahr, dass Spread ihn erkannte oder jemand seine Waffe sah, bevor er abdrückte und sein Opfer entkam.
    Und mitten auf der Straße? Ihm entgegengehen und ihm mit dem vom Jackett verdeckten Revolver direkt eine Kugel verpassen? Ein Mann, der plötzlich tot umfiel und aus dem eine

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