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Trias

Titel: Trias Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Kayser
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nicht länger traute?«
    Sprock hob die Schultern und warf sein Gesicht in Falten. »So detailliert haben wir nicht darüber gesprochen. Es war ja auch nur ein Verdacht. In so einer Position verliert man schnell den Überblick, wer einem wohl gesonnen ist und wer ein Judas sein könnte.« Sprock schwieg und sah blicklos an die leere Wand.
    »Nehmen wir an, es gibt wirklich einen solchen Vertrag. Würden Sie davon nicht außerordentlich profitieren? Sie könnten Ihre Netzwerke stärken, politische Parteien infiltrieren, Gesellschaften unterwandern …«
    »Hören Sie auf!«, fuhr ihn Sprock an. »Behalten Sie Ihre Fantasien für sich. Ich weiß nicht, wie oft Sie selbst schon verhört wurden. Angenehm ist das nicht. Schon gar nicht, wenn man einen guten Freund verloren hat.«
    »Sie tun mir ja so leid«, ätzte Croy. Er brach das Verhör an dieser Stelle ab. Es gab ein paar Anhaltspunkte, die er weiterverfolgen konnte. Er glaubte nicht, aus Sprock noch Essenzielles herausholen zu können. Mit Inspektor Malik im Nebenraum besprach er das weitere Vorgehen und verließ dann das Polizeipräsidium. Malik würde Sprock entlassen müssen. Vorerst hatten sie gegen ihn nichts in der Hand.
    Vor dem Gebäude stauten sich die Autos in Zweierreihen vor einem Tunnel, der den Verkehr unter der Moldau hindurch in die Randbezirke Prags lenkte. Die Luft war stickig von Benzin- und Dieselgasen. Über der goldenen Stadt hing eine Glocke aus schmutzigem Nebel.
    In der Pension informierte der Ermittler seinen Vorgesetzten Kaltenborn über Spreads Tod, über Inhalt und Ausgang des Verhörs und bat um eine Untersuchung und Observierung der Kameradschaft der Weißen Ritter. Sprock geriet auf die Liste jener, die man neutralisieren würde, sobald die Beweise ausreichend waren. Außerdem versprach der BKA-Vize eine vorsichtige Recherche über eine mögliche Verwicklung chinesischer Agenten in den Fall. Er dämpfte Croys Erwartungen mit den Worten, dass Peking immer mauere, wenn man die Behörden auf die weltweiten Umtriebe ihrer Konsulatsmitarbeiter ansprach.
     
    Unbemerkt von den Prager Ermittlern und Markus Croy, setzte sich Sprock noch in derselben Nacht aus Prag ab. Er nahm den letzten Vorortzug ins nordöstlich gelegene Reichenberg, fuhr mit einem Taxi in das 50 Kilometer entfernte Gorzelec, den polnischen Teil der Stadt Görlitz. Das Verhör von Croy ging ihm nicht aus dem Kopf. Hatte er zu viel verraten? Doch mit dem Hinweis auf die Chinesen hatte er dem Ermittler Futter gegeben, das dieser auch erwartet hatte. Sprock hielt sich nicht mehr für jung genug, die Strapazen eines Verhörs oder einer Beugehaft durchzustehen. Es war nur von Vorteil, dachte er, wenn die Ermittler die Feinde von Trias jagten. Auch wenn Spread tot war, lebten doch die Denkfabrik und die ihr angeschlossenen Netzwerke wie das der Weißen Ritter weiter. Trias war eine Art Lebensversicherung für die Zukunft. Auch wenn die Vermittlungsprovision nun nicht mehr Spread persönlich erhielt, so floss sie doch auf das Konto seiner Firma Autumn Leaves Incorporated . Und da war er schließlich selbst Mitgesellschafter. Dieser Ermittler, dachte Sprock beunruhigt, kann eins und eins zusammenzählen.
    Zu Fuß passierte er den deutsch-polnischen Grenzposten, der ihn nur müde durchwinkte. Die Europäische Union hatte mit dem Beitritt der Polen und der Tschechen zum Schengener Abkommen Fakten geschaffen, die vor allem zwielichtigen Gestalten nützlich war.
    In Görlitz bestieg der Düngemittelfabrikant erneut ein Taxi und ließ sich zur Freude des Fahrers über die Bundesstraße 115 bis ins etwa einhundert Kilometer entfernte Cottbus kutschieren. Nichts wies mehr daraufhin, dass auf jener Straße, kurz hinter Görlitz, ein Auto mit drei Personen in die Luft gesprengt worden war. Aus der Droschke heraus weckte er seinen Berliner Chauffeur und bestellte ihn auf kürzestem Weg an den Cottbusser Hauptbahnhof. Von dort brachte ihn sein Fahrer in neunzig Minuten über die Bundesautobahn nach Berlin, genauer gesagt in den Stadtteil Zehlendorf. In einer schmalen Straße entlang des Kleinen Wannsees lag auf einem parkähnlichen Grundstück die Familienvilla der Familie Sprock. Der Graf verdunkelte zunächst alle gepanzerten Fenster, zog die Telefonleitung aus der Dose, duschte gründlich und zog sich völlig übermüdet in sein Schlafzimmer zurück. Ihm war klar, dass er ab sofort seine Kräfte schonen musste. Vor ihm lagen anstrengende Tage.

7
    Berlin, am nächsten Morgen, 4. Dezember,

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