Trias
ihrem Füllhalter einen Satz auf einen Zettel und schob ihn zu ihrem Nachbarn, dem Lokalchef. Der sah irritiert auf die Nachricht und sagte dann mit einem leichten Beben in der Stimme: »Kollegin Kirchner aus dem Politikressort regt gerade an, einen gewissen Markus Croy vom Bundeskriminalamt zu kontaktieren. Sagen Sie doch selbst etwas zu diesem Mann, Frau Kirchner.«
Die Journalistin sah entschlossen in die Runde.
»Was ich Ihnen jetzt sage, ist vertraulich und muss deshalb hier im Raum bleiben. Ich schlage vor, dass die Volontäre nun die Konferenz verlassen.« Sie sah um Verständnis bittend auf die Youngsters, die sich vom Fortgang der Konferenz aufregende Minuten versprochen hatten. Der Chefredakteur nickte ihnen unmissverständlich zu. Sie erhoben sich mit säuerlichen Mienen. Einer von ihnen sah enttäuscht zurück. Die Türen schlossen sich.
»Auch wenn meine Recherchen vom BKA nicht bestätigt wurden, so ist doch klar, dass eine wichtige Spur zu den Attentätern nach Prag führt. Die dortigen Ermittlungsbehörden sind offensichtlich sehr viel auskunftsbereiter als ihre deutschen Kollegen. Über eine Informantin der Tageszeitung Rude Pravo erfuhr ich, dass der Sonderermittler des BKA - sein Name ist wie bereits erwähnt Markus Croy - auf eine Verschwörung stieß, bei der große Mengen von nicht registriertem Semtex-Sprengstoff eine entscheidende Rolle spielen. Ich bin an einem Punkt angelangt, an dem ich von Berlin aus nicht mehr weiterkomme.« Es war nicht nur der Ehrgeiz, der sie trieb. Sie glaubte, dass auch Prag eine Chance war, den Geheimdienstagenten aus dem Weg zu gehen. Dazu kam ihre Ahnung, dass sie einem Fall auf der Spur war, mit dem man sich die nötigen Meriten verdienen konnte, um in ihrem Job weiterzukommen.
Die Journalisten redeten jetzt wild durcheinander, sie spekulierten und fantasierten.
Der Chefredakteur ließ sie gewähren. Doch schließlich unterbrach sein Bariton mit einem kräftigen »Nun mal langsam!« die Wortgebirge seiner Redakteure. »Ich verstehe ja, dass diese Geschichte nach großer Welt klingt. Vielleicht kann uns ja Frau Kirchner noch ein paar Details schildern.« Er sah sie aufmunternd an. Sie blickte abwehrend zurück.
Nach einer kurzen Pause sagte sie: »Liebe Kollegen, versteht, dass ich der Bitte des Chefredakteurs vorerst nicht nachkommen kann . Bevor ich etwas in die Welt rufe, habe ich vorher genau zugehört. Leider bin ich an diesem Punkt noch nicht gewesen.«
Ihr Chef warf ihr einen prüfenden Blick zu. Dann sagte er: »Ich denke, Sie sollten sofort nach Prag fahren und versuchen, von dort zu recherchieren und diesen Croy zu treffen. Spätestens übermorgen erwarte ich mindestens einen nachrichtenwürdigen Artikel von etwa zwei Spalten, auf achtzig Zeilen. Ihr Bericht sollte an die Informationen anknüpfen, die Sie in der letzten Woche über das Attentat an Stefan Rumpf verarbeitet haben. Und keine Deals mit dem BKA-Mann, die Sie vorher nicht mit mir abgesprochen haben, okay?« Der Chefredakteur klang freundlich, aber bestimmt.
Die Journalistin lächelte, schob ihre Blätter zusammen und erhob sich von ihrem Platz.
»Ach, und noch etwas«, schob er leise nach. »Ich erwarte Sie vor Ihrer Abreise nochmals in meinem Büro. Ich möchte gern Details wissen. Also bis gleich.« Dann wandte er sich wieder den anwesenden Redakteuren zu. Auf dem Weg durch den Konferenzraum zur Eingangstür sah ein Redakteur Katja Kirchner mit einem merkwürdigen Ausdruck in den Augen hinterher.
»Eine aufregende Zeit«, murmelte der Chefredakteur und verabschiedete seine Crew in den Arbeitstag.
8
Peking, Ministerium für Staatssicherheit, gleicher Tag
Lee Kong, Spionagechef des chinesischen MSS, war zufrieden. Mit dem Tod von Spread war man dem Ziel, die Beteiligten an der Entstehung von Trias auszuschalten, sehr nahegekommen. Fehlte noch Senator Gordon Smith, der im Auftrag der US-Regierung Spreads Gewährsmann war. Sein Tod dürfte die schon jetzt sichtbare Verwirrung unter den Beteiligten der drei Länder noch verstärken. Er hoffte, die Ratifizierung des Vertrages damit erheblich zu verzögern. Peking hätte dann einen ausreichenden zeitlichen Spielraum, um weltweit bei anderen Regierungen Stimmung gegen Trias machen zu können. Das Billionengeschäft wäre am Ende und Chinas ehrgeizige Ziele hätten einen Feind weniger.
Peking arbeitete bereits am Entwurf eines Brandbriefes, den man durch seine Botschafter den südamerikanischen, asiatischen und arabischen Regierungen
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