Trias
…«
Die Kanzlerin verlor erneut die Contenance. » Restrisiko ? Wer bestimmt, was ein Restrisiko ist?«
Kaltenborn ging auf die Frage nicht ein. Die Antwort würde nur eine weitere Frage nach sich ziehen. Stattdessen sagte er: »Ich möchte Sie bitten, die höchste Sicherheitsstufe nicht erst für morgen, sondern schon heute Abend auszulösen. So verschaffen wir uns die nötigen menschenfreien Korridore, um unbescholtene Bürger nicht unnötig mit unseren nicht ganz zimperlichen Maßnahmen zu behelligen.«
Die Kanzlerin hustete ihm ein »Ja« zu und Kaltenborn legte auf.
Als Lydia Sprado das Telefon beiseitelegte, war ihr der Appetit aufs Essen gründlich vergangen. Sie sagte zu ihrem Mann mit eiskalter Stimme: »Wieder erfahre ich erst von einer Gefährdung, wenn sie schon real vorhanden ist und vielleicht sogar hochrangige Persönlichkeiten in Gefahr sind. Ich werde gleich nach dem Wochenende einen Referentenentwurf für die Neuordnung der Geheimdienste veranlassen.«
Die Köchin war nicht zufällig Zeugin des Gesprächs der Bundeskanzlerin geworden. Zurück in ihrer Küche griff sie nach ihrem Funktelefon und eilte hastig in den Vorratsraum, den sie hinter sich verschloss. Als beim Kölner Bundesamt für Verfassungsschutz das Telefon klingelte, verband man die Frau mit einem Spezialisten der Abteilung »Innere Abwehr«.
Kanzlerin Sprado besprach sich derweil über ihren abhörsicheren Hausanschluss mit Kohlhoff und Wilkens. Kurz darauf ordnete das deutsche Innenministerium höchste Alarmbereitschaft für alle Polizeidienststellen, die Bundespolizei und die GSG 9 an. Die Bundeswehr löste für ihre Truppenstandorte die höchste Gefechtsbereitschaft aus. Der Tagungsort um Marienstrand wurde in einem Umkreis von zehn Kilometern zur Sicherheitszone der höchsten Priorität erklärt.
10
Bad Doberan, Bundesland Mecklenburg-Vorpommern, 23:05 Uhr
Markus Croy blieb noch eine Weile allein im Restaurant Kamp sitzen, nippte an seinem Weißweinglas und sah auf die Flammen im Kamin. Er wählte die Nummer vom Hotel Albatros in Marienstrand und ließ sich mit dem Zimmerservice verbinden. Er fragte nach einer ganz bestimmten Person. Croys Herz klopfte bis zum Hals. Als sie am Telefon war, atmete der Ermittler erleichtert durch. Am Ende des kurzen Gesprächs lachte Croy in den Hörer und gab ein Versprechen ab.
Auf seinem Zimmer, das eine Etage über dem Restaurant lag, programmierte Croy eine Anrufweiterleitung, schaltete das Videotelefon ab, entnahm die kleine Chipkarte und tauschte sie gegen eine präparierte SIM-Karte aus. Dann setzte er ein zweites, sehr einfaches Funktelefon mit einer Nummer in Betrieb, die offiziell gar nicht existierte.
Die Zeit bis zu seinem Ausflug nach Marienstrand verbrachte Croy später liegend auf dem Bett, teils oberflächlich schlafend, teils angespannt nachdenkend.
Gegen 0 Uhr 30 rief Kaltenborn von einer Münchner Nummer aus an. Seine Stimme klang verschwörerisch leise.
»Markus, hören Sie genau zu. Wir haben einen zweiten Mann vor Ort in Marienstrand. Ich kann Ihnen aus ganz bestimmten Gründen zu seiner Person nichts Näheres sagen. Er versucht, für Ihre eigene Orientierung einen Peilsender anzubringen.«
»Zu wem soll mich dieser Sender führen?«, fragte Croy alarmiert.
»Auf jeden Fall zu Sprock und zu einem chinesischen Geheimdienstgeneral. Er heißt Lee Kong. Kreuzgefährlicher Mann.«
»Haben Sie das von Strachow erfahren?«, fragte Croy.
»Nein, von eben jenem Kontaktmann«, sagte Kaltenborn. »Von Strachow wissen wir wiederum, dass Kong mit dessen Vorgesetzten Hess oft Kontakt hatte. Strachow vermutet, dass der Chinese der Drahtzieher der Attentate ist. Wir drehen den BND-Verräter schon seit Stunden durch die Mangel.«
»Bei seinen schweren Verletzungen?«
»Ein Arzt spritzt ihn immer wieder mit Amphetaminen fit. Wir wissen beinahe alles, aber eine entscheidende Frage ist noch nicht beantwortet. Wo ist Sprock?«
»Wenn Sydow recht hat, in einem unterirdischen Stollen. Den ungefähren Grundriss habe ich bekommen.«
»Gut. Möglicherweise wird Sie genau dorthin auch der Peilsender führen. Wenn Sie das Signal über Ihr GPS bekommen, wissen Sie, wo Sie die beiden Terroristen suchen müssen. Wenn es nicht anders geht, liquidieren Sie Sprock und Lee Kong.«
»Wird mir der dritte Mann eine Hilfe sein?«
»Davon gehe ich aus.«
»Wer ist es?«, fragte Croy in hartem Ton.
»Sie werden ihn erkennen. Bitte akzeptieren Sie …«
»Nein, ich akzeptiere nicht. Es
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