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Trias

Titel: Trias Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Kayser
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sich. Unter dem Schreibtisch sah er aus den Augenwinkeln auf ihre weiß-schwarz gestreiften, halbhohen Schuhe und die grazil geformten Beine mit niedrigen Absätzen. Sein Blick glitt weiter an ihr hoch und stoppte erst dort, wo ihr Wollkostüm an den Knien endete. Sie tat, als bemerke sie es nicht.
    Mit beherrschter Miene sagte er: »Hatte einen turbulenten Nachmittag. Im Besucherraum sitzt ein Mann, der allein dort nicht mehr wegkommt. Sie sollten da jetzt nicht hineingehen. Er könnte sich erschrecken.«
    Jana sah ihn mit großen blauen Augen prüfend an.
    »Sie brauchen ein Pflaster. Warten Sie.« Sie griff in Ihre Handtasche. Als sie sich an seinem Kinn zu schaffen machte, roch er einen schweren Duft, der ihn an Maiglöckchen erinnerte.
    »Eigentlich hätte ich lieber einen Whisky«, murmelte er.
    Sie sah ihn direkt und ungeniert an. Ihre Augen machten den Eindruck, als könnten sie zur rechten Zeit und am rechten Ort die Hitze einer Glühlampe entwickeln. Sie blieben jetzt nur warm.
    »Tschechen trinken lieber Slivovic. Er ist stark, er ist rein, er wirkt sofort. Wollen Sie einen?«
    Er nickte. Irgendwo aus der Tiefe ihres Schreibtisches kam eine durchsichtige Flasche ohne Etikett zum Vorschein.
    »Selbst gebrannt. 65 Prozent. Von meiner Familie. Sie leben in Bartonov, einem Dorf in Ostmähren. Großes Glas voll?«
    Er lächelte sie an und zeigte mit der Hand, wie viel er wollte. Dann kippte er den Klaren in einem Zug. In seinem Magen feierten Zotten ein spontanes Fest. Er schüttelte sich kurz, dann drückte er den Rücken durch. »Oh, tut das gut …«
    Sie setzte sich wieder und sah mit wichtigem Blick auf ihre Tastatur. Ihre Gedanken aber waren bei Croy. Er gefiel ihr, gab sie vor sich selbst zu.
    Der Ermittler drückte pfeifend auf die Klinke zu Chris Büro. Bemuttert zu werden gehörte für Croy zu den wichtigeren Gefühlen Frauen gegenüber. Das würde er auch niemals verleugnen. Eine fabelhafte Person, diese Jana, dachte er.
    Chris war ein kleiner Mann mit sehr heller Haut. Sein dunkler, kurz geschnittener Schnurrbart punktete in seinem blassen Gesicht wie Bitterschokolade auf weißer Sahne. Das Kopfhaar, das an den Schläfen ein schmutziges Grau zeigte, war kraus. Mit einer weichen Handbewegung, die Croy kurz stutzig machte, wies der Prager BKA-Resident auf einen Stuhl aus braunem Leder.
    »Sie sind allein gekommen?«
    Croy nickte: »Mit einem Kerl, den ich nicht bestellt hatte.«
    »Das verwundert mich jetzt. Einer unserer Männer sollte Sie abholen.« Bevor Croy antworten konnte, schwenkte Beckers Arm ein flaches Metalletui zu Croy hinüber. »Zigarette?«
    Croy verneinte. »Rauchen Sie gern? Schmeckt es Ihnen?«
    »O ja«, sagte Becker, »sogar vorzüglich.« Er steckte sich eine Golden Virginia an, und sogleich schwebte ein Aschestäubchen auf seine Hose, das Becker hektisch abklopfte. Er sog erneut. Croy war kurz amüsiert, dann machte er seine Gesichtszüge hart.
    »Man versuchte mich abzufangen, und Ihre Leute waren zu blöd, um das zu verhindern.«
    Becker sah erschrocken auf, dann zuckte er hilflos mit den Schultern. »Das kann nur ein Missverständnis sein. Wie gesagt, ich hatte …«
    »Nur das Ankunftsgate war geändert«, unterbrach Croy ihn scharf. »Man hätte mich umbringen können.«
    »Haben Sie noch nie Fehler gemacht?«, schoss Becker zurück.
    »Solche nicht.«
    Beckers Stimmlage wechselte von hart auf weich. »Und nun?«
    »Ich habe einen von den Burschen mitgebracht. Ich werde ihn verhören.« Croy sah sich um. Ein sauberes Büro, clean wie ein Krankenzimmer. Weiße Wände, weiße Gardinen, weiße Regale, weiße Luft. »Ich will wissen, wer die Männer am Flughafen waren. Und ich will weiter wissen, ob das Semtex, das beim Anschlag auf Rumpf verwendet wurde, hier aus Tschechien stammt. Können Sie mir dabei helfen?«
    Becker zog die Nase kraus und schielte mit einer Miene höchster Konzentration an ihr entlang. Dann sagte er hölzern: »Sie wissen, dass es mir als offiziellem Vertreter des deutschen Bundeskriminalamts im Ausland verboten ist, im Gastland eigene Ermittlungen anzustellen?«
    Croy wusste es. Doch manchmal hätte er gern einen Partner an seiner Seite, der sich nicht so anstellte. Er gab einen stöhnenden Laut von sich.
    Becker blickte mitfühlend.
    »Ich kann mir denken, dass es für Sie allein nicht immer einfach ist. Doch die Tschechen sehen mir auf die Finger. Ich habe für morgen Vormittag ein Treffen mit Gabriela Malichova arrangiert. Allerdings wissen wir nicht,

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