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Trias

Titel: Trias Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Kayser
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Spree?« Croy bemühte sich, ironisch zu klingen.
    Storm kaufte ihm den Schneid ab. »Oh, das Boot ist ein Geschenk eines früheren CIA-Mitarbeiters in Westberlin an mich. Er hat keinen Bootsschein mehr. Zu viel getrunken, Sie verstehen. Und die Wohnung?« Er wies mit der Hand zum Fenster. »Das gesamte Ufer besteht aus ehemaligen Wohnungen der Staatssicherheit. Der ganze Block ist 1987 nur für Ruheständler und Aktive errichtet worden.«
    Croy war beeindruckt, fing sich aber wieder.
    Storm sah amüsiert aus. »Ich werde über Ihr Angebot nachdenken. Und nun entschuldigen Sie mich. Ich habe noch eine weitere Verabredung. Danke für Ihre Gesellschaft.«
    Er stand abrupt auf und drückte der Kellnerin im Vorbeigehen irgendetwas in die Hand. Während er durch die Tür ging, setzte er sein Barett auf den Kopf, trat mit federnden Schritten hinaus und verharrte für ein paar Sekunden auf einer Stelle. Als er nach wenigen Sekunden aus dem Blickfeld des Ermittlers verschwunden war, zeugte nur noch eine blasse Rauchschwade von Storms Aufenthalt.
    Croy hatte ihm verdutzt nachgesehen und beschlossen, Storm nicht sympathisch zu finden. Er blieb noch eine Weile sitzen und fuhr schließlich zunächst mit öffentlichen Verkehrsmitteln und den Rest des Weges mit einem Taxi zum Berlin International Airport.
    Der Taxifahrer war wegen des Ziels verärgert.
    »Flughafen, jetzt? Die ganze Innenstadt ist dicht. Demonstration mit 80 000 Menschen. Da kommen wir nicht durch.«
    Croy fragte eher desinteressiert: »Wogegen sind sie denn heute?«
    »Großkampftag gegen die Ölmultis, die steigenden Spritund Gaspreise, all das Zeug. Seitdem die Gewerkschaften dieses Feld als neues Protestpotential entdeckt haben, vergeht kein Tag in Berlin, an dem nicht demonstriert wird oder wegen irgendwelcher Chaoten ein Straßenzug brennt.«
    Croy fühlte sich ertappt. Seit den Mordanschlägen war das politische Tagesgeschehen für ihn in den Hintergrund gerückt. Dabei empfand er Sympathie für die Proteste, denn die Politik der transnationalen Ölkonzerne erinnerte ihn in fataler Weise an die Wirtschaftsdiktatur in der untergegangenen DDR.
    In Gedanken versunken, blickte er aus dem Wagenfenster. Er sah Transparente an Wohnungsfenstern hängen: »Esso, Shell, Aral: Euch droht die größte Qual«.
    Es waren unruhige Zeiten, in denen sich der Staat nicht mehr darauf verlassen konnte, dass das Gewaltmonopol allein in seinen Händen lag. Zwischen die Profiteure der Ölknappheit und die Lordsiegelbewahrer von Recht und Ordnung auf dem Boden der Verfassung hatte sich eine harte Gegenbewegung geschoben. Und sie schien zu allem bereit.
    Croy fühlte eine gewisse Unsicherheit. Einerseits vertrat er als Kommissar den staatlichen Machtapparat; andererseits empfand er Sympathie für die aufbegehrenden Menschen, die ihre Wut nicht mehr nur an Stammtischen ließen, sondern in aller Öffentlichkeit zeigten und damit die Regierung provozierten.
    Als das Taxi im Westberliner Stadtteil Britz in die Gradestraße einbog, versperrten zwei Polizeilimousinen den Weg. Ihre blauen Lichter zuckten aufgeregt in den Nieseldunst des Tages. Croy reckte seinen Hals aus dem Fond in Richtung des Chauffeurs. Ein breiter Demonstrationszug bewegte sich auf die Polizeiwagen zu, die quer zur Straße standen. Fäuste ragten in die Luft, während Menschen des Protestzuges wild an ihren Transparenten rissen und sie teilweise über ihren Köpfen schwenkten. Croy ließ eine Seitenscheibe herunter. Die kehligen Laute verschieden gefärbter Stimmen zerrissen die Luft. »Nieder, nieder, nieder«, schallte es, »niemals wieder …«
    Als das Taxi nach einem Umweg endlich am Flughafen angelangte, brauchte Croy wegen seiner Dienstwaffe und den beiden Munitionsmagazinen beim Check-in bedeutend länger als andere Passagiere.
    Michael Storm aber war noch in Mantel und Barett, als er von seinem Hausanschluss aus zunächst eine Nummer in Berlin anrief. Er bat um Verschlüsselung seines Gesprächs.
    Sekunden später sagte eine Stimme: »Sie können nun wählen und sprechen.«
    Storm tippte eine längere Zahlenkolonne ein. Sein Gesprächspartner redete Englisch mit einem asiatischen Akzent.

17
    Prag, gleicher Tag, 17:25 Uhr Ortszeit
    Es schneite stark, und durch die Bullaugen des Flugzeugs sah Croy nur ein graues Gemisch aus Wolkenhaufen und weißem Nebel unter sich. Mehrmals sackte die Maschine wegen heftiger Turbulenzen durch.
    Als sich die Landeklappen gesenkt hatten, fuhr auch das Fahrwerk aus. Der

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