Trias
ob die Informationen über Ihre Ankunft aus Malichovas Umfeld irgendwohin durchgesickert sind.«
»Vermutlich werde ich auch weiterhin beobachtet«, sagte Croy abwesend. »Verbinden Sie mich doch mal mit Kaltenborn.«
Becker drückte auf einen Knopf seines Telefons. Als Kaltenborn endlich abnahm, schniefte der BKA-Vizepräsident nasal in den Hörer. Becker hatte auf Mithören gestellt; die Lautsprecher rasselten.
Croy grüßte kurz und berichtete: »Statt unseres Residenten standen zwei miese Kerle am Flughafen und wollten mir an den Kragen. Habe einen von ihnen verhaftet, den anderen angeschossen. Interessiert mich brennend, wer mehr weiß, als wir sagen würden.«
»Mich auch«, meinte Kaltenborn betroffen und nieste in den Hörer. »Erkältet?« Croy klang mitfühlend.
»Mistwetter in Berlin. Tja … der Malichova selbst traue ich so einen Verrat nicht zu, denn man beißt schließlich nicht die Hand, die einen füttert. Aber vielleicht hat sie es versehentlich ausgeplaudert? Vielleicht sitzt sie in einem Schlangennest und weiß es nicht einmal? Seien Sie bei einem Treffen mit ihr sehr vorsichtig. Und suchen Sie sich in Prag eine neue Bleibe. Vertrauen Sie Becker. Er ist ein Guter.«
Becker grinste selbstgefällig.
Kaltenborn wechselte das Thema.
»Unser Mann im Auswärtigen Amt hat ein paar Unterlagen eingesehen. Demnach soll es in den letzten Jahren mehr als 3 000 handfeste Drohbriefe aus Russland, Weißrussland und der Ukraine an unsere Vertretungen gegeben haben. Unsere Rechercheure lesen sich da gerade ein. Vielleicht gibt es Hinweise auf die Täter.«
Croy fand es sonderbar, dass das BKA erst jetzt davon erfuhr. Doch er hörte weiter zu und schwieg. Becker fielen wieder Aschestäubchen auf die Hose.
»Interessanterweise sind die Dokumente immer auch als Kopie an den BND gegangen. Die Berliner Geheimniskrämer hätten sich auf jede Art von Reaktion seitens krimineller und gewaltbereiter Banden einstellen und uns und die Regierung informieren müssen.«
»Warum müssen?«, fragte Croy.
»Es ist die Rede von konkreten Drohungen gegen namentlich genannte Personen. Selbst der damalige Außenminister taucht in den Pamphleten als Ziel möglicher Racheakte auf.«
»Und da ist der BND tatsächlich nicht früher aktiv geworden? Hat Quellen eingeschleust oder Warnungen ausgesprochen?« Croy zerquetschte fast den Hörer. Seine Augäpfel glühten vor Zorn.
»Offenbar nicht. Was erwarten Sie von den Pennern, die sich ihre Informationen offenbar am liebsten aus Tageszeitungen abschreiben?«
Croy wusste, dass Kaltenborn mehrere Feindbilder hatte; die Schnüffler aus Berlin und München-Pullach gehörten unbedingt dazu. Ihm fiel ein interner Bericht aus der Kieler Staatskanzlei ein. Der Chef des Landesamtes für Verfassungsschutz hatte einen Vortrag vor dem Stab der damaligen Ministerpräsidentin über rechtsradikale Gewalt gehalten und dabei überwiegend mit Wissen aus Medienberichten geglänzt. Die Artikel klebten als Redemanuskript auf seinen Papieren. Das Auditorium hatte vor Wut damit gedroht, die Zuschüsse an das Schnüffelamt um die Hälfte abzuschmelzen.
Croy sagte: »Ich frage mich nur, warum unser BKA-Mann im Auswärtigen Amt von den Briefen nichts mitbekommen hat. Hätte er, würden wir jetzt keine Fragen stellen.«
»Sie wissen doch«, knurrte Kaltenborn, »dass wir da gerade mal gelitten, aber nie aktiv eingebunden werden. Nichts fürchten Politiker mehr als Kontrolle.«
»Das stimmt«, sagte Croy und sah zu Becker hin. Der blickte leicht desinteressiert aus dem Fenster. Niesel hatte die Scheiben nass gemacht. »Wie gehen wir weiter vor?«
»Ich gehe jetzt erst mal einen Hot Dog essen.«
Croy blieb kurz die Luft weg. Doch er fing sich schnell wieder und fragte ironisch: »Wir reden von einer Bedrohungslage, und Sie denken an Hot Dog? Womöglich im Gourmettempel Rasant ?«
»O ja. Nur dort.« Kaltenborn wieherte kurz in die Leitung. »Sie wissen doch, dass der Laden meine ganz persönliche, authentische Illusion des Großstadtlebens ist. Ich mag es, wenn die Betreiber die zahlreichen Freunde des Fast Food auf engstem Raum zum Essen und Trinken zusammenpressen. Ich werde am Eingang direkt hineinniesen und mich diebisch darüber freuen, dass Millionen Bakterien neue Wirte finden.«
»Zusammenpressen ist mein Stichwort«, unterbrach Croy Kaltenborns soziologischen Gastronomieausflug. »Ich bin gespannt, was der Killer vom Flughafen zu sagen hat.«
»Ich wünsche Glück!«, flötete Kaltenborn
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