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Trias

Titel: Trias Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Kayser
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Kostüm, die Leiste aus goldenen Knöpfen, der weiße Hemdkragen und streng geformte, flache Schuhe gaben Sprado das Aussehen einer Dame von Ende fünfzig, die sich vorgenommen hatte, in Würde zu altern.
    Angestrengt blickte sie auf einen Stapel Papiere, eine umfangreiche Analyse des politischen Brandherdes Deutschland. Ihre Augen rannten so schnell über die Zahlen und Fakten, als fürchte sie um den Verlust ihres augenblicklichen Wahrheitsgehalts.
    Wie den Papieren des größten deutschen Gewaltforschungsinstituts mit Sitz in Hannover zu entnehmen war, hatten sich die wirtschaftlichen Probleme Deutschlands aufgrund des extrem hohen Ölpreises dramatisch verschärft. Seither nahm auch die Gewalt auf den Straßen exorbitant zu. Die deutsche Gesellschaft befand sich inmitten verhängnisvoller Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Einsatzkräften der Bundeswehr diesseits und einer neuen außerparlamentarischen Opposition und ihren militanten Anhängern jenseits der Barrikaden. Nach einem vorübergehenden Aufschwung in den vergangenen zwei Jahren knackten die Arbeitslosenzahlen nun wieder die Marke von sechs Millionen Menschen; die Sozialsysteme standen unmittelbar vor dem Kollaps.
    »Alles alter Tobak«, kommentierte Sprado das Gelesene grimmig. »Dass sich die Fronten aus Links , Mitte und Nationalkonservativ verhärtet haben und sich unversöhnlicher denn je gegenüberstehen, ist eine mir bekannte Erkenntnis.«
    Sie versenkte ihren Kopf erneut in die Akten. Wilkens und Cromme beobachteten ihre Chefin mit einigem Unwohlsein. Sie mochten ihre Laune nicht. Sie ahnten, dass dies kein guter Nachmittag werden würde. Die Bundeskanzlerin würde ihre schlechte Stimmung erfahrungsgemäß für den Rest des Tages beibehalten und auch versöhnlichen Worten gegenüber unbeeindruckt bleiben.
    »Aber wir trudeln ja nicht allein«, ließ sich der Kanzleramtsminister jetzt vernehmen. »Das gesamte Westeuropa leidet unter neu entflammten Kriegsherden in Nahost, Terroranschlägen in Europa und den globalen Kämpfen um die weltweiten Energieressourcen. Diese Phänomene treiben die Preise für Öl, Strom und Gas auf sagenhafte Höhen. Erst mit dem Erreichen des Benzinpreises von zwei Euro für den Liter sind in Europa die Dämme gebrochen.«
    Sprados Augen blitzten. »Luft holen, Wilkens«, stieß sie mit Häme in der Stimme hervor.
    Unbeeindruckt fuhr er fort: »Vielleicht hätten wir in der Vergangenheit die Autoindustrie zu einem größeren Engagement bei benzinunabhängigen Antriebsmotoren zwingen sollen? Stattdessen haben wir auf immer strengere Abgasnormen geachtet, die Menschen mit teuren Abgasplaketten bestraft und der Bevölkerung statt den Autoproduzenten in die Taschen gegriffen.«
    Sprado sah jetzt mit feindseligem Blick auf den Mann, der gleichzeitig auch ihr Vizekanzler war. Das dichte graue Haar klebte ihm verschwitzt am Kopf. Seine Stirn warf Falten wie ein Plisseerock; und die klobige Nase prangte leicht schief unter Augen, die steingrau waren und derzeit kein Fünkchen Freude kannten.
    »Und wie, bitte schön, können wir als Staat die Wirtschaft zu irgendetwas zwingen? Solange die Ölindustrie sehr, sehr gut verdient und die Käufer Diesel- und Benzinmotoren nicht boykottieren, geschieht da gar nichts.« Die Kanzlerin warf sich in ihrem Stuhl zurück. Sie machte den Eindruck, hart genug für eine Welt zu sein, in der es momentan nicht leicht war zurechtzukommen.
    Wilkens knickte ein und schwieg. Der Staat war zumindest auf diesem Gebiet gegenüber der Industrie vollends in die Defensive geraten, das war ihm nicht erst seit heute klar.
    Die Kanzlerin hatte sich indes Eberhard Cromme zugewandt. »Und was sagen Sie zu der neu etablierten außerparlamentarischen Opposition mit Namen ROK, Herr Innenminister?« Cromme erwiderte unsicher ihren Blick. Er litt unter einer Form von Basedow; seine braunen Augen wölbten sich aus dem runden Gesicht wie bei einem Lurch. Er schielte seine Chefin unsicher an.
    »Dass die Revolutionäre Oppositionelle Kraft als Splittergewerkschaft aus den fünf großen Einzelgewerkschaften des DGB ausgeschert ist, hätten wir verhindern sollen. Sie macht sich natürlich jetzt die aggressive Stimmung zu Nutze und bietet nicht nur den militanten Gegnern der Globalisierung und dem hilflos wirkenden neoliberalen Wirtschaftskurs der Bundesregierung ein Dach …«
    »Das ist ja das Horrorszenario«, unterbrach Lydia Sprado ihn harsch. Ein kraftvolles Wort, dachte sie kurz. »Selbst die normalen

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