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Tribunal

Tribunal

Titel: Tribunal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Erfmeyer
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Fleischerei Ihrer Eltern sind köstlich. Richten Sie ihnen das bitte bei Gelegenheit aus!«
    »Er wird uns doch rauslassen, Hubert?«, flüsterte Dörthe beschwörend und sah flehentlich zu ihrem Mann auf.
    »Er weiß wohl noch viel mehr von uns. Komm!«, sagte er und ging mit ihr zu der verschlossenen Tür.
    »Das Essen ist nicht für Sie und Ihre Frau, Herr Löffke!«, kam es belehrend aus dem Lautsprecher. »Sie beide gehen bitte in den Stollen gegenüber. So, wie ich es gerade gesagt habe.«
    »Aber die beiden müssen doch auch etwas essen«, rief Stephan in die Ecke, in der das Mikrofon installiert war.
    »Kein Essen für die Löffkes. Anderenfalls bekommt keiner etwas«, entschied Bromscheidt hart. »Aber es wäre dumm, diese Alternative ernsthaft in Betracht zu ziehen. Es heißt ja nicht ›Alle oder keiner‹. Löffkes bekommen in jedem Fall nichts. Sie tun den beiden mit Ihrem Verzicht also nichts Gutes, sondern schaden sich nur selbst. Sie werden doch nicht dumm sein?«
    »Er will uns gegeneinander aufbringen, Achim, merkst du das nicht?«, schrie Löffke.
    »Sei nicht so laut, Hubert! Wir hören dich auch so.«
    »Was wirst du tun, Achim? Setzt du dich mit Verena an den gedeckten Tisch? – Und Sie, Herr Knobel, Frau Schwarz? Gehen Sie mit?«
    »Wir schmuggeln was raus«, sagte Verena leise und versuchte ein Lächeln.
    »Du fügst dich dem Terror?«, entsetzte sich Löffke. »Jemand droht euch damit, dass ihr nichts zu essen bekommt – und ihr tut, was er will?«
    »Die Zeit vergeht«, schaltete sich Bromscheidt ein. »Wenn Sie mir nicht Folge leisten, können Sie hier auch verhungern. Sie erinnern sich: Die Anlage ist verlassen. Es können Wochen, vielleicht Monate vergehen, bis jemand wieder hier unten reinschaut. Daran ändert auch das Kulturhauptstadtjahr nichts.«
    »Dann verhungern wir eben.« Löffke stemmte seine Hände in die Hüften und stellte sich trotzig vor die Kamera. »Achim, Verena! Ihr müsst doch merken, dass er mit uns spielt. Ihr gewinnt doch nichts. Glaubt ihr etwa, dass er mir und Dörthe etwas antut und euch dann verschont? Wie leichtgläubig seid ihr denn?«
    Bromscheidts Stimme wurde lauter. »Die anderen haben mein Wort und Sie werden von mir auch nicht mehr bekommen können. Ich wiederhole: Es geschieht Ihnen nichts, wenn Sie tun, was ich sage, und wenn Herr Löffke endlich gesteht.«
    »Was denn gestehen?«, schrie Löffke. »Es gibt nichts zu gestehen.«
    »Sie wissen es genau«, gab Bromscheidt ruhig zurück. »Und je schneller Sie sich dessen besinnen, desto eher sind Sie alle wieder zu Hause. Es liegt allein an Ihnen, Herr Löffke, wie lange Sie hier ausharren müssen, und auch, ob die Sache ein gutes Ende nimmt.«
    »Er wiederholt ständig dieselben Phrasen, Achim! Er ist wahnsinnig«, tobte Löffke.
    »Du solltest dich beherrschen, Hubert«, zischte Verena. »Du reizt ihn unnötig. Mir scheint, dass er genau weiß, was er will. Und er kennt dich ganz genau, Hubert.«
    »Herr Knobel, Frau Schwarz«, rief Löffke die beiden flehentlich auf.
    »Ich denke, wir machen insgesamt nichts falsch, wenn wir tun, was er verlangt«, entschied Frodeleit. »Es geht bloß um das Essen. Es geht um nichts Grundsätzliches. Warum Herr Bromscheidt das nun so will, weiß ich nicht. Aber wir sollten uns nicht in eine Gefahr begeben, wenn es nicht um etwas wirklich Wichtiges geht. Und soweit sind wir doch wohl noch nicht.«
    Frodeleit drehte sich zu Dörthe um. »Kannst du verstehen, dass wir uns so entscheiden?«
    »Wir haben uns doch noch gar nicht entschieden«, protestierte Marie.
    »Spielen Sie hier nicht die Märtyrerin!«, herrschte Frodeleit sie an. »Die Rolle steht Ihnen nicht zu. Jedenfalls dann nicht, wenn Sie zugleich über unser aller Wohl entscheiden. Es geht nur darum, dass wir uns räumlich so verteilen, wie Herr Bromscheidt es wünscht.«
    Stephan hielt Marie zurück. Sie riss sich wieder los, schwieg aber. Warum redete Frodeleit so laut, dass Bromscheidt ihn zwangsläufig hören musste? War es Taktik, sich äußerlich so zu verhalten, wie Bromscheidt es wünschte? Frodeleit hatte vorhin noch an sie appelliert, zusammenzuhalten. Kündigte er jetzt diesen Zusammenhalt wieder auf? Opferte er die Löffkes? Stephan spürte Maries stille Fragen, aber auch er sagte nichts. Löffke hatte von Terror gesprochen. Das Wort hämmerte in Stephan.
    »Vielleicht ist es wirklich nur ein Experiment«, sagte Löffke, als wollte er sich beruhigen. Und er wiederholte seine Worte lauter, damit

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