Tricks
zur Gewohnheit gemacht, solche Leute besonders rücksichtsvoll zu behandeln, als hätten sie einen Sprachfehler oder sogar eine geistige Behinderung, obwohl sie wusste, dass das Unsinn war. Ein Akzent rief deshalb in ihr Höflichkeit und ein gewisses Wohlwollen wach.
Und sie hatte ihn überhaupt nicht genau betrachtet. Anfangs war sie zu durcheinander, und dann war es nicht leicht, weil sie Seite an Seite gingen. Er war groß, langbeinig, und ging rasch. Doch ihr war aufgefallen, wie seine Haare im Sonnenlicht glitzerten, sie waren kurz geschnitten, wie Stoppeln, und es kam ihr so vor, als seien sie silberfarben. Also grau. Seine breite und hohe Stirn glänzte auch in der Sonne, und sie hatte irgendwie den Eindruck gewonnen, dass er eine Generation älter war als sie – ein höflicher, doch leicht ungeduldiger, schulmeisterlicher, anmaßender Mensch, der Respekt verlangte, niemals Vertraulichkeit. Später, im Haus, konnte sie sehen, dass seine Haare mit rostigem Rot durchmischt waren – obwohl seine Haut einen braunen Ton hatte, was für einen Rothaarigen eher ungewöhnlich war – und dass er sich im Haus etwas ungeschickt bewegte, als sei er es nicht gewohnt, Besuch zu haben. Wahrscheinlich war er höchstens zehn Jahre älter als sie.
Sie hatte ihm aus den falschen Gründen vertraut. Aber sie hatte keinen Fehler begangen, als sie es tat.
Der Laden befand sich wirklich im Haus. In einem schmalen Backsteinhaus, das aus einer anderen Zeit übrig geblieben war, in einer Straße, die ansonsten von Ladenfronten gesäumt war. Es gab eine Stufe und eine Haustür und ein Fenster, wie ein normales Haus sie hätte, aber im Fenster stand eine reich verzierte Uhr. Er schloss die Tür auf, drehte aber das Schild
Geschlossen
nicht um. Juno drängte sich an beiden vorbei hinein, und wieder entschuldigte er sich für sie.
»Sie glaubt, es ist ihre Aufgabe nachzuprüfen, dass niemand hier ist, der nicht hergehört, und dass nichts anders ist als vorher.«
Der Raum war voller Uhren. Dunkles Holz und helles Holz, bemalte Figuren und vergoldete Kuppeln. Sie standen in Regalen und auf dem Fußboden und sogar auf dem Ladentisch, über den hinweg Geschäfte abgewickelt werden konnten. Dahinter standen einige auf Arbeitstischen und zeigten ihre Eingeweide. Juno schlüpfte geschickt zwischen ihnen hindurch, und es war zu hören, dass sie eine Treppe hinauftapste.
»Interessieren Sie sich für Uhren?«
Robin sagte »Nein«, bevor sie daran dachte, höflich zu sein.
»Gut, dann brauche ich meine Werbesprüche nicht herunterzubeten«, sagte er und führte sie auf dem Weg, den Juno genommen hatte, vorbei an einer Tür, hinter der wahrscheinlich eine Toilette war, und eine steile Treppe hinauf. Dann befanden sie sich in einer Küche, in der alles sauber und hell und ordentlich war, und hinter einem roten Napf auf dem Boden wartete Juno mit wedelndem Schwanz.
»Du wirst warten«, sagte er. »Ja. Warten. Siehst du nicht, dass wir einen Gast haben?«
Er trat beiseite, um Robin ins große Vorderzimmer zu lassen, das keinen Teppich auf den weiß gestrichenen Dielen hatte und keine Vorhänge an den Fenstern, nur Jalousien. Eine Hi-Fi-Anlage nahm viel Platz an einer Wand ein, an der gegenüberliegenden Wand stand ein Sofa von der Art, die sich zu einem Bett ausziehen lässt. Zwei mit Segeltuch bespannte Stühle und ein Bücherregal mit Büchern auf einem Bord und ordentlich gestapelten Zeitschriften auf den anderen. Nirgendwo Bilder oder Kissen oder Zierat. Ein Junggesellenzimmer, ausgestattet mit allem, was der Besitzer wollte und brauchte, und von einer gewissen genügsamen Zufriedenheit kündend. Ganz anders als die andere Junggesellenbehausung, die Robin kannte – die von Willard Greig, die eher wie ein hilfloses Feldlager wirkte, aufgeschlagen inmitten der Möbel seiner toten Eltern.
»Wo möchten Sie sitzen?«, fragte er. »Auf dem Sofa? Das ist bequemer als die Stühle. Ich werde Ihnen eine Tasse Kaffee machen, und Sie setzen sich hier hin und trinken sie, während ich was zu essen mache. Was tun Sie sonst, nachdem das Theater aus ist und bevor der Zug fährt?«
Ausländer redeten anders, ließen ein wenig Platz um die Wörter, wie es Schauspieler tun.
»Laufen«, sagte Robin. »Und ich gehe was essen.«
»Also wie heute auch. Langweilen Sie sich, wenn Sie allein essen?«
»Nein. Ich denke über das Stück nach.«
Der Kaffee war sehr stark, aber sie gewöhnte sich daran. Sie hatte nicht das Gefühl, ihm ihre Hilfe in der
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