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Tricks

Tricks

Titel: Tricks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Munro
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Kopf.
    Im letzten Jahr hatte sie
Antonius und Kleopatra
gesehen. Als das Stück aus war, ging sie am Fluss entlang und bemerkte, dass da ein schwarzer Schwan schwamm – der erste, den sie je gesehen hatte –, ein sanfter Eindringling, der in kurzer Entfernung von den weißen Schwänen dahinglitt und Nahrung suchte. Vielleicht war es der Glanz auf den Schwingen der weißen Schwäne, der sie auf den Gedanken brachte, diesmal in einem richtigen Restaurant zu essen, nicht in einem Imbiss. Weiße Tischdecke, ein paar frische Blumen, ein Glas Wein und ein ungewöhnliches Gericht, wie Muscheln oder Perlhuhn. Sie griff nach ihrer Handtasche, um nachzuschauen, wie viel Geld sie noch hatte.
    Und die Handtasche war nicht da. Die selten benutzte Tasche aus Stoff mit Paisley-Muster hing nicht an der silberfarbenen Kette über ihrer Schulter, sie war fort. Robin hatte fast den ganzen Weg vom Theater zur Innenstadt zurückgelegt, ohne zu merken, dass die Handtasche fort war. Und natürlich besaß ihr Kleid keine Taschen. Sie hatte keinen Fahrschein, keinen Lippenstift, keinen Kamm und kein Geld. Keinen einzigen Cent.
    Sie erinnerte sich daran, dass sie während des ganzen Stückes die Tasche auf dem Schoß gehalten hatte, unter dem Programmheft. Das Programmheft war auch nicht mehr da. Vielleicht waren beide zu Boden geglitten? Doch nein – sie erinnerte sich, die Tasche in der Toilettenzelle der Damentoilette noch gehabt zu haben. Sie hatte sie über den Haken an der Tür gehängt. Aber sie hatte sie nicht dagelassen. Nein. Sie hatte sich im Spiegel über dem Waschbecken betrachtet, sie hatte den Kamm herausgenommen, um ihre Frisur zu richten. Ihre Haare waren dunkel und dünn, und obwohl sie das Wunschbild hatte, sie toupiert zu tragen wie Jackie Kennedy, und sie deshalb jeden Abend auf Lockenwickler drehte, ließen sie nicht von ihrer Neigung ab, glatt anzuliegen. Ansonsten hatte ihr gefallen, was sie sah. Sie hatte graugrüne Augen, schwarze Augenbrauen und eine Haut, die sofort braun wurde, ob sie wollte oder nicht, und all das kam gut zur Geltung in dem eng taillierten Kleid aus dunkelgrünem glänzenden Baumwollstoff mit weitem Rock und vielen kleinen Biesen um die Hüften.
    Da, da hatte sie die Tasche gelassen. Auf der Ablage über dem Waschbecken. Als sie sich bewunderte, sich umdrehte und sich über die Schulter schaute, um den V-Ausschnitt hinten zu sehen – sie war überzeugt davon, einen schönen Rücken zu haben –, und sichergehen wollte, dass nirgendwo ein BH -Träger hervorschaute.
    Und auf einer Woge der Eitelkeit, der Selbstzufriedenheit war sie aus der Damentoilette hinausgeschwebt, ohne ihre Handtasche.
    Sie stieg die Stufen zur Straße hinauf und ging auf dem kürzesten Weg zum Theater zurück. Sie lief, so schnell sie konnte. Auf der Straße gab es keinen Schatten, und es herrschte reger Verkehr in der Nachmittagshitze. Sie rannte fast. Dadurch lief ihr der Schweiß trotz der Schweißblätter in den Achseln an den Armen herunter. Sie trabte über den – jetzt leeren – brütend heißen Parkplatz und die Anhöhe hinauf. Auch dort kein Schatten, und um das Theater herum niemand zu sehen.
    Aber es war nicht abgeschlossen. Im leeren Foyer blieb sie kurz stehen, bis ihre Augen sich an das Halbdunkel gewöhnt hatten. Sie spürte, wie ihr Herz hämmerte und wie sich auf ihrer Oberlippe Schweißperlen bildeten. Die Kassenschalter waren geschlossen, ebenso wie das Erfrischungsbuffet. Die Türen zum Theatersaal waren abgeschlossen. Sie ging die Treppe hinunter zu den Toiletten, ihre Schuhe klackerten auf den Marmorstufen.
    Lass offen sein, lass offen sein, lass sie da sein.
    Nein. Nichts auf der glatten, marmorierten Ablage, nichts in den Abfallkörben, nichts an irgendeinem Haken an irgendeiner der Türen.
    Ein Mann wischte den Boden des Foyers auf, als sie heraufkam. Er sagte, vielleicht sei die Tasche im Fundbüro abgegeben worden, aber das Fundbüro sei geschlossen. Widerwillig ließ er von seiner Arbeit ab und ging mit ihr eine andere Treppe hinunter zu einer Abstellkammer, die mehrere Regenschirme, Pakete und sogar Jacken und Hüte enthielt sowie eine eklig aussehende bräunliche Fuchsstola. Aber keine Umhängetasche mit Paisley-Muster.
    »Kein Glück«, sagte er.
    »Kann sie unter meinem Sitz sein?«, flehte sie, obwohl sie sicher war, dass sie nicht dort sein konnte.
    »Da drin ist schon ausgefegt worden.«
    Es blieb ihr nichts anderes übrig, als die Treppe hochzusteigen, das Foyer zu durchqueren und

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