Tricks
ernste Geschäftsmiene auf und war dann gegenüber den Männern gutgelaunt und leutselig (aber nicht zu leutselig), er veränderte sogar seine Redeweise genau im richtigen Maß, und Vater war hochzufrieden und hatte Oberwasser. Als ich ihm gute Nacht wünschte, sagte er: »Ein richtiger Glücksfall, dass der junge Bursche hier hereingeschneit ist. Das ist jemand, der sich eine Zukunft und ein eigenes Heim aufbauen will.«
Ich habe ihm nicht widersprochen, aber ich glaube, die Aussicht darauf, dass Ollie sich hier niederlässt und eine Sägemühle betreibt, ist ungefähr so groß wie meine, bei den Ziegfeld Follies aufzutreten.
Er kann eben nicht anders als allen Leuten zu Gefallen zu sein.
Eine Zeitlang dachte ich, Ginny könnte ihn mir vom Hals schaffen. Sie ist belesen und raucht, und obwohl sie in die Kirche geht, vertritt sie Ansichten, die einige für atheistisch halten könnten. Und sie hat zu mir gesagt, sie findet, dass Ollie gar nicht schlecht aussieht, auch wenn er ein bisschen klein geraten ist (ich würde sagen, eins siebzig bis eins fünfundsiebzig). Er hat die blauen Augen, die sie mag, dazu karamellbraune Haare mit dieser ach so entzückenden Stirnlocke. Er war natürlich sehr nett zu ihr, als sie sich kennenlernten, und ermunterte sie, viel zu reden, und nachdem sie gegangen war, sagte er: »Deine kleine Freundin ist wohl eine richtige Intellektuelle?«
»Klein.« Ginny ist mindestens so groß wie er, und mir war sehr danach, ihm das zu sagen. Aber es ist ziemlich gemein, einen Mann, der in dieser Hinsicht zu wünschen übrig lässt, auf seine Körpergröße anzusprechen, also hielt ich den Mund. Ich wusste nicht, was ich zu der »Intellektuellen« sagen sollte. Meiner Ansicht nach ist Ginny wirklich eine Intellektuelle (hat Ollie zum Beispiel
Krieg und Frieden
gelesen?), aber ich konnte seinem Ton nicht entnehmen, ob er meinte, sie sei eine, oder eben nicht. Ich konnte nur heraushören, wenn sie eine ist, dann mag er das nicht besonders, und wenn sie keine ist, dann tut sie so, als sei sie eine, und das mag er auch nicht besonders. Ich hätte etwas Abweisendes und Unfreundliches sagen sollen, etwas wie »Du bist mir zu tiefgründig«, aber das fiel mir natürlich erst hinterher ein. Und das Schlimmste war, sobald er das gesagt hatte, kam mir insgeheim, im Herzen, ein Zweifel an Ginny, und während ich sie (in Gedanken) verteidigte, stimmte ich ihm im Stillen zu. Ich weiß nicht, ob sie mir in Zukunft je wieder so klug vorkommen wird.
Wilf war auch da und musste unser ganzes Gespräch gehört haben, sagte aber nichts. Ich hätte ihn fragen können, ob er sich nicht für das Mädchen einsetzen wollte, dem er mal einen Heiratsantrag gemacht hatte, aber ich habe ihm gegenüber nie ganz zugegeben, was ich davon weiß. Er hört oft nur zu, wenn ich mich mit Ollie unterhalte, mit vorgebeugtem Kopf (wie er es bei den meisten Menschen tun muss, weil er so groß ist) und einem leisen Lächeln auf den Lippen. Ich bin nicht mal sicher, ob es ein Lächeln ist oder nur seine Mundform. Abends kommen beide herüber, und es endet oft damit, dass Vater und Wilf Cribbage spielen, und Ollie und ich, wir trödeln herum und unterhalten uns. Oder Wilf und Ollie und ich, wir spielen zu dritt Bridge. (Vater hat sich nie für Bridge erwärmt, weil er es zu versnobt findet.) Manchmal bekommt Wilf einen Anruf aus dem Krankenhaus oder von Elsie Bainton (seiner Haushälterin, deren Namen ich mir nicht merken kann – ich muss immer Mrs. Box danach fragen), und er muss fort. Oder manchmal, wenn das Cribbage-Spiel zu Ende ist, setzt er sich ans Klavier und spielt aus dem Gedächtnis. Auch im Dunkeln. Vater kommt dann auf die Veranda und setzt sich zu Ollie und mir, und wir schaukeln alle und lauschen. Dann scheint es, dass Wilf nur für sich spielt und gar nicht für uns. Es macht ihm nichts aus, ob wir zuhören oder nicht oder ob wir zu plaudern anfangen. Und manchmal tun wir das, weil es für Vater, dessen Lieblingsstück »My Old Kentucky Home« ist, ein bisschen zu klassisch wird. Man kann sehen, wie er unruhig wird, diese Art von Musik gibt ihm das Gefühl, dass die Welt um ihn ins Wanken gerät, und seinetwegen beginnen wir ein Gespräch. Dann lässt er – Vater – es sich angelegen sein, Wilf zu sagen, wie sehr wir alle sein Spiel genossen haben, und Wilf bedankt sich höflich und ein wenig geistesabwesend. Ollie und ich, wir sind klug genug, nichts zu sagen, denn wir wissen, dass ihm in diesem Fall unsere Meinung
Weitere Kostenlose Bücher