Tricks
hochrutschen und sich um die Taille kringeln. Ein Bündel Seidenschlüpfer und anderes, alles pfirsichfarben oder fleischfarben. Ginny sagt, ich soll mich eindecken, solange ich die Gelegenheit habe, denn wenn es in China Krieg gibt, wird Seidenwäsche rar. Sie ist wie immer völlig auf dem Laufenden. Ihr Brautjungfernkleid ist taubenblau.
Gestern hat Mrs. Box den Teig für den Kuchen gemacht. Angeblich braucht er sechs Wochen, um zu reifen, also war es höchste Eisenbahn. Ich musste ihn rühren, und der Teig war so schwer von den getrockneten Früchten, dass mir fast der Arm abfiel. Ollie war da, also hat er es mir abgenommen und ein bisschen für mich gerührt, wenn Mrs. B. nicht hinschaute. Ob das Glück bringt, weiß ich nicht.
Ollie ist Wilfs Vetter und für zwei Monate zu Besuch hier. Da Wilf keinen Bruder hat, wird er – also Ollie – sein Trauzeuge sein. Er ist sieben Monate älter als ich, also hat es den Anschein, als wären wir beide im Gegensatz zu Wilf noch Kinder (von Wilf kann ich mir gar nicht vorstellen, dass er je eins war). Er – Ollie – war drei Jahre lang in einem Lungensanatorium, aber jetzt geht es ihm besser. Sie haben einen seiner Lungenflügel zum Kollabieren gebracht, als er da drin war. Ich hatte davon gehört und habe immer gedacht, dass man dann sein Leben lang mit einer halben Lunge auskommen muss, aber offenbar nicht. Sie bringen ihn nur zum Kollabieren, damit er stillgelegt ist, solange sie ihn mit Medikamenten behandeln, sodass die Infektion sich verkapselt und inaktiv wird. (Schau mal, was ich für eine medizinische Kapazität werde, jetzt, wo ich einen Arzt heirate!) Als Wilf das erklärte, hielt Ollie sich die Ohren zu. Er sagt, er denkt lieber nicht daran, was gemacht worden ist, und redet sich selber ein, er sei hohl wie eine Zelluloidpuppe. Er ist das genaue Gegenteil von Wilf, aber die beiden scheinen sich gut zu verstehen.
Wir werden den Kuchen in der Bäckerei fachmännisch mit Zuckerguss überziehen lassen, Gott sei Dank. Ich glaube nämlich, Mrs. Box wäre damit überfordert.
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11 . Juni. Keinen ganzen Monat mehr. Ich dürfte eigentlich gar nichts hier reinschreiben, ich müsste mich um die Listen für die Hochzeitsgeschenke kümmern. Ich kann gar nicht glauben, dass all diese Sachen bald mir gehören werden. Wilf war hinter mir her, damit ich die Tapeten aussuche. Ich dachte, die Wände seien alle verputzt und weiß gestrichen, weil es ihm so gefällt, aber anscheinend hat er sie so gelassen, damit seine Frau die Tapeten aussucht. Ich fürchte, ich habe angesichts der Aufgabe ziemlich dumm aus der Wäsche geschaut, aber dann habe ich mich zusammengerissen und ihm gesagt, dass ich das sehr rücksichtsvoll von ihm finde, aber ich kann mir einfach nicht vorstellen, was ich will, bevor ich nicht dort wohne. (Er hat offenbar gehofft, dass alles fertig ist, wenn wir von der Hochzeitsreise zurückkommen.) Dadurch habe ich Aufschub erlangt.
Ich gehe immer noch an meinen zwei Tagen in der Woche in die Mühle. Ich bin irgendwie davon ausgegangen, dass das nach meiner Heirat so weitergehen wird, aber Vater sagt, natürlich nicht. Er redete, als sei es nicht ganz legal, eine verheiratete Frau zu beschäftigen, außer sie ist Witwe oder in einer ernsten Notlage, aber ich wies darauf hin, dass ich nicht bei ihm beschäftigt bin, da er mir nichts dafür zahlt. Dann sagte er das, was ihm anfangs zu peinlich war, nämlich, dass es Unterbrechungen geben wird, wenn ich verheiratet bin.
»Es wird Zeiten geben, da wirst du dich nicht in der Öffentlichkeit zeigen«, sagte er.
»Ach, ich weiß nicht«, sagte ich und wurde rot wie eine Tomate.
Also hat er (Vater) es sich in den Kopf gesetzt, dass es schön wäre, wenn Ollie das, was ich mache, übernimmt, und er (Vater) hofft sehr, dass Ollie sich ins Geschäft einarbeitet und es eines Tages ganz übernehmen kann. Vielleicht hat er sich gewünscht, ich heirate mal jemanden, der dazu in der Lage ist – obwohl er Wilf
einfach fabelhaft
findet. Und da Ollie nichts zu tun hat und anstellig und gebildet ist (ich weiß nicht genau, wo er seine Bildung her hat, aber offensichtlich weiß er mehr als fast jeder hier in der Gegend), kann man ihn für eine erstklassige Wahl halten. Und aus diesem Grunde musste ich ihn gestern ins Büro bringen, ihm die Bücher zeigen usw., und Vater stellte ihn den Männern und jedem, der gerade da war, vor, und es sah ganz danach aus, dass alles gut ging. Ollie war sehr aufmerksam, setzte im Büro eine
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