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Tricks

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Titel: Tricks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Munro
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schauten woanders hin.
    Sie waren bei einer kleinen Siedlung im Wald angelangt. Auf der einen Seite war der dunkelrot angestrichene Bahnhof, auf der anderen ein paar ebenso angestrichene Häuser. Heimstätten oder Baracken für Eisenbahnarbeiter. Es gab eine Durchsage, dass der Zug zehn Minuten halten würde.
    Der Bahnsteig war vom Schnee geräumt worden, und Juliet, die hinausschaute, sah einige Leute aus dem Zug steigen und umhergehen. Sie hätte das auch gern getan, aber nicht ohne Mantel.
    Der Mann schräg gegenüber stand auf und ging die Stufen hinunter, ohne sich umzuschauen. Türen gingen irgendwo weiter vorn auf und ließen einen heimlichen Strom kalter Luft herein. Der ältere Ehemann fragte, was sie hier eigentlich trieben und wie der Ort überhaupt hieß. Seine Frau ging zum vorderen Teil des Waggons, um den Namen zu entdecken, aber sie hatte keinen Erfolg.
    Juliet las über die Mänadenfeste nach. Die Zeremonien fanden nachts statt, mitten im Winter, schrieb Dodd. Die Frauen stiegen zum Gipfel des Parnass empor, und als sie einmal von einem Schneesturm abgeschnitten worden waren, hatte sich eine Bergungsmannschaft auf den Weg machen müssen. Die verhinderten Mänaden wurden mit brettsteif gefrorenen Gewändern heruntergeholt und ließen sich, bei aller Raserei, die Rettung gefallen. Dies, fand Juliet, war ein recht heutiges Verhalten, es warf gleichsam ein modernes Licht auf das Treiben der Bacchantinnen. Würden die Schülerinnen es auch so sehen? Wohl kaum. Sie würden wahrscheinlich dagegen gewappnet sein, dass irgendetwas unterhaltsam sein konnte, sie ansprechen konnte, wie Schülerinnen es eben waren. Und diejenigen, die nicht so gewappnet waren, würden es nicht zeigen wollen.
    Die Aufforderung, wieder einzusteigen, ertönte, die frische Luft wurde ausgesperrt, widerwillig setzte sich der Waggon in Bewegung. Sie hob den Blick und sah in einiger Entfernung die Lokomotive um eine Kurve verschwinden.
    Und dann ein Ruck oder ein Rütteln, ein Rütteln, das den ganzen Zug zu durchlaufen schien. Ein Gefühl, hier hinten, dass der Waggon schaukelte. Ein abrupter Stillstand.
    Alle warteten darauf, dass der Zug weiterfuhr, und niemand sagte etwas. Sogar der nörgelnde Ehemann schwieg. Minuten verstrichen. Türen gingen auf und zu. Männerstimmen riefen, Unruhe machte sich breit. Im Salonwagen direkt davor wurde etwas verkündet – vielleicht vom Schaffner. Aber was er sagte, war nicht zu verstehen.
    Juliet stand auf und ging nach vorn, hielt Ausschau über die vorderen Waggons hinweg. Sie sah mehrere Männer im Schnee umherlaufen.
    Eine der beiden einsamen Frauen kam hinzu und trat neben sie.
    »Ich hatte im Gefühl, dass etwas passieren wird«, sagte die Frau. »Das hatte ich schon im Gefühl, als wir hier anhalten mussten. Ich wollte nicht, dass wir weiterfahren, ich dachte, dann passiert was.«
    Die andere der beiden einsamen Frauen stand inzwischen hinter ihnen.
    »Das ist nichts weiter«, sagte sie. »Vielleicht ein Ast auf den Gleisen.«
    »Die haben so ein Ding vorne vor dem Zug«, ließ die erste Frau sie wissen. »Das ist dazu da, um so was wie einen Ast auf den Gleisen beiseite zu räumen.«
    »Vielleicht ist er gerade im Moment runtergefallen.«
    Beide Frauen sprachen mit demselben nordenglischen Tonfall und ohne die Höflichkeit von Freunden oder Zufallsbekanntschaften. Als Juliet sie jetzt von nahem betrachten konnte, sah sie, dass sie wahrscheinlich Schwestern waren, obwohl die eine ein jüngeres, breiteres Gesicht hatte. Also reisten sie zusammen, saßen aber getrennt. Oder vielleicht hatten sie sich gestritten.
    Der Schaffner kam die Stufen zum Aussichtswagen herauf. Auf halbem Wege blieb er stehen, um etwas zu sagen.
    »Kein Grund zur Beunruhigung, meine Herrschaften, nur ein Hindernis auf den Gleisen. Wir bedauern die Verspätung, und wir fahren so bald wie möglich weiter, aber es kann noch ein Weilchen dauern. Der Oberkellner sagt mir, in ein paar Minuten kriegen Sie hier umsonst einen Kaffee.«
    Juliet folgte ihm die Stufen hinunter. Sie hatte inzwischen ein eigenes Problem, das ihr in dem Augenblick, als sie aufstand, bewusst geworden war und das sie zwang, zu ihrem Platz und ihrer Reisetasche zurückzukehren, egal, ob der Mann, dem sie eine Abfuhr erteilt hatte, noch da war oder nicht. Auf ihrem Weg durch die Waggons kamen ihr andere Reisende entgegen. Wieder andere drängten sich an den Fenstern auf der einen Seite des Zuges oder standen zwischen den Waggons herum, als erwarteten

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