Tricks
Kind nie Gelegenheit bekommen hatte. Nicht, dass sie selbst dazu Lust gehabt hätte, da sie zu der Zeit schon in Bücher vertieft gewesen war, aber sie begrüßte alle Anzeichen dafür, dass Penelope sich zu einem normaleren Mädchen entwickelte, als sie selbst es gewesen war.
Eric hatte Bedenken gegen das Ganze. Er fand Penelope zu jung dafür. Es gefiel ihm nicht, dass sie mit Leuten in Urlaub fuhr, über die er so wenig wusste. Und jetzt, wo sie im Internat war, sahen sie sie ohnehin selten genug – warum sollte diese Zeit noch verkürzt werden?
Juliet hatte noch einen anderen Grund – sie wollte einfach Penelope in den ersten paar Wochen der Sommerferien aus dem Weg haben, denn zwischen ihr und Eric war die Luft nicht rein. Sie wollte die Dinge geklärt haben, und sie waren nicht geklärt. Sie wollte dem Kind zuliebe nicht so tun müssen, als sei alles gut.
Eric dagegen wäre es das Liebste gewesen, alle Schwierigkeiten unter den Teppich zu kehren. Erics Ansicht nach würde Höflichkeit die Harmonie wiederherstellen, würde der äußere Anschein von Liebe reichen, um miteinander auszukommen, bis vielleicht die Liebe selbst wiederentdeckt wurde. Und wenn es in Zukunft nur noch den äußeren Anschein gab – nun, dann musste der genügen. Eric konnte damit zurechtkommen.
Das konnte er tatsächlich, dachte Juliet verzweifelt.
Penelope zu Hause zu haben, ein Grund für beide, sich gut zu benehmen – ein Grund für Juliet, sich gut zu benehmen, da seiner Meinung nach sie diejenige war, die für all den Unfrieden sorgte –, das kam Eric sehr zupass.
Was Juliet ihm auf den Kopf zusagte und damit eine weitere Quelle der Verbitterung und des Vorwurfs schuf, denn er vermisste Penelope schmerzlich.
Der Anlass für ihren Streit war nicht neu und nicht ungewöhnlich. Durch eine kleine Indiskretion – und die Offenheit oder vielleicht auch Bosheit ihrer langjährigen Nachbarin Ailo, die immer noch Vorbehalte gegen Juliet hatte und sich nach wie vor Erics toter Frau verbunden fühlte – hatte Juliet im Frühjahr erfahren, dass Eric mit Christa geschlafen hatte. Christa war seit langer Zeit ihre beste Freundin, aber davor war sie Erics Freundin gewesen, seine
Geliebte
(obwohl niemand mehr dieses Wort gebrauchte). Er hatte sich von ihr getrennt, als er Juliet gebeten hatte, mit ihm zusammenzuleben. Sie hatte damals alles über Christa erfahren und schlecht Einwände gegen etwas haben können, was vor ihrer Zeit mit Eric passiert war. Das hatte sie auch nicht. Wogegen sie Einwände hatte – was, so behauptete sie, ihr das Herz gebrochen hatte –, das war danach geschehen. (Aber immer noch lange her, sagte Eric.) Es war geschehen, als Penelope ein Jahr alt war und Juliet sie nach Ontario mitgenommen hatte. Als Juliet nach Hause gefahren war, um ihre Eltern zu besuchen. Um – wie sie jetzt immer wieder betonte – ihre sterbende Mutter zu besuchen. Als sie fort gewesen war und sich mit jeder Faser ihres Wesens nach Eric gesehnt hatte (das glaubte sie jetzt), war Eric einfach zu seinen alten Gewohnheiten zurückgekehrt.
Anfangs gestand er, dass es einmal (volltrunken) passiert war, aber nach weiterem Nachbohren und mit einem erheblichen Alkoholpegel im Hier und Jetzt gab er zu, dass es wahrscheinlich öfter passiert war.
Wahrscheinlich? Er konnte sich nicht erinnern? So viele Male, an die er sich nicht erinnern konnte?
Bestimmt erinnerte er sich.
*
Christa kam Juliet besuchen, um ihr zu versichern, dass es nichts Ernstes gewesen war. (Das war auch Erics Refrain.) Juliet sagte zu ihr, verschwinde und komm nie wieder. Christa beschloss, dass dies ein guter Zeitpunkt war, um ihren Bruder in Kalifornien zu besuchen.
Juliets Empörung über Christa war eigentlich eher eine Formsache. Sie verstand durchaus, dass ein paar schnelle Nummern mit einer alten Freundin (Erics haarsträubende Beschreibung, sein unbedachter Versuch, das Ganze zu verharmlosen) nicht annähernd so bedrohlich waren wie eine leidenschaftliche Umarmung mit einer Frau, die er gerade erst kennengelernt hatte. Außerdem war ihre Empörung über Eric so heftig und unbezähmbar, dass daneben wenig Platz für Schuldzuweisungen an jemand anders blieb.
Sie behauptete, dass er sie nicht liebte, nie geliebt hatte, sich über sie lustig gemacht hatte, mit Christa zusammen, hinter ihrem Rücken. Er hatte sie vor Leuten wie Ailo (die schon immer gegen sie gewesen war) zum Gespött gemacht. Dass er sie achtlos behandelt hatte, keine Achtung vor der Liebe
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