Tricks
und zugleich heitere Art. Über
Anna Karenina
zum Beispiel sagte sie: »Ich weiß nicht, wie oft ich es gelesen habe, aber ich weiß noch, dass ich mich anfangs mit Kitty identifiziert habe, und dann mit Anna – ach, es war schrecklich, mit Anna, und jetzt, wissen Sie, beim letzten Mal habe ich mich die ganze Zeit über in Dolly hineinversetzt. Dolly, wenn sie aufs Land zieht, mit den vielen Kindern, und sie muss sich etwas wegen der Wäsche überlegen, es gibt das Problem mit den Waschzubern – ich nehme an, so wandeln sich die Sympathien, wenn man älter wird. Die Leidenschaft wird hinter die Waschzuber verbannt. Aber hören Sie bloß nicht auf mich. Tun Sie das etwa?«
»Ich weiß nicht, ob ich überhaupt auf irgendjemanden höre.« Grace war von sich selbst überrascht und überlegte, ob sie sich eingebildet oder unreif angehört hatte. »Aber ich höre Sie gerne reden.«
Mrs. Travers lachte. »Ich höre mich auch gerne reden.«
*
Um diese Zeit herum begann Maury, von Heirat zu sprechen. Bis da war es noch eine ganze Weile hin – erst musste er seine Ausbildung abschließen und Arbeit als Ingenieur finden –, aber er sprach davon, als sei es etwas, das ihnen beiden unausweichlich bevorstand.
Wenn wir verheiratet sind
, sagte er dann, und statt das in Frage zu stellen oder ihm zu widersprechen, hörte Grace ihm neugierig zu.
Wenn sie verheiratet waren, würden sie ein Haus am Little Sabot Lake haben. Nicht zu nah bei seinen Eltern, nicht zu weit fort. Es würde natürlich nur ein Sommerhaus sein. Die übrige Zeit würden sie dort verbringen, wo seine Arbeit sie hinführte. Das konnte überall sein – Peru, Irak, die Nordwestterritorien. Der Gedanke an solche Reisen begeisterte Grace – wesentlich mehr als der Gedanke an das, was er mit strengem Stolz
unser eigenes Heim
nannte. Nichts von all dem kam ihr auch nur im Geringsten realistisch vor, andererseits war ihr der Gedanke, ihrem Onkel zu helfen, in der Stadt und in dem Haus, in dem sie aufgewachsen war, das Leben einer Rohrflechterin zu führen, auch nie realistisch vorgekommen.
Maury fragte sie immer wieder, was sie ihrer Tante und ihrem Onkel von ihm erzählt hatte, wann sie ihn in ihr Heim mitnahm, damit er sie kennenlernen konnte. Sogar sein unbekümmerter Gebrauch dieses Wortes –
Heim
– kam ihr ein wenig ausgefallen vor, auch wenn es eins war, das sie selbst schon benutzt hatte. Sie fand es passender, vom
Haus meiner Tante und meines Onkels
zu reden.
Tatsächlich hatte sie in ihren kurzen wöchentlichen Briefen nichts weiter geschrieben, als dass sie »mit einem Jungen, der den Sommer über hier arbeitet« ausging. Vielleicht erweckte sie den Eindruck, dass er auch in dem Hotel arbeitete.
Nicht, dass sie nie daran gedacht hatte zu heiraten. Diese Möglichkeit – halb eine Gewissheit – war durchaus in ihren Gedanken gewesen, zusammen mit dem Leben als Rohrflechterin. Trotz der Tatsache, dass ihr noch nie jemand den Hof gemacht hatte, war sie der Meinung gewesen, dass es eines Tages passieren würde, und auf genau diese Weise, der Mann würde sofort wissen, woran er sei. Er würde sie sehen – vielleicht würde er einen Stuhl zur Reparatur bringen –, und bei ihrem Anblick würde er sich verlieben. Er würde gut aussehen, wie Maury. Leidenschaftlich sein, wie Maury. Wohltuende körperliche Annäherungen würden folgen.
Das war nämlich noch nicht passiert. In Maurys Auto oder draußen auf dem Gras unter den Sternen war sie dazu bereit. Und Maury war erregt, aber nicht dazu bereit. Er fühlte sich dafür verantwortlich, sie zu beschützen. Und die Bereitwilligkeit, mit der sie sich anbot, brachte ihn aus der Fassung. Er spürte vielleicht, dass Kälte darin lag. Ein Vorsatz, den er nicht verstehen konnte und der nicht zu seiner Vorstellung von ihr passte. Sie selbst verstand nicht, wie kalt sie war – sie glaubte, dass der Eifer, den sie an den Tag legte, zu den Freuden führen musste, die sie aus der Einsamkeit ihrer Phantasiewelt kannte, und sie fand, es war an Maury, die Führung zu übernehmen. Was er verweigerte.
Nach diesen Grabenkämpfen waren beide verstört und ärgerten oder schämten sich ein wenig, weshalb sie nicht aufhören konnten, sich zu küssen, zu umarmen und sich zärtliche Worte zu sagen, um sich beim Abschied auszusöhnen. Für Grace war es eine Erleichterung, anschließend allein zu sein, im Schlafsaal zu Bett zu gehen und die letzten Stunden aus ihrer Erinnerung zu tilgen. Und sie dachte, dass es für Maury
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