Trickser: Sammelband: Der Iril-Konflikt - Zwischen allen Fronten (German Edition)
vergänglicher Helligkeit. Je heller ein Gebäude strahlte, desto größer war die Datenmenge, die es verarbeitete. Embleme oder schlichte Schriftzüge wiesen den Besitzer der Gebäude aus: das in Privatbesitz befindliche Elektrizitätswerk, die Rechtsprecherkanzlei, die konkurrierenden Abfallbetriebe und Casinos.
Unscheinbar am Rand des Zentrums lag Blaines Ziel. Obwohl Datenregen unaufhörlich auf seine Wände einprasselte und dahinter verschwand, und zudem eine große Menge Informationspakete zu ihm flogen, glühte es nur schwach. Es brauchte einen intensiven zweiten Blick, ehe es einem Beobachter auffiel – was genau dem Wunsch seiner Besitzerin entsprach.
Mit riesigen Schritten eilte Blaine auf Forans Cyberheim zu, verließ das Transportband und kam abrupt vor dem namenlosen Gebäude zum Stehen. Über seinem Kopf verglühte der Schweif eines aus dem Haus schießenden Datenpakets wie eine Sternschnuppe. Blaine legte die Hand seines Avatars auf die glatte Wand und wartete. Seine Finger leuchteten, dann die Handfläche, als seine Identität überprüft wurde. Nach einem kurzen Moment erschien auf Blaines Augenhöhe ein Gesicht. Es schien sich aus der Wand zu drücken, als wäre diese zu einer formbaren, weichen Masse geworden. Die Maske eines geschlechtslosen Menschengesichts blickte ihn an. Foran nahm im Cyberraum gern die Gesichter ihrer Gäste an, als eine Form der Höflichkeit gewissermaßen.
[Blaine, schön dich so bald wiederzusehen.] Die Wortprojektion war nicht gesprochen, sondern pure Information direkt ins Gehirn. [Warum sollte ich deiner Auftraggeberin nichts sagen?]
Blaine sandte seine Antwort auf dem gleichen Weg zurück. [Wenn du ihr alles gesagt hättest, wäre ich vielleicht überflüssig geworden. Auch ich muss leben.]
[Und da du meinen Auftrag nicht ausgeführt hast, kannst du das Gehalt als Vermittler sicher sehr gut gebrauchen.]
[Nicht gehässig werden. Es war ja nicht so, als hätte man uns eine Wahl gelassen.]
[Was ist im Sischum-System denn passiert?] Die Maske in der Wand machte große, neugierige Augen.
[Das erzähle ich dir, wenn die Sache vorüber ist.]
Die Maske machte einen Schmollmund.
Blaine beruhigte sie. [Ich verspreche es. Es geht hier um Iril, und da sind die Merds bestimmt nicht weit. Je weniger du von mir weißt, desto besser. Wenn alles vorbei ist, gebe ich einen aus und erzähle dir die ganze Geschichte. Abgemacht?]
[Abgemacht.] Die Maske nickte lächelnd. [Wenn du noch was drauflegst, sage ich dir auch, wie weit die Merds mit ihren Untersuchungen sind.]
[Wie viel?]
[Hundertfünfzig.]
[Achtzig. Vermutlich tratscht schon die ganze Stadt darüber.]
[Du willst mich wohl ärgern. Hier geht es um polizeiinterne Daten. Hundertzwanzig.]
[Hundert. Zieh es von meinem Gehalt ab.]
[Du hast mir noch nichts geliefert, wofür ich zahlen würde.]
[Und woher soll ich die neunzig nehmen, wenn du mich nicht bezahlst?]
Die Maske schüttelte sich. [Unverbesserlich. Also gut, hier hast du die Informationen.]
Aus dem Mund der Maske schossen zwei Datenpakete. Zu schnell, um sie mit dem Auge zu erfassen, überwanden sie die Entfernung zu Blaines Abbild und fuhren in dessen Kopf. Wie in einem Traum, in dem man sich Wahrheiten sicher war, die man nie zuvor erahnt hatte, wusste Blaine plötzlich alles über Pasi Rundau. Dieser Kapitän hatte das Iril-Schiff gefunden und geplündert. Er hatte die Märkte mit seinem Diebesgut abgegrast und schließlich das ganz große Geschäft gemacht. Blaine wusste nun, wohin er sich wenden musste. Und er wusste um die Spezialeinheit der Richterin, die sich in diesen Stunden ein Hauptquartier auf Rok einrichtete und die Jagd nach den Iril-Gütern längst begonnen hatte. [Wie viel wissen die Ermittler?]
[Sie suchen Rundau. Da sie noch kein Kommando zur Kimmung geschickt haben, bist du wohl im Vorteil.]
[Gut zu wissen. Ich brauche noch etwas: Besitzurkunden für unser neues Schiff.]
[Wie viele?]
[Vier. Eine auf meinen Namen. Ich muss sie über Umwege erhalten haben, die nachvollziehbar sind und mich unschuldig dastehen lassen.]
[Natürlich. Der übliche Preis mit zehn Prozent Aufschlag.]
[Warum das?]
[Die Richterin hat Rok im Visier.]
[Das hatten schon ihre Vorgänger.]
Sie verhandelten noch eine Weile, bevor Blaine die Daten der Leved an Foran übergab, damit sie die Urkunden anpassen konnte. Schließlich verabschiedeten sie sich und Blaines Doppelgänger löste sich auf.
In seiner Kabine auf der Leved schaltete Blaine den Adapter aus und
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