Trickser: Sammelband: Der Iril-Konflikt - Zwischen allen Fronten (German Edition)
erreicht hatte. Er unterdrückte ein Grinsen und beantwortete ihre Fragen.
***
Tischara betrat das Vorzimmer. Auf einer Anrichte stand eine Sammlung Räucherstäbchen, die sie erschnüffelte. Sie zog das Stäbchen hervor, welches ihrer Meinung nach am besten passte, dann zog sie die Tür zum abgedunkelten Konferenzraum auf. An dem mittig stehenden Tisch saß Priester-Rottenkapitän Salkahl im Fersensitz. Sein Räucherstäbchen steckte in einer Halbkugel aus Moos und glimmte bereits. Ein dünner Rauchfaden mit dem Geruch von Hama stieg von ihm auf. Tischara entzündete ihr Stäbchen, das den Duft von Yalie hatte. Die beiden Gewürze korrespondierten gut. Auch sie setzte sich nieder. Niemand sprach ein Wort.
Wenig später kam Solov herein – sein Räucherstäbchen roch nach Zimt und brachte Spannung in den Raum –, wandte sich vom Tisch ab und zog sich in eine Ecke zurück. Tischara beobachtete, wie er ausgiebig seine Hände in einer Schüssel mit Blütenwasser reinigte. Solov war der Iril gewesen, der während des Verhörs hinter Blaine gestanden hatte. Um in die Gedanken und Gefühle des Eianers einzudringen, hatte er Körperkontakt halten müssen. Er hatte sein linke Hand auf die rechte des Gefangenen gedrückt – und nun säuberte er sie von den Spuren des Ungläubigen. Es war eine Eigenart derer, die mit den Empfindungen des Geinscha gesegnet waren, dass sie den Körperkontakt zu anderen mieden und peinlichst auf Reinlichkeit achteten.
Vermutlich würde ich das auch tun, wenn ich die schmutzigen Gedanken eines jeden hören könnte, dachte Tischara. Sie beneidete den Geinscha-Gesegneten nicht um seine Fähigkeiten, was aber nicht bedeutete, dass sie ihm Sympathie entgegenbrachte. Solovs Widerwille gegen die Berührung eines Nicht-Irils dominierte noch immer seinen Körpergeruch, wie Tischara feststellte. Sie hätte von jemandem seines Standes mehr Disziplin erwartet.
Solov beendete seine Waschung, zog Handschuhe und Armstulpen über und setzte sich zu ihnen. Das Fell Solovs war sehr hell, mit nicht mehr als einem Hauch ins Rötliche. Er trug mehrere Amulette um den Hals, und seine Mähne war zu drei Zöpfen geflochten. Vom linken Nasenloch seiner Schnauze bis fast zum Auge zog sich eine Narbe, auf der kein Fell wuchs. Der Geinscha-Gesegnete war der Älteste im Raum, und so war Salkahls erste Frage an ihn gerichtet: «Was habt Ihr gehört, Gesegneter?»
«Er hat die Toten gesehen und spürte eine starke Gefühlsaufwallung bei der Erinnerung an dieses Bild», sagte Solov. Seine Stimme war kräftig, vom Alter ungebrochen. «Er war nicht auf der Kotapaskis Wunsch, habt Ihr gesagt? Woher kam dann dieses Bild.»
«Die Frau hatte eine Kamera in ihrem Helm, vermutlich hat sie ihm diese Bilder ins Raumschiff übertragen», sagte Salkahl.
«Aber diese Gefühlsaufwallung», insistierte Solov. «Warum fühlt er so stark, wenn er ihm unbekannte Tote sieht? Sollten ihm Fremde nicht egal sein?»
«Vermutlich.»
Solov fuhr in überzeugtem Ton fort: «Als er von dem Fund des Wracks sprach, war nicht nur der Wunsch nach Rettung zu spüren. Ich fühlte Gier in ihm. Das Wrack schien ihm eine willkommene Gelegenheit, Geld zu verdienen.»
«Also ist er vielleicht doch an dem Diebstahl beteiligt.»
«Das halte ich für wahrscheinlich.»
«Dann haben Sie die Logbücher frisiert», folgerte Salkahl.
Tischara mischte sich ein, bevor dieses Gespräch in die falsche Richtung führte. Sie wusste um die Stärken und Grenzen der Gabe Geinschas und war sich nicht sicher, ob der Kapitän ebenso viel darüber wusste. «Was für ein Gefühl war das, beim Anblick der Toten, Gesegneter? Beschreibt es uns bitte.»
«Er war abgestoßen», sagte Solov.
«Nur von dem Bild oder der Tat an sich? Habt Ihr eine Erinnerung gesehen, einen konkreten Mord?»
Solovs Stimme verriet, wie angestrengt er sich zu erinnern bemühte. «Erinnerungsfragmente einer Tat konnte ich nicht entdecken, nur das Bild der Toten. Aber das Erkunden der Gedanken und Gefühle ist nie eindeutig. Niemands Gedanken sind chronologisch oder in kausalen Zusammenhängen, gerade bei emotional aufwühlenden Erinnerungen.»
«Und Symbole oder Metaphern haben für jedes Individuum eine andere Bedeutung. Gerüche rufen bei jedem fühlenden Wesen andere Erinnerungen hervor.» Tischara wandte sich an den Kapitän. «Genau darauf möchte ich hinaus: Wenn schon bei uns Iril ein Geruch so viel unterschiedliche Erinnerungen auslösen kann, wie viele dann erst bei einem
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