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Tricontium (German Edition)

Tricontium (German Edition)

Titel: Tricontium (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Claußnitzer
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erhielt, heftig genug, sie seitwärts gegen die nun halbleere Kiste und hinab in das Erdloch taumeln zu lassen.
    Es bedurfte keiner weiteren Aufforderung, um doch noch den allgemeinen Kampf, den Herrad hatte vermeiden wollen, losbrechen zu lassen, doch auch sie selbst hatte alle Vernunftgründe, die dagegen sprachen, sich auf Asgrim zu stürzen, erst einmal vergessen.
    Der Dolch lag schon in ihrer Hand, bevor sie sich mit dem freien Arm an der Steinplatte emporstemmte, und sie traf gut, wenn auch nicht die Stelle, auf die sie eigentlich hatte zielen wollen. Sie hatte nicht vorausahnen können, dass Asgrim sich mittlerweile in der Überzeugung umgewandt hatte, sie für eine Weile losgeworden zu sein, aber ein durchstochener Hosenboden war besser als nichts.
    Keinen Augenblick zu früh warf sie sich wieder nieder; der Pfeil, den einer der hinzugeeilten Männer Asgrims für sie bestimmt hatte, ging über sie hinweg, ohne Schaden anzurichten.
    Gleich darauf bereute sie, in der Grube Schutz gesucht zu haben, als die Schreiberin des Richters hart bedrängt von einem der Krieger Asgrims gegen die Truhe stolperte, die abermals ins Wanken geriet und auch noch die letzten Steine ausspie. Herrad warf einen der größeren nach dem Angreifer, bevor sie sich nach oben wagte, nur, um sich abermals Asgrim gegenüberzusehen, zu dessen Füßen eben Honorius zusammengebrochen war.
    Der Fürst blutete, doch war er so kaum weniger gefährlich als ein verletzter Keiler und durch die eine Wunde, die sie ihm beigebracht hatte, eher verärgert als wesentlich geschwächt. In dem allgemeinen Lärm verstand sie kaum, was er ihr zurief, doch es mochte etwas wie »Wagt Ihr Euch doch noch hervor?« sein, als sei sie es nicht einmal wert, ausgefallener beleidigt zu werden.
    Zugegebenermaßen war auch die Gegenseite nicht viel geistreicher. »Ihr seid ein Feigling und ein Mörder!«, schrie einer der Männer des Richters, der zu seinem gestürzten Herrn geeilt war. »Ihr stecht harmlose Leute nieder, aber vor wahren Kriegern würdet Ihr davonlaufen!«
    Wulf war augenscheinlich weniger davon überzeugt, dass bloße Worte Asgrim aufhalten würden; er warf Herrad lieber sein Schwert hin. Als sie es ergriff und den Dolch in die linke Hand wechselte, begannen von fern die Glocken der Bischofskirche zu läuten. Erst war sie geneigt, die Wahrnehmung für eine Sinnestäuschung zu halten, doch noch während Asgrim zum ersten Schlag ausholte, stimmten nach und nach die anderen Kirchen der Stadt ein, dumpf und gemessen, als hätten sie einen Todesfall zu verkünden.
    Die Richterin wehrte den Hieb mehr schlecht als recht ab und bemühte sich, ein wenig Abstand zwischen sich und das Erdloch zu bringen. Immerhin war kein weiteres Mal auf sie geschossen worden, als wolle niemand sich in gerade diesen Zweikampf einmischen, doch Asgrim gab ihr genug zu tun; er setzte nach, als sie zurückwich und auf dem feuchten Boden fast ausglitt.
    Erst als sein Schwert abermals niedersauste, wurde ihr bewusst, dass die Kämpfe ringsum völlig zum Erliegen gekommen waren. Die Neugier, wie diese eine Begegnung ausgehen würde, tat ihre Wirkung, gepaart mit dem stetigen Läuten der Glocken, das selbst der Wind, der um die Grabsteine pfiff, nicht übertönen konnte.
    Sogar der Fürst schien sich dem eigenartigen Klang auf die Dauer nicht entziehen zu können. Als auch noch die kleine Kapelle vor dem Südtor als letzte mit einfiel, brachte er sich mit zwei Schritten vor dem Stoß, den Herrad eben halbherzig führte, in Sicherheit und hob den linken Arm, als wolle er um eine Unterbrechung, wenn nicht um Frieden, bitten. Herrad blieb schwer atmend stehen und lauschte selbst, ohne Asgrim aus den Augen zu lassen.
    »Das ist keine Warnung vor Feuer oder Feinden«, sprach schließlich Ardeija aus, was sie alle dachten.
    »Nein«, pflichtete ihm ein blonder Mann vom Brandhorst bei, der eben noch gegen ihn gekämpft hatte.
    Honorius’ Schreiberin rieb sich das linke Handgelenk, als habe sie dort Schmerzen. »Das sind Totenglocken«, sagte sie. »Ganz bestimmt. Ist vielleicht der Bischof tot?«
    »Das werdet Ihr alle früh genug erfahren«, verkündete Malegis, der neben dem reglosen Honorius kauerte, vernehmlich. »Bevor es aber hier einen Toten gibt, solltet Ihr diesen sinnlosen Streit beenden, zumal Ihr doch ohnehin um nichts weiter kämpfen könnt als einen lächerlichen Haufen Steine.«
    Der Nachdruck, mit dem er gerade dies Letzte betonte, ließ Herrad hellhörig werden, doch in dieser

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