Tricontium (German Edition)
Nekropole entkommen konnte.
Noch dachte Herrad allerdings nicht daran, Asgrim das Feld kampflos zu überlassen, wenn sie auch mit Besorgnis vermerkte, dass Honorius seine Leute vor dem Grabstein eines reichen Wollhändlers um sich geschart hatte, als gedenke er, nur seine eigene Haut zu retten und die Störenfriede, die seine Schatzsuche unterbrochen hatten, getrost selbst sehen zu lassen, wie sie zurechtkamen.
Unter diesen Umständen war es wohl nicht das Schlechteste, unbesehen einen Koch eingestellt zu haben, der eigentlich keiner war. Nun, da nichts mehr zu ändern war, wirkte Wulf nicht länger beunruhigt, sondern eher, als sehe er der Begegnung mit den Leuten vom Brandhorst fast mit einem heimlichen Vergnügen an der Gefahr entgegen. Herrad fühlte sich sehr an das Lied des fahrenden Sängers erinnert, das mehr als nur einen Verweis auf wilde Wölfe enthalten hatte, und beschloss, selbst zu lächeln. Wenn nichts ging, wie es gehen sollte, und eigentlich alles Unglück schon geschehen war, konnte man wahrhaftig Wölfe loslassen, lachen und die Feinde vielleicht nicht besiegen, aber doch gehörig verunsichern.
Asgrim besaß den Anstand, sich selbst mit zweien seiner Männer offen zu zeigen; die beiden anderen waren nur flinke graue Schatten zwischen den Steinen und Büschen, darauf bedacht, ihre Anwesenheit spüren zu lassen, sich aber nicht offen genug zu zeigen, um deutlich als so wenige erkannt oder näher auf ihre Bewaffnung hin betrachtet zu werden. Es war ein hübsches Gaukelspiel und Malegis, der begonnen hatte, behaglich ein Knochenamulett zwischen den Fingern zu reiben, lächelte darüber.
Herrad trat ein paar Schritte vor, als ginge sie einem Gast entgegen, und achtete darauf, ihren Dolch nicht sehen zu lassen, bevor es unumgänglich wurde. »Ihr kommt gewiss, um mich zu sprechen, Fürst Asgrim«, sagte sie und raffte mit der linken Hand den Mantel, als wolle sie den Saum von einer Pfütze fernhalten; in Wahrheit ging es ihr darum, rasch einen behelfsmäßigen Schutz um den Arm, der einen Schild hätte tragen sollen, winden zu können, falls Asgrim sich nicht allein auf die bedrohliche Wirkung seiner Begleiter verlassen wollte, sondern tatsächlich den Kampf suchte. »Es ist auch an der Zeit, dass Ihr Eure Entschuldigung für die widerrechtliche Gefangennahme meines Hauptmanns aussprecht. Seid versichert, dass ich Euch das lange Warten nicht nachtragen werde.«
Honorius schienen die frischen Flüche auszugehen; seine gemurmelte Reihe von Verwünschungen begann sich zu wiederholen.
Asgrim beachtete ihn nicht weiter. »Ihr nehmt den Mund wie immer zu voll, Herrad von Mons Arbuini, und dies ist nicht einmal Euer Gerichtsbezirk«, erwiderte er, eine Hand wie zufällig auf seinen Schwertgriff gestützt, und kam etwas näher. »Wenn ein Krieger in feindlicher Absicht auf meinem Land erscheint, so ist dies ein Angriff, den ich beantworten kann, wie es mir gut erscheint.«
Herrad war nicht zurückgewichen. »Dieser Krieger steht in meinem Dienst. Ich stehe in dem des Königs und verleihe meinen Leuten die Vollmacht, Recht und Gesetz durchzusetzen. Wenn Ihr einen meiner Männer daran hindert, über Euer Land zu reisen, brecht Ihr damit das Recht des Königs.«
Der Wind trieb Asgrim das ergraute Haar ins Gesicht. Bei trockenem Wetter hätte er gewiss eindrucksvoll und ungezügelt gewirkt wie einer der alten Götter, doch so nass, wie sie alle waren, gab selbst er eine jämmerliche Figur ab. »Das Recht des Königs ist erst gebrochen worden, als Euer Krieger sich meinem Gewahrsam entzogen, meinen Schwertmeister zum Verrat angestiftet und mich in meinem eigenen Hause bedroht hat. Wenn das im Namen des Königs geschehen ist, so schuldet der König mir Buße und Schadenersatz.« Er nickte zu der Truhe hin, die immer noch unwürdig eingekeilt aus der Grube hervorragte. »Wenn man mir nichts Falsches berichtet hat, liegt dort aber genug Geld des Königs, um die Sache zu bereinigen. Schließt auf und lasst uns abrechnen; dann werde ich Euch nicht weiter behelligen.«
Herrad fragte sich flüchtig, woher Asgrim wissen wollte, dass sie oder irgendjemand sonst über einen Schlüssel zu Otachars Kriegskasse verfügte. Sie konnte nur hoffen, dass er diese Einzelheit nicht gewaltsam Wulfila oder seinem Jungen abgepresst hatte. »Wenn Ihr Forderungen an den König habt, wendet Euch an den Vogt, der ihn in Aquae vertritt; mir steht keine Entscheidung darüber zu. Ich werde diese Truhe gleich zu ihm bringen lassen.« Ob
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