Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tricontium (German Edition)

Tricontium (German Edition)

Titel: Tricontium (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Claußnitzer
Vom Netzwerk:
Geta bereits zurück in Aquae war, wusste der Fürst vom Brandhorst wohl besser als sie. »Begleitet mich, wenn Ihr wollt.«
    Asgrim lachte. »Kein Gesetz hindert mich, eine Forderung selbst einzutreiben und nicht erst den Vogt mit der Festsetzung einer Bußzahlung zu behelligen. Lest die Leges et constitutiones einmal gründlich, wenn Ihr mir nicht glaubt.«
    »Eine anerkannte Forderung«, berichtigte Herrad, die davon ausging, mindestens so gründlich wie er gelesen zu haben. »Niemandem hier steht es zu, eine Forderung an den König unbesehen anzuerkennen.«
    Der Fürst betrachtete sie so gelangweilt, als wäre sie nichts weiter als ein verärgertes kleines Tier, dessen Zorn er bisher zugelassen hatte, weil er ihn unterhaltsam fand. »Dennoch sprecht Ihr für den König, wenn es gilt, Euren Krieger zu verteidigen! Das Studium der Rechte hat Eure Zunge ganz brauchbar gespalten, das muss ich Euch lassen – doch genug ist genug. Lasst die Truhe herausholen und öffnen.«
    Honorius rang sich endlich dazu durch, das Gespräch durch mehr als die leise Bekundung seiner Unzufriedenheit zu bereichern. »Wenn Ihr die Truhe wollt, werdet Ihr sie selbst herausholen müssen«, sagte er und wagte sich endlich hinter dem schützenden Wall seiner Leute hervor, »Frau Herrad hat Euch klar und deutlich gesagt, was sie von Euren Ansprüchen hält, und meine Unterstützung bei diesem Unrecht habt Ihr auch nicht.«
    »Besinnt Ihr Euch doch noch darauf, dass Ihr eigentlich Richter seid?« Nun wirkte Asgrim aufrichtig erheitert, und er wandte sich kurz halb zu seinen beiden Begleitern um, als wolle er sie auffordern, mitzulachen. »Habt Ihr Eurer wackeren Mitstreiterin auch erzählt, wie Ihr in Tricontium die Gräber des Helmold und der Severa ausgenommen habt, oder dass Ihr dort oben ohnehin recht wenig um das Recht des Königs besorgt wart, sondern lieber mit den Häuptlingen hinter der Grenze gejagt und getrunken habt? Doch das wird Frau Herrad hier nicht weiter stören, wenn sie schon ihren verbrecherischen Hauptmann schützt und sich auch sonst nur mit Gesindel umgibt.«
    Die schöne Rede verfehlte ihre Wirkung nicht: Für kurze Zeit waren alle zu abgelenkt, um zu bemerken, welchen wortlosen Befehl der Blick des Fürsten zu seinen beiden Männern hinüber enthalten hatte. Erst als die Streitaxt des jüngeren Kriegers sich krachend ins Holz der Truhe grub, begriff Herrad, dass sie zu unaufmerksam gewesen war.
    »Ihr vergreift Euch an Königsgut!« verkündete sie laut genug, um sicherzustellen, dass irgendjemand später würde beschwören können, dass die Anklage vor Zeugen ausgesprochen worden war. Zugleich aber wusste sie nur zu gut, dass sie damit Asgrim selbst, der so klug gewesen war, die Truhe nicht eigenhändig anzurühren oder laut seine Anweisungen zu erteilen, kaum würde beikommen können. Hätte sie ihre Leute in üblicher Stärke hinter sich gehabt, hätte sie geradewegs einschreiten und den Raub verhindern können, doch so, wie die Dinge standen, wäre es mehr als töricht gewesen, einen Kampf anzuzetteln.
    Vier Schläge waren nötig, bis die Seitenwand der Truhe barst, doch statt eines Stroms von Silber und Gold stürzten nur unzählige kleine Steine in die Grube, Flusskiesel ebenso wie Brocken des rötlichen Sandsteins von Mons Arbuini.
    Verblüfft hielt der Krieger, der die Axt geschwungen hatte, inne. Die Stille, die eintrat, wirkte nach all dem Lärm und den heftigen Worten unnatürlich, so angespannt wie das verzweifelte Bemühen, in einem Versteck oder Hinterhalt keinen Laut von sich zu geben. Es war kein friedliches Schweigen, doch das Unverständnis und die Enttäuschung, die auf allen Gesichtern – das undurchschaubare des Zauberers ausgenommen – zu lesen waren, einten kurz sämtliche Gegner.
    Dann begann Herrad zu lachen. »Ich will nicht kleinlich sein, Fürst! Nehmt, was Ihr brauchen könnt, und viel Freude damit.«
    Asgrim war jedoch niemand, den ein eigener oder allgemeiner Misserfolg erheitert hätte, schon gar nicht, wenn er dabei selbst zur Zielscheibe von Spott und Gelächter wurde. Viel lieber suchte und fand er eine Schuldige für die unerwartete Abwesenheit des Schatzes.
    »Verdammte Hexe, das wirst du bereuen!« Vielleicht war er trotz aller Wut zu vorsichtig, eine königliche Richterin coram publico umzubringen, doch wahrscheinlich hatte sie nur Glück, dass er sein Schwert noch nicht gezogen hatte, sondern die bloße Faust gebrauchte. In jedem Fall war der Schlag, den sie ins Gesicht

Weitere Kostenlose Bücher