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Tricontium (German Edition)

Tricontium (German Edition)

Titel: Tricontium (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Claußnitzer
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Mein kleiner Dieb glaubte nun, es sehr schlau anzustellen, und gab seinen Vater vor dem Vogt von Salvinae für einen ganz gewöhnlichen Verurteilten aus … Und dennoch ist er vierundzwanzig Solidi dabei losgeworden. Ich möchte nur eines wissen: Ist das aus Habsucht geschehen oder aus Mitleid? Hat der Vogt in die eigene Tasche gewirtschaftet oder hat er den Vorwand durchschaut und eine dem eigentlichen Urteil angemessene Buße festgesetzt, ohne Wulfila den versuchten Betrug zum Vorwurf zu machen?«
    »Hast du einen Freund in Salvinae, der das in Erfahrung bringen könnte?«
    »Nein, und ich möchte in der Sache auch nicht unbedingt an Justa schreiben. Die stellt zu viele Fragen. Habt Ihr noch Euren Freund in der königlichen Kanzlei in Padiacum?«
    »Den hätte ich dir gleich vorgeschlagen.« Paulinus lächelte. »Betrachte den Brief schon als geschrieben. Der Mann, um den es geht, ist also dein Koch?«
    Herrad nickte und bemerkte mit Bedauern, dass ihr letztes Zwiebelstück zu angebrannt war, um noch verzehrt zu werden. »Wulf. Er stand seinerzeit in den Diensten Bernwards von Sirmiacum. In den Akten dürfte er aber als ›Corvisianus‹ erscheinen.«
    Bis Paulinus sich darüber wieder beruhigt hatte, war Herrads Teller leer geworden.
    Der magister iuris winkte ab, als sie anbot, mit dem Abwasch zu helfen. »Darum kann ich mich später kümmern. Erst müssen wir sehen, dass du wieder vernünftig wirst.«
    Vor zwanzig Jahren hätte Herrad sich über diese Bemerkung noch weniger gewundert. »Ich dachte eigentlich, das wäre ich.«
    »Wohl nicht in den letzten Tagen.« Paulinus schob die schmutzigen Teller, die er auf dem Boden abgestellt hatte, mit dem Fuß ein Stück beiseite. »Was du bisher erzählt hast, ist schlimm genug, doch dieses Letzte zeigt mir, dass du dabei bist, Dummheiten zu machen. Du lässt dich da auf etwas ein, das weit zu gefährlich für dich ist. Das sind Dinge, von denen man sich fernhalten sollte – aber du fasst mit beiden Händen mitten hinein!«
    So sehr hatte er sich zuletzt über einen angeblichen Fehler erregt, als Herrad ihm seinerzeit erzählt hatte, sie habe das Amt, das man ihr in Isia angetragen hatte, ausgeschlagen, um nach Aquae zurückzukehren.
    Die Richterin musste sich zwingen, sich nicht in alter Gewohnheit aufrechter hinzusetzen, um seinen Tadel anzuhören. »Ihr gebraucht harte Worte für eine Kleinigkeit. Der arme Wulf und seine Familie sind harmloser als alles andere, was mir im Laufe der letzten Woche begegnet ist. Gut, wenn die Sache mit jenen vierundzwanzig Solidi tatsächlich nicht ganz sauber war, werde ich auf die Dauer neu nachdenken müssen, doch bis dahin wird es schon gehen. So bedeutend, dass man ihn auf Schritt und Tritt erkennen oder ihn gemeinhin für eine große Gefahr halten würde, war er damals nun auch wieder nicht.«
    » Fere libenter homines id quod volunt credunt «, zitierte der magister iuris , doch Herrad sah ein, dass es nicht der richtige Zeitpunkt gewesen wäre, zu lachen und ihm zu erklären, wo sie denselben Satz zuletzt gehört hatte. »Sei nicht töricht, Herrad! Wenn sonst nichts geschehen wäre, würde ich dir zustimmen, doch in deiner Lage kannst du es dir nicht leisten, einfach abzuwarten, bis du weißt, ob vielleicht doch alles seine Richtigkeit hatte. Du verfügst nur noch dem Namen nach über ein Amt, und der Mann, der dir dazu verholfen hat, ist tot. Du erfährst in dieser Lage, dass Markgraf Otachar noch am Leben sein mag und befreit werden soll, und statt das nach Padiacum zu melden, lässt du gemütlich deinen Schreiber nachforschen, der einmal in Otachars Diensten stand und ihm deines Wissens auch jetzt noch Botschaften übermittelt. Schlimm genug. Nun aber nimmst du auch noch wissentlich jemanden in deinen Haushalt auf, der so gut mit Otachar bekannt war, dass er das Versteck seiner Kriegskasse kannte. Du deckst den vielleicht unrechtmäßigen Freikauf dieses Menschen aus einer Gefangenschaft, in die er gerade aufgrund seiner Beteiligung am letzten Krieg geraten war, und wenn ich dich recht verstanden habe, stehst du mit seinem Sohn in recht innigem Einvernehmen. Statt nun aber den ganzen Schritt zu tun und dich den Leuten anzuschließen, von denen du glaubst, dass sie Otachar wieder zur Tricontinischen Mark verhelfen wollen, prügelst du dich mit einem von ihnen und schwärzt das Vorgehen des anderen in einem Brief an die Hofkanzlei an. Besser hättest du dich gar nicht von allen Seiten angreifbar machen können, und du

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