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Tricontium (German Edition)

Tricontium (German Edition)

Titel: Tricontium (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Claußnitzer
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Stück Fleisch.
    Herrad hatte im Winkel hinter dem Bücherschrank Spinnweben entdeckt und bemühte sich, sie nicht zu deutlich zu mustern. »Schön und gut, doch ein solches Gift deutet auf Vorbedacht hin. Es ist gewiss nicht so leicht zu beschaffen wie etwas, das deutlichere Spuren hinterlässt, meint Ihr nicht?«
    »Das kann ich nicht beurteilen.« Paulinus lächelte mild. »So viele Leute habe ich noch nicht vergiftet.«
    Die Richterin lachte. »Das ist schade, aber ja durchaus noch zu ändern. – Vorbedacht, da war ich, nicht wahr? Man hat doch wohl gewöhnlich kein kaum nachweisbares Gift zur Hand und dieser Mord, wenn es denn einer war, scheint nicht von langer Hand geplant gewesen zu sein. Was Theodulf sagt, spricht dagegen.«
    »Wer sagt, dass sie ihn auf dem Brandhorst vergiftet haben? Vielleicht war es ein langsam wirkendes Gift, das er schon anderswo verabreicht bekommen hatte.« Paulinus stellte seinen leeren Teller beiseite. »Oder doch das, was deine Ärztin sagt. Ein trauriger Zufall, weiter nichts. Iss auf, bevor alles kalt wird.«
    Herrad unterbrach ihre Überlegungen nicht gern, doch man tat gut daran, auf Magister Paulinus zu hören, wenn er einem einen so ernsthaften Rat gab. »In dem Fall habe ich eine andere Frage an Euch, die Ihr mir in der Zwischenzeit beantworten könnt. Stellt Euch vierundzwanzig goldene Solidi vor. Unter welchen Umständen hättet Ihr in Euren Richtertagen eine solche Buße für einen Fischdiebstahl verhängt? Welche Begründung hättet Ihr gebraucht?«
    »Im Ernst?« Paulinus schüttelte bedauernd den Kopf. »Kind, das ist nicht sehr freundlich von dir. Wen willst du ins Elend stürzen oder daran hindern, sich loszukaufen?«
    »Witwer und Waisen«, verkündete Herrad wohlgemut und widmete sich dann schweigend ihrem Essen, während sie den Erläuterungen ihres magister iuris lauschte.
    »Du willst ernsthaft eine Zahlung von vierundzwanzig Solidi angeordnet sehen? Gut. Nehmen wir also an, dass die Fische von besonderem Wert waren, kostbare Zierfische, die jemand, der zu viel Geld hat, in seinen Gartenteichen hielt, oder Fische von sehr weit her, zur Fastenspeise für den Herrn Bischof persönlich bestimmt … Man sollte den Wert der Fische hoch ansetzen, das wäre der sicherste Weg, obwohl es dann immer noch schwer wäre, auf die vollen vierundzwanzig zu kommen.«
    »Forellen?«, fragte Herrad zwischen zwei Bissen.
    Paulinus betrachtete sie mit einigem Entsetzen. »Gewöhnliche Forellen? Dann sollten es aber sehr viele gewesen sein, genug, um regelrecht Handel damit zu treiben, oder mehrere Diebstähle über einen längeren Zeitraum. Auch nicht gut? Nun, ich gebe zu, die Begründung hätte auch auf unsicheren Beinen gestanden … Hast du mir denn keine Begleitumstände zu bieten, mit denen sich arbeiten lässt? Mindestens einen erschlagenen Fischteichwächter bräuchten wir schon, das wirst du einsehen.«
    »Nur die Forellen.«
    Paulinus nickte bedächtig. »Dann waren es mit großer Wahrscheinlichkeit Fische von einem Königsgut. Bei jeglicher Buße, die zwanzig Solidi übersteigt, kannst du eigentlich nur auf einen Schaden für den König selbst verweisen, um dein Urteil unanfechtbar zu machen, zumal, wenn es um ein paar alberne Forellen geht. Aber das solltest du wissen – oder hast du von mir nichts gelernt?«
    Herrad brach ein Stück von ihrem Brot ab, das sie mittlerweile halbwegs freigelegt hatte. »Doch, das weiß ich. Ich wollte nur Eure Bestätigung. Was meint Ihr, weiß das alles auch ein armer, kleiner Krieger, der zu Euch kommt, um einen Verwandten von schwerer Strafe loszukaufen?«
    »Es ist nicht deine Art, jemanden so arg über den Tisch ziehen zu wollen.«
    »Ich will auch nur Licht ins Dunkel einer Sache bringen, die über fünf Jahre her ist und mir sehr seltsam vorkommt. Jemand hat allen Ernstes vierundzwanzig Solidi bezahlt, um einen Mann auszulösen, der für einen Fischdiebstahl nach Mons Arbuini geschickt worden war.«
    »In die Steinbrüche? Für ein paar Fische?« Paulinus rieb sich die fettigen Finger gedankenverloren an einem Zipfel seiner Tunika ab. »Das muss wirklich ein Fischdiebstahl gewesen sein, der mein Begriffsvermögen übersteigt, es sei denn, du erläuterst mir endlich, was genau sich hinter alledem verbirgt.«
    »Wulfila hat seinerzeit seinen Vater freigekauft, dem weniger die erwähnten Fische zum Verhängnis geworden waren als die Tatsache, dass er im Krieg auf der falschen Seite stand und dann zur rechten Zeit geopfert wurde.

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