Tricontium (German Edition)
überein, als dass es ein bloßer Zufall hätte sein können.
»Siehst du?«, fuhr Theodulf befriedigt fort. »Das ist besser, als wenn du mein Gesicht bekommen hättest. Hiermit kann man ganz gut ein Schwert festhalten.«
»Ja, ganz gut.«
Es war unerwartet schön, einvernehmlich über etwas lächeln zu können.
Vom Matronenstein war es nicht weit bis zu der baumbestandenen Straße, an deren Ende Ardeijas bevorzugtes Gasthaus lag. Um diese Tageszeit war es hier ruhig. Einige Kinder spielten mit einer Katze, doch von Oshelm war nichts zu sehen.
»Dann werden wir wohl warten müssen«, sagte Ardeija und lehnte sich neben der noch geschlossenen Tür des »Bischofs Garimund« an die Wand. »Ich hoffe nur, dass Oshelm nicht irgendwo genug Branntwein aufgetrieben hat, um sich die letzten Tage aus dem Kopf zu saufen, denn dann können wir lange hier stehen.«
»Hat eure Reise ihn mitgenommen?«
»Sehr. Ich werde irgendwann Wulf fragen müssen, was eigentlich damals, als sie beide in Mons Arbuini waren, vorgefallen ist. Ich glaube, mit ihm ist vernünftiger darüber zu reden als mit Oshelm.«
»Über einiges redet man eben nicht gern«, sagte Theodulf und wehrte sich nicht, als Gjuki den ruhigen Augenblick nutzte, um wieder zu ihm hinüberzuklettern.
Ardeija beschloss, die Worte als Aufforderung zu nehmen, vorerst keine weiteren Fragen zu stellen.
Eine geschlagene Viertelstunde verging. Gjuki beendete seine gründliche Erkundung und kehrte auf seinen Lieblingsplatz zurück. Die Katze ihrerseits bekam genug davon, sich streicheln zu lassen, und ließ die Kinder stehen, die bald darauf in eines der Häuser links der Straße gerufen wurden. Oshelm ließ sich weiterhin nicht blicken.
»Ich sollte nachsehen, ob er hinter dem Haus war, um die Pferde unterzustellen«, sagte Ardeija schließlich. »Dann hätte ich einen losen Anhaltspunkt, wann er aufgehalten worden ist.«
Theodulf nickte nur und fragte abermals nicht weiter nach. Vielleicht sorgte gerade diese geduldige Zurückhaltung dafür, dass Ardeija sich verpflichtet zu fühlen begann, seinem Vater die Lage besser zu erläutern, als er es bisher getan hatte. »In Frau Herrads Stall konnten wir sie nämlich nicht bringen. Sie war nicht da, als wir zurückkehrten; niemand war da, als wäre ihr Haus ganz verlassen. Alles war verschlossen, selbst der Stall. Nur die Hühner waren noch auf dem Hof, und ein paar Sperlingsgreifen auf den Stufen zur Küchentür, aber damit hatte es sich. Du hast nichts von Frau Herrad gehört, nicht wahr?«
»Ich war ganz froh, nichts von ihr zu hören.«
»Sie will dir nichts Böses.« Eine Bewegung ließ Ardeija aufmerksam werden, doch es war nicht Oshelm, der die Straße entlangkam, sondern nur ein alter Mann mit einem vollen Marktkorb am Arm. »Doch es ist ungewöhnlich, dass niemand in ihrem Haus ist. Das war selbst an den Tagen nicht so, an denen sie von morgens bis abends ihre Zeit im Niedergericht verbracht hat. Irgendjemand war immer aufzutreiben.«
»Viele Bedienstete hat deine Richterin nicht«, sagte Theodulf unbeeindruckt, »und es sollte mich nicht wundern, wenn ihr sogenannter Koch und sein Anhang beschlossen hätten, sich mit allem, was auch nur halbwegs wertvoll ist, davonzumachen.«
Ardeija hätte dazu einiges, wenn auch nicht viel Freundliches, zu sagen gehabt, doch wusste er gut genug, dass es keinen Sinn hatte, sich darüber zu streiten, was von Wulfila und seiner Familie zu halten war; er begnügte sich mit einem missbilligenden Kopfschütteln und ging, um sich nach den Pferden zu erkundigen.
Der Stallknecht, der sein Würfelspiel mit einigen Kerlen, die Ardeija aus seiner Zeit am Niedergericht nur zu gut bekannt waren, äußerst ungern unterbrach, bestätigte immerhin, dass Oshelm die Tiere gebracht hatte, wollte sich aber nicht erinnern, wann genau der Schreiber da gewesen war. Immerhin trieb er auf Ardeijas Drängen hin die Wirtin auf, die zwar auch nicht weiterhelfen konnte, aber in Erinnerung daran, dass es nie geschadet hatte, sich mit Frau Herrads Hauptmann gut zu stellen, immerhin den Vorschlag machte, dass er doch auch im Warmen warten könne. In dem sicheren Wissen, dass das Niedergericht nun in andere Hände übergegangen war, verzichtete sie allerdings darauf, zugleich eine Einladung zum Essen auszusprechen, wie sie es früher zuweilen getan hatte.
Trotz dieses bedauerlichen Verlusts alter Vorrechte war ein Platz am Feuer nicht zu verachten, zumal sich Theodulf ohne großen Widerstand
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