Tricontium (German Edition)
ertragen.
»Vergebt«, sagte Ardeija. »Aber hättet Ihr nicht Rambert mitnehmen können?«
»Rambert ist beschäftigt.« Theodulf wandte sich brüsk zum Weitergehen, als sei die Entschuldigung nicht genug gewesen, den besorgten Vorwurf auszugleichen.
»Ja?« Ardeija bemühte sich, mit seinem Vater Schritt zu halten. »Nun gut, das war zu erwarten. Meine Mutter hat sich schon immer darauf verstanden, für jeden im Haus genug Arbeit zu finden.«
Theodulf schüttelte den Kopf. »Man sollte Schwertkampfstunden nicht zu lange unterbrechen. Ich habe einen Eurer Krieger gefragt, ob er bereit wäre, zu helfen, einen gewissen Maurus … Er scheint halbwegs zu wissen, was er tut. Es wird reichen, bis ich eine endgültige Lösung gefunden habe.«
Ardeija wusste nicht, ob er weiter Mitleid haben oder gekränkt sein sollte. »Ihr hättet mich fragen können. Ich könnte Rambert unterrichten, besser als Maurus, und das wisst Ihr.«
»Das könntet Ihr.« Theodulf sah hartnäckig geradeaus, als sei es zu viel verlangt, dieses Gespräch und Ardeijas Blick zugleich auszuhalten. »Doch nur so lange, wie wir hierbleiben.«
»Was soll das heißen? Wo wollt Ihr hin?«
Theodulf hob die Schultern. »Das wird sich finden. Jedenfalls gedenke ich nicht, Asris Gastfreundschaft länger als nötig zu missbrauchen.«
Ardeija fragte sich, ob seine Abwesenheit das Ende des brüchigen Friedens im Haus bedeutet hatte. »Froh ist sie nicht, dass Ihr da seid, das ist wahr, aber sie wird Euch auch nicht einfach so vor die Tür setzen.«
»Zumindest hat sie heute Morgen tapfer der Versuchung widerstanden, mir die Kehle durchzuschneiden. Dabei hätte ein abgerutschtes Rasiermesser doch für einen sehr überzeugenden bedauerlichen Unglücksfall sorgen können, nicht wahr?« Theodulf zuckte zusammen, weniger angesichts der Erinnerung an das, was Asri hätte tun können oder vielleicht gar angedroht hatte, als aus dem Grunde, dass Gjuki beschlossen hatte, auf seine Schulter hinüberzuklettern und sogleich mit einer sehr beweglichen Zunge sein Ohr zu erkunden.
Ardeija verbarg ein Lächeln. »Wie Ihr seht, meint Gjuki auch, dass Ihr noch eine Weile bleiben müsst. Und wenn Ihr bleibt, bleibt auch Rambert, schließlich hängt er an Euch. Außerdem will ich ihm nicht umsonst einen Tiger geschnitzt haben. Seht her, hier ist er!«
Er hatte das hölzerne Spielzeug, mit dessen Herstellung er die halbe Nacht verbracht hatte, schon aus der Tasche gezogen, bevor ihm wieder einfiel, dass Theodulf derjenige gewesen war, der behauptet hatte, Rambert sei für dergleichen mittlerweile zu alt.
Seltsamerweise lächelte Asgrims verstoßener Schwertmeister aber – nicht spöttisch, sondern beinahe gerührt. »Das ist ein sehr schöner Tiger. Rambert wird sich freuen.«
Das unerwartete Lob machte Ardeija verlegen. »Nun ja«, sagte er und drehte den Tiger, der kleiner als Gjuki war, etwas unsicher zwischen den Händen. »Sieht er auch nicht zu sehr nach einer dicken Katze aus?«
»Und wenn schon … Rambert weiß auch nicht besser als Ihr, wie ein Tiger aussieht.«
Ardeija wagte nicht zu fragen, ob Theodulf seinerseits schon einem Tiger begegnet war. »Warum habt Ihr ihm erzählt, dass er zu alt für Pferdchen wird?«, erkundigte er sich stattdessen. »Sehr freundlich war das nicht von Euch. Er war traurig, sein kleines Pferd verloren zu haben.«
Theodulf sah ihn über Gjuki hinweg an. »Nein, freundlich war es nicht. Ich habe auch nie behauptet, ein freundlicher Mensch zu sein.« Erst schien es, als wolle er es dabei bewenden lassen, doch dann sprach er mit gesenktem Blick zögernd weiter. »Ihr habt es doch selbst gesagt … Das Pferd war verloren, und ich konnte kein neues schnitzen oder kaufen. Was blieb mir übrig, als entweder mitzuweinen oder Rambert dazu zu bringen, sich erwachsen zu fühlen?«
»Ihr hättet ihm ein neues Pferd gemacht?«
»Was glaubt Ihr denn, wer das erste gemacht hatte? – Aber so war es schon ganz gut. Früher oder später verliert man ohnehin, was einem wichtig ist. Man lernt besser noch in jungen Jahren, damit umzugehen.«
»Ihr habt eine traurige Art, die Dinge zu sehen. Gut, man verliert das ein oder andere, aber man findet doch auch einiges, nicht wahr? Ich habe sogar einen Vater verloren und dann einen wiedergefunden.«
»Mit Valerian wart Ihr besser bedient.«
»Woher wollt Ihr das wissen?«
»Hat er Euch schlecht behandelt?« Theodulf klang besorgt und zugleich fast zornig.
Ardeija freute sich heimlich darüber.
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