Tricontium (German Edition)
lügen?«
»Frag Asri.«
»Sie spricht aber nicht darüber. Neulich hat sie mich in drei Sätzen abgefertigt.«
Er wäre zufriedener gewesen, wenn sein Vater ihm geglaubt hätte, ohne ihn erst lange prüfend zu betrachten.
»Sie wird ihre Gründe haben«, sagte Theodulf endlich. »Erzähl mir von dieser Richenza, von der Asri nichts hält.« Ob er damit zugleich seine Bereitschaft bekunden wollte, auf den Handel einzugehen, den sein Sohn ihm vorgeschlagen hatte, war nicht zu erkennen.
Ardeija schloss das Buch und strich über das Leder des Einbands. »Sie hatte eigentlich nichts gegen Richenza, nur dagegen, dass über Jahre hinweg nicht viel geschehen ist, weil ich erst in Sala war, Richenza aber in Aquae, und keiner von uns so leicht fortgehen konnte, ohne viel aufzugeben. Meine Mutter meinte dennoch, es sei Zeit für eine Heirat. Wenn es nach ihr gegangen wäre, hätte ich schon vor zehn Jahren für das erste Enkelkind gesorgt. Vielleicht hätten wir wirklich festere Pläne machen sollen, Richenza und ich, aber immer, wenn wir es versucht haben, gab es doch nur Streit, zuletzt im Sommer vor Bocernae. Und da habe ich dann etwas falsch gemacht.« Seine Hände waren kalt geworden. Er griff unter die Mäntel, um Gjuki hervorzuholen, der zwar zunächst zeterte, sich dann aber in sein Schicksal ergab, eisige Finger wärmen zu müssen. »Richenza war bei mir in Sala gewesen und nach unserem Streit verfrüht abgereist. Zwei Tage später traf dann die missa regia ein, Frau Placidia Justa. Sie hatte in Padiacum die halbe Kanzlei unter sich und weitreichende Vollmachten, um Herrn Gudhelm auf der Seite des Königs zu halten. Solch eine Frau habe ich nie vorher und nie nachher getroffen. Sie war schön und mehr als schön.« Er wiegte Gjuki sanft hin und her und wusste nicht, wie er erklären sollte, was es mit der königlichen Gesandten auf sich gehabt hatte. »Sie war noch jung, nur vier oder fünf Jahre älter als ich, und hatte ganz langes dunkles Haar. Es fiel ihr bis fast zur Hüfte, wenn sie es löste.« Vor allem hatte es gut gerochen, wenn er sein Gesicht darin vergraben hatte, nach Jasmin, vermischt mit dem Rauch der Torffeuer in Gudhelms Halle und Justas ganz eigenem Duft. Er spürte die weichen Strähnen und die warme Haut, über der sie lagen, fast wieder unter den Fingerspitzen, wenn er daran dachte. »Herr Gudmund, der heute Fürst in Sala ist, meinte, sie müsse eine Zauberin sein, weil man die Augen nicht von ihr wenden konnte, und war doch rasend verliebt in sie. Er hat mir nie vergeben, dass sie mich ihm vorzog. Und für mich waren es drei herrliche Tage und Nächte. Zuerst dachte ich nur, es würde ganz vergnüglich sein, und Herr Gudhelm drängte mich geradezu, ihre Blicke nicht zu übersehen, um sie nur ja bei Laune zu halten, doch dann … Dann träumte ich.« Er sah auf den kleinen Drachen hinab, der den Schwanz um sein linkes Handgelenk geschlungen hatte. »Ich wusste ja, dass es nicht von Dauer sein konnte, und sie hat auch nie etwas versprochen oder mehr im Sinn gehabt als jene drei Tage. Aber ich dachte dennoch ›Vielleicht mag sie mich leiden wie ich sie, vielleicht bittet sie mich doch, mit nach Padiacum zu kommen.‹ Natürlich tat sie das nicht und sie wird andere Bindungen und Verpflichtungen dort gehabt haben, aber es war ein schöner Traum, solange er dauerte. Dann war sie wieder fort, und ich erwachte, wurde vernünftig und machte ein, zwei Wochen darauf wieder einmal meinen Frieden mit Richenza. So war es mit uns immer, erst Streit, dann einige Tage böses Schweigen, schließlich Frieden … Nur war es vielleicht dieses eine Mal ein falscher Frieden, denn von Placidia Justa sagte ich ihr nichts, und da sie in Sala keine engen Freunde hatte, erfuhr sie auch nie davon. Nach dem Krieg, als ich dann in Aquae war, begannen wir zum ersten Mal ernsthaft von Heirat zu sprechen. Meine Mutter war sehr angetan, mein Großvater sagte, es würde ja auch Zeit, und als Frau Herrad mich in Dienst nahm und wir wussten, dass ich bis auf weiteres hierbleiben würde, war alles so gut wie abgemacht. Aber dann geschah diese Sache mit der Schmiedin.«
»Berta von der Schwarzen Schmiede?«
»Berta von der Schwarzen Schmiede. Sie sollte als Zeugin in irgendeiner Diebstahlsangelegenheit gehört werden und Frau Herrad schickte mich zur Schwarzen Schmiede hinauf, um sie zu befragen.« Er rieb sich die Stirn. »Ich kenne Berta, musst du wissen. Sie hat bei Herrn Gudhelms Waffenschmied in Sala gelernt und ist
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