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Tricontium (German Edition)

Tricontium (German Edition)

Titel: Tricontium (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Claußnitzer
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kaum gelohnt.« Otter setzte die Mütze wieder auf und rückte sie umständlich zurecht, als wolle er den Augenblick ganz besonders auskosten, bevor er das Wichtigste verriet: »Geta wusste, dass sie Otachar befreien wollten, und ahnte in etwa, was sie mit ihm vorhatten.«
    »Hervorragend. Wer außer Guntram war noch eingeweiht?«
    »Wohl nur der Hauptmann von Getas Kriegern, und der ist mittlerweile schon über die Grenze, weil er nach dem Tod seines Herrn viel zu viel Angst hatte, der Nächste zu sein. Wie es scheint, hat Geta nicht viele ins Vertrauen gezogen. Er wollte Asgrim und Ebbo sehr weit kommen lassen, um sichere Beweise zu erhalten und sie zu Fall bringen zu können … Der getreue Vogt von Aquae deckt eine große Verschwörung auf und kann sich feiern lassen. Schön, nicht wahr?«
    »Der getreue Vogt von Aquae hat ja erlebt, wie gut einem solche Pläne bekommen«, sagte Herrad und sah sich vergeblich nach etwas um, an dem sie ihren Zorn hätte auslassen können, ohne zu großen Schaden anzurichten. »Lasst mich raten! Es erschien ihm nützlich, in Tricontium jemanden zu haben, auf den er im Zweifelsfall würde zurückgreifen können?«
    Otter nickte. »Er war nach Guntrams Nachforschungen über Euch sicher, dass Ihr in Tricontium genau das tun würdet, was Ihr dann auch getan habt – alles in Augenschein nehmen, Verdacht schöpfen und am Ende einen hilfreichen Bericht abliefern. Nur hoffte er, dass Ihr damit zu ihm kommen und nicht gleich nach Padiacum schreiben würdet. Das hätte er wohl lieber selbst getan, wenn er nur lange genug gelebt hätte.«
    In den Gärten des Bischofs rief eine Elster. Herrad lauschte für eine Weile stumm. »Dass er sie in die Falle laufen lassen wollte, kann ich verstehen«, sagte sie am Ende. »Aber dafür, den Ruhm allein einstreichen zu können, hat er einiges in Kauf genommen. Er hat mir und wahrscheinlich auch anderen vieles verschwiegen, was er nicht hätte verschweigen dürfen. Aber vor allem ist er auf dem Brandhorst zu weit gegangen. Er hätte Ardeija und seinen Vater unbedenklich geopfert, um sich nicht zu verraten.«
    »Das hat ihm nicht viel genützt«, sagte Otter mit Befriedigung. »Verraten haben muss er sich, denn kurz nach ihrer Flucht war er tot.«
    Herrad nickte und war doch in Gedanken bereits mit etwas anderem beschäftigt. »Ich frage mich nur eines … Wie hätte er erklären wollen, dass er selbst Otachar nach Mons Arbuini geschickt hatte, statt an den Hof zu melden, dass ein so wichtiger Feind aufgegriffen worden war?«
    Otter hob die Schultern. »Das ist eine gute Frage. Aber jeder Plan hat Schwächen, nicht wahr?«
    »Gewöhnlich aber keine derart lebensgefährlichen.« Das Holzkästchen, das als Kasse für die kleineren Ausgaben in der Kanzlei diente, war noch nicht wieder gefüllt. Herrad zog ihren Geldbeutel aus der Tasche, schob Otter zwei Denarii hin und fügte nach kurzer Überlegung einen dritten hinzu. »Noch eines, bevor Ihr geht. Hat Guntram etwas darüber verlauten lassen, weshalb er in Corvisium war, bei Ebbo?«
    Otter steckte die Münzen ein. »Dazu wäre ich gleich noch gekommen. Geta muss gute Augen und Ohren in Corvisium gehabt haben, vielleicht auch auf dem Brandhorst. Er wusste sehr wohl, dass Ebbo schon jemanden für den Gerichtskampf hatte, und dieser Zufallsfund war ihm zu unberechenbar.«
    Herrad sagte nichts, doch sie konnte sich vorstellen, was Geta im Kopf herumgegangen war. Hätten Ebbo und Asgrim tatsächlich jemanden zum Gerichtskampf antreten lassen, wäre das ein besserer Beweis gewesen als die bloße Behauptung, sie hätten entsprechende Absichten. Doch hätte ein solcher Kampf eine Entscheidung zu Otachars Gunsten gebracht, hätte das die Rechtmäßigkeit seiner Abberufung als Markgraf und seiner Gefangenschaft in Zweifel gezogen und einen langen Schatten auf die glorreiche Aufdeckung der großen Verschwörung geworfen. Eine unbekannte Größe war in einer solchen Lage mehr als nur lästig.
    Das alles musste auch Otter bewusst sein, denn er lächelte bekümmert, als er fortfuhr: »Armer Wulfila. Es traf sich gut – oder schlecht, wie man es nimmt –, dass Guntram aus erster Hand von dem Brandmal wusste. Er hat wohl Ebbo gegenüber sehr übertrieben, was die Gründe für das Urteil betraf.«
    Magister Paulinus hatte vor langer Zeit einmal gesagt, ein guter Richter dürfe sich nie von seinem Bedürfnis leiten lassen, eine Streitaxt zu ergreifen und außergerichtlich für Ordnung zu sorgen. Nun fragte Herrad sich,

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