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Tricontium (German Edition)

Tricontium (German Edition)

Titel: Tricontium (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Claußnitzer
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pflichtschuldig als aufrichtig.
    Wulfila tat ihm dennoch den Gefallen, Gjuki, der die Wolle in Unordnung zu bringen drohte, aufzusammeln. »Ich kann ihn mit nach oben nehmen«, bot er an, obwohl der kleine Drache zwischen seinen Händen zappelte und sich ganz offensichtlich lieber damit befasst hätte, das nächste Wollknäuel auseinanderzunehmen. »Dann kommst du hier sicher besser voran. – Gjuki? Man stört den vielbeschäftigten Hauptmann einer Richterin nicht bei der Ausübung seiner Pflichten. Das gehört sich nicht!«
    Das brachte Ardeija endlich zum Aufsehen. »Heute ist nun einmal nicht viel zu tun«, sagte er unwillig, »und Rambert braucht Winterstrümpfe.«
    Wulfila hob die Schultern. »Mag sein. Aber das ist kein Grund, schlechte Laune zu haben, nicht wahr? Für gestern ist sie dir schon nicht böse. Sie hält viel von ›Herrn Ardeija‹.«
    »Schön.« Ardeijas Finger bewegten sich flink weiter, ohne dass er hinsah. »Andere offensichtlich nicht.«
    Wulfila war nahe daran, Gjuki aus purer Bosheit wieder auf die Wolle loszulassen. »Du bist heute aber auch entsetzlich empfindlich. Ich habe es doch nicht so gemeint.«
    »Du doch nicht!«, sagte Ardeija und klang fast erschrocken. Leiser fügte er hinzu: »Die missa regia . Zumindest mittlerweile.«
     »Oh je«, sagte Wulfila und verstand.
    »Kein Wort zu Frau Herrad!«
    »Sie wird es früh genug bemerken.«
    »Trotzdem kein Wort.«
    Wulfila nickte brav und kehrte, Gjuki fest in der Hand, zu seinen Papieren zurück.
    Herrad sagte nichts, als er wieder in die Kanzlei kam, aber sie hob die Augenbrauen und lächelte so in sich hinein, dass er sie fast verdächtigte, gelauscht zu haben.
    Wenn sie tatsächlich alles gehört hatte, waren sie sich wohl stillschweigend einig, Ardeijas Nöte besser unerwähnt zu lassen, denn als Herrad schließlich zu sprechen begann, redete sie nur darüber, dass sie etwas für den Fußboden der Kanzlei würde auftreiben müssen, Binsenmatten vielleicht, um die Kälte etwas abzuhalten, und kam darüber naturgemäß wieder auf die verdorbene Winterrobe. »Ich werde nachher bei der Schneiderin vorbeigehen müssen, damit ich bis zum nächsten Gerichtstag Ersatz habe«, sagte sie missvergnügt, »aber gut, früher oder später wäre das ohnehin nötig geworden … Ich sollte mich nicht ärgern. Vielleicht kann ich uns auf dem Rückweg etwas aus der Garküche bei der Quellgrotte mitbringen. Sie haben gute Pasteten dort.«
    »Ich dachte, Freda kocht?«
    »Ja, und es wird ausreichen, diejenigen satt zu bekommen, die zu verpflegen meine Pflicht und Schuldigkeit ist. Aber hast du eine Vorstellung, wie Freda kocht? Da koche ich noch besser, und das will etwas heißen!«
    Gjuki zirpte bestätigend, und da Herrad sich und andere gewöhnlich nicht völlig falsch einschätzte, widersprach Wulfila nicht länger.
    Als Herrad am frühen Abend tatsächlich zu ihrer Schneiderin aufbrach, ging er, um Wulfin von Magister Paulinus abzuholen, der sich bereiterklärt hatte, den Jungen heute den ganzen Tag über beschäftigt zu halten.
    Wulfila fand sowohl seinen Sohn als auch den alten Rechtsgelehrten sehr zufrieden und ausgesprochen schmutzig vor. Das einzig Saubere im ganzen Haus schien das beschädigte kleine Tonfigürchen zu sein, das die beiden gerade gereinigt hatten und das Wulfin seinem Vater stolz entgegenhielt, bevor er zu erzählen begann, wie sie in den Ruinen hinter Odilos Badehaus auf die Suche nach aufregenden alten Dingen gegangen seien. Die Abwechslung schien beiden gut getan zu haben und Wulfin redete noch den ganzen Nachhauseweg über so begeistert von seinem Abenteuer, dass Wulfila beinahe vergessen hätte, der alten Frau, die tagtäglich mit ihrem Korb auf den Stufen vor Sancta Maria ad Quercus saß, die kleine blaue Kerze abzukaufen, die zu besorgen er sich fest vorgenommen hatte.
    »Zündest du sie nicht an?«, fragte Wulfin, als sein Vater nicht in die Kirche hineinging, sondern die Kerze ungebraucht in die Tasche schob.
    »Erst zu Hause.«
    »Wofür ist sie?«
    »Dafür, dass dein Großvater und Oshelm eine sichere Reise hin und zurück haben.«
    Das war nicht die ganze Wahrheit, aber Wulfin gab sich damit zufrieden. Als sie Herrads Haus erreichten, war die Kerze für ihn ohnehin fürs Erste vergessen, weil er den kleinen Drachen, der neulich auf der Türschwelle gesessen hatte, auf der Hofmauer entdeckte.
    Wulfila erlaubte ihm, noch eine Weile im Freien zu bleiben, und nickte Freda, die er in der Küche beschäftigt fand,

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